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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 8.1873

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Rosenberg, Adolf: Das Parisurtheil in der Kunst des Mittelalters
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.4815#0188

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365 Kunstliteratur. I66

da mitten entsprang, beide klar und kalt.. Da kühlte ich
meine Zunge, meine Augen ich besprengte, den Wind ich
mir zuwehte. Als ich mich kühlte also, da kam Frau
Vcnus, Pallas und Juno" rc. Die Schilderung der
Situation uud der Landschaft stimmt genau mit den bild-
lichen Darstellungen. Der kühle Brunnen, oft mit prächtiger
Marmoreinfassung, fehlt selten. — Mit Benutzung solcher
Schilderungen mag vielleicht das Mittelalter die seltsame
Begegnung des Paris mit den drei Göttinnen zu einem
Traumbild, einer Vision umgebildet haben. Ob nun der
Traum des Paris oder die Erweckung desselben aus dem
Schlafe durch Merkur auf den folgenden mir bekannt
gewordenen Bildern anzunehmen ist, erhellt natürlich aus
der jedesmaligen Situation.

Ä,. Gemälde.

1. LucasCranach,SchloßzuBerlin,SchuchardtBd.3.

2. ders., Gotha, Schuchardt No. 308.

3. ders., Köln.

4. ders., Darmstadt, Sch. No. 464.

5. ders., Wörlitz, No. 459 bei Sch.

6. ders., Karlsruhe v. Äahr 1530. Wvltmann a. a.
O. S. 188. Die Krystallkugel ist auffallend. Jn der
Hand der Minerva erklärt sie sich vielleicht als Symbol
der Weltherrschaft. Soust fehlt der Apfel, welcher deutlich
an seiner Form zu erkennen ist, fast nie.

L. Handzeichnungen.

7. Lucas Cranach, schöne Federzeichnuug auf Perga-
ment im Berliner Kupferstichkabinet (fehlt bei Schuchardt)
H. 0,353, B. 0,233. Jn einer Landschaft schläft unter
einem Baum Paris, gewappnet und bärtig. Rebeu ihm
sein Pferd, vor ihm Helm uud Handschuh. Merkur, gerüstet
und mit Flügelhelm, weckt ihn durch Berührung mit einem
Stabe. Er führt eine von den Göttinnen bei der Hand.
Die zweite steht an einem Baum, die dritte ganz im
Vordergrunde. Zwischen ihnen liegt der Apfel. — Vorn
in der Mitte zwei Jagdhunde des Paris. Oben schwebt
ein Amor, der mit seinem Geschosse auf Paris zielt, zum
Zeichen, daß in diesem Wettkampf die Liebe entscheidend

ist-

8. Erhard Schön von Nürnberg: Federzeichnung ebd.
H. 0,143, B. 0,197. bz. 1536. Paris schläft, Merkur be-
rührt ihn mit einem Stabe; Pferd; Springbrunnen.

9. Virgilius Solis (von oder nach ihm?) Federzeich-
nung ebd. H. 0,117, B. 0,130.*) Verschieden von dem
Stich; Paris und Merkur im Vordergrunde. Danach
existirt ein Stich von Balthasar Äenichen, Passavant 3,72.

0. Kupferstiche und Holzschnitte.

10. 11. Altdorfer: u. Kpfst. Bartsch 36. b. Hz. B.
60. 1511.

*) Auf der Rückseite ist die Verwandlung deS Aktäon
gezeichnet, ein Beweis mehr dafür, daß die Darstellung der
anderen Seite in die antike Mythe gehört.

12. 13. 14. Beham: B. 26. 88. 89. Letzteres bez.
lluckioium?sriäi8.

15. Cranach: B. 114. 1508, Kpf.

16. Dürer (angeblich): B. 134. Hz. Rundbild. Mer-
kur mit langem Bart und pelzverbrämtem Mantel. v.
Netberg L,. 15.*)

17. Holbein: Passav. 87. Woltmann II, S. 26.426.

18. 19. Brosamer: u. B- 11. Paris sitzt; Merkur
mit Schlangenstab, Flügelhelm und Stiefeln. — d. B.
12 verschieden Kf.

20. Hier. Hopfer: B. 34. Kf. Paris schläft; — 15.

21. G. Pencz: B. 89. Kf.

22. Balth. Äenichen: roher Nachstich von B. 110
des Virg. Solis von der Gegenseite Passav. 74.

Als die Produkte des italienischen Grabstichels sich
über Deutschland verbreiteten, machte diese charakte-
ristische Auffassung des Kostüms der heroischen Nacktheit
Platz, ebenso wie die Situation dahin verändert wurde,
daß Paris der Mythe zufolge im Walde sitzend den Be-
such der Göttinnen empfängt. Hierher gehören z. B.
zwei Stiche von Aldegrever (B. 98. von 1538) und von
W. Huber (B. VII, S. 485. 8).

Berlin. vr. Adolf Rosenberg.

Lunstlitkratur.

vr. F.L.Kraus, Das Spottcrucifix vom Palatin
und ein neuentdecktes Graffito. Freiburg im Breis-
gau, Herder. 1872.

Jm Herbste des Äahres 1856 entdeckte man an der
Wand eines antiken Hauses, welches sich mit seiner Rück-
seite an den südwestlichen Abhang des Mons Palatinus
lehnt, neben anderen, in den Stuck mit einem spitzen Än-
strumente eingekratzten Jnschriften (sog. Graffiti) auch
eine, die seitdem, namentlich der bildlichen Darstellung
wegen, auf welche sie sich bezieht, die Aufmerksamkeit der
Archäologen vielfach in Anspruch genommen hat. Aus
einer Kritik eines von Jos. Haupt über jene Darstellung
verfaßten Aufsatzes entstand die vorliegende Schrift.

Än einem Zinimer jenes Gebäudes befand sich näm-
lich, in die Wand eingekratzt, das Bild eines mit einer
kurzen Tunika bekleideten Mannes mit Eselskopf, der
an ein D-förmiges Kreuz geheftet war. Zur Linken des-
selben stand ein Mann mit adorirender Geberde. Darunter
las man in flüchtigen, aber vollkommen deutlichen Schrift-
zügen: osArs (d. i. wkj?sr«l) d. h. Alexa-

menos betet (seinen) Gott an. Später hat man die Dar-
stellung aus der Wand ausgehoben und in das Collegio
Romano geschafft. Schon R. Garrucci wies aus Zeug-
nissen antiker Schriftsteller nach, daß wir es hier mit einer
Karikatur auf den Christengott einerseits und auf den
gläubigen Alexamenos andererseitszuthun haben, da „die
Heiden bis in's dritte Äahrhundert hinein Juden und

B. 85. v. Retberg ^ 4: gegenseitige Kopie, Niello.
— Zusammen mit der Umarmung (B. 135. R. ^,. 16) und
dem kl. büß. Hieronymus (B. 115. R. L. 12) von L. Hopfer
auf einem Blatte kopirt (B. 23).
 
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