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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 8.1873

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Sammlungen und Ausstellungen.

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diegen in Zeichnung und Farbe, vollendet in der Technik wie
das Bild ist, macht es dem wackeren Meister, von dcm wir
lange nichts mehr gesehen, in jeder Beziehung Ehre. An
Thiersch's Bild reiht sich das bistorische Genre, vertreten durch
F. Widnmann's figurenreiches Bild, das die belannte und
schon dutzendmale behandelte Scene zwischen der Gräfin von
Schwarzburg und dem Herzoge von Alba auf dem Schlosse
zu Rudolstadt mit Geschick zur Anschauung bringt, ader dem
Gegenstande keine neue Seite abzugewinnen vermag, so daß
der Beschauer bei aller Anerkennung des darin zu Tage tre-
tenden gesunden Realismus gleichwohl kühl bleibt. Dem
historischcn Genre wird man auch des talentvollen H. Schnei-
d er „Gang zur Tafel" beizählen müfsen, aus dem etwas von
der freudigen Feststimmung Paul Veronese's hervorlenchtet.
Aber zwei Dinge sind es, welche die Wirkung beeinträchtigen:
das Typische der Gestalten, in denen das individuelle Element
nicht znm Durchbruch kommt, und das Durchsichtige, Glasige
des Kolorits. Paul Martin hat einen hochpoetischen Stoff
gewählt und war in der Darstellung desselben nicht weniger
glücklich als in der Wahl. Sein „Waldfräulein" nach dem
gleichnamigen Gedichte von A. v. Zedlitz ist nicht blos eine
überaus anmuthige Erscheinung, sondern auch ganz im Geiste
des Gedichtes gehalten. Warum der Künstler aus dem Reh,
das nach den Worten des Dichters das liebliche Kind aus
seinen Träumereien aufscheucht, einen stark gehörnlen Hirsch
machte, ist mir und Anderen nicht klar gewoiden. H ermann
Kaulbach führt uns in das Krankenzimmer Mozart's, der
zwischen Kissen im Lehnstuhl eingebaut dem Vortrage lauscht,
mil dem ein Freundeskreis von Musikern seine letzten Tage
verschönt, wäbrend Gattin und Schwester zu seinen Füßen
kniend sich in Schmcrz verzehren. Herm. Kaulbach ist es bis-
her noch nicht gelungen, sich von den Traditionen der Piloty-
Schule loszumachen: für ihn sind Möbel und Kleider noch
immer die Hauptsache. Und wa« vollends seinen Mozart be-
trifft, so erinnert er weit mehr an den wälschen Paganini, als
an das Salzburger Kind. — Als die Perle der Ansstellung
haben wir R. S. Zimmermann's „Jm Vorzimmer eines
Fürsten" zu dezeichnen. Ohne ein Tendenzbild im eigentlichen
Sinne des Wortes zu sein, führt es uns doch eine Sccne vor,
wie sie in unseren Tagen wohl in fürstlichcn Residenzen sich
abwickeln mögen. Sind die hochwürdigen Herren in Hermelin
und Purpur, in schwarzen und braunen Kutten mil ihrem
Gefolge würdiger Stadtvertreter nicht gekommen, um dem
regierenden Herren zn klagen, daß die Kirche in Gefahr s
Seit Jahren beobachteten wir cin stetiges Fortschreiten des
wackeren Künstlers und konstatiren mit Vergnügen, daß sein
obengenanntes Bild mit seiner lrefflichen Charakteristik, mil
seiner fcinen Jronie, mit der wunderbar harmonischen Farben-
gebung und der brillanten Technik mit zu dem Besten gehört,
was in den letzten Jahrzehnten dahier geschaffen wnrde.
Beyschlag's „Psyche" zeigt uns zum so und so vielten Male
das anmuthige Köpfchen des dem Künstler, wie cs scheint,
überaus liebgewordenen Modells, das aber meiner unmaß-
geblichen Meinung nach weit beffer auf die Schultern einer
Salondame als der duftigen Gestalt der griechischen Mythe
Passen würde. Bethke fllhrt nns „Rothkäppchen" im Walde
vor und leistete damit nichts Befferes als Dutzende, welche
dasselde vor ihm malten: ich wüßle keinen besonderen Tadel
auszusprechen. wenn er nicht darin liegt, daß uns das Bild
gleichgiltig läßt. Jn Hirschfelder'8: „Zwei verlorene Le-
ben" liegt der sentimentale Gedanke mit der realistischen Mache
in unlösbarem Widerstreit. A. Deibl brachte zwei Kinder-
bilder: „Eine vornehme Dame" und „Der satale Fischfang",
welche durch gesunden Humor ansprechen; L. Hartmann
einen prächtigen Zug von Schiffs-Pferden von feinster Farben-
wirkung; M. Gierymski „Kosaken ans dem Marsche", ein
Bild, in dem der unbedeutende Stofs durch außerordentliche
finmittelbarkeit packl. Ant. Seitz's und Meiffonier's Lorbeern
lassen, wie es scheint, Mnnsch nicht schlafen, und er betrat
wit seinem gut charakterisirten „Kriegsabenteuer" ein Gebiet,
auf welchem allerdings wenig Konkurrenz zu fürchten, aber
barum der Lorbeer nicht leichter zu holen ist. — Das Bildniß
Franz Lachner's von Franz Lenbach zeigt neben jener geist-
vollen Auffassung, welche alle Arbeiten dieses berühmten
Meisters kennzeichnet, außerordentliche Naturwahrheit, welche
auch nicht mehr durch das Streben, dem Bilde das Ansehen
nne« vor Jahrhunderten gemalten zu verleihen. beeinirächtigt
wlrd. — Vou den zahlreichen Landschaften wären zu nenneii:
Hellrath's feinempfundener „Kloslerteich", Hennings'

Winterbild: „Passau von der Jnnseite", Th. Kotsch's streng
gezeichnete „Deutsche Waldlandschaft" und Windmayer's
Winterlandschaft: „Partie im englischen Garten", ein Bild
von eigenthümlich charakteristischer Wirkung. W. Xylander's
„Mondnacht auf der Rhede von Portsmouth" endlich vertritt
in würdigster Weise die Marinemalerei. Zum Scbluß aber
muß ich noch Schmitzberger's treffliches Thierbild: „Fried-
liche Gesellschaft" nennen.

L. Düffeldorf. Eine außerordentliche Menge neuer Ge-
mälde füllle letzthin die Wände unserer permanenten Aus-
stellungen. Viele derselben waren für die Wiener Weltaus-
stellung bestimmt und in großen Dimensionen ausgeführt.
Die Landschaften bildeten natürlich wieder die Mehrzahl,
während die religiöse und die weltliche Historienmalerei gar
nicht vertreten war. Bei Bismeyer L Kraus befanden sich
zwei Schlachtenbilder aus dem letzten Kriege, von denen das
eine preußische Jnfanterie in den Kämpfen bei Orleans und
das andere eine Scene aus der Schlacht von Sedan darstellte.
Ersteres, von L. Kolitz gemalt, zeigte alle Borzüge und
Schwächen dieses talentvollen Künstlers: treffliche Stimmung,
lebendige, naturwahre Auffassung bei flllchliger Zeichnung und
oberflächlicher Ausführnng. Kolitz wirkt stets mehr durch den
Ton als durch die Farbe. Das Landschaftliche überwiegt bei
ihm, sodaß seine Figuren oft als bloße Stafsage erschei-
nen. Umgekehrt ist es bei Emil Hünten, der „Otmssours
ck'Lkrigue bei Sedan" malte, wie sie durch preußisches Schnell-
feuer in Unordnung geratben und zur Flucht gezwuugen wer-
den. Koloristisch brillant, sicher und korrekt in der Zeichnnng,
aber minder poetisch in der Gesammtwirknng, behandelt
Hünten stets die Figuren als Hauptsache, obne darum die
landschaftliche Umgebung zu vernachlässigen. Seine Gestalten
sind immer charakteristisch uud dem Leben entnommen, was
anch von den Pferden gilt, die er mit Vorliebe studirt hat. —
Ein großes Gemälde von I. Schex brachte eine Scene aus
Shakespeare's „Romeo und Jnlia" zur Anschannng und ge-
mahnte eiuigermaßen in Aufiassung und Behandlung an die
Werke der alten Düsseldorfer Schule. Die Poeste der Tragödie
ist in dem Bilde von Schex nicht zum Ausdruck gelangt. —
Unter den Genrebildern zeichneten sich „Die Wilddiebe" von
E. Bosch durch feine Stimmung nnd solide Durchbildung
vortheilhaft aus. Besonderes Jnteresse aber erweckte „Die
gemischte Gesellschaft" von I. Kleinmichel, sowohl wegen
des originellen Motivs als auch der trefflichen Charakteristik
halber. Die Jndividualisirung der vornehmen und der armen
Kinder, die im Walde mit einander spielen, ist dem jungen
Künstler so vorzüglich gelungen, daß sein Talent zu den
schönsten Hoffnungen berechtigt. Mit glücklichem Humor fchil-
derte F. Sonderland die unangenehme Ueberraschung, die
einer Bauernfamilie durch Ueberreichung des Steuerzettels
verursacht wird. Auch „Der Festbraten" von H. Sonder-
niann erfreute sich gerechten Beifalls, der in noch höherem
Grade einem schönen Bilde von H. Plathner gebührte, das
einen Bauern zeigt, der seinen Sohn beim Kartenspiel über-
rascht. Einen ergreifenden Gegenstand behandelte Bokel-
mann in der Darstellung eines Geistlichen, welcher, nachdem
er soeben einem Sterbenden die letzte Oelung ertheilt, dessen
Wittwe zu trösten sucht. B. Nordenberg führte uns da-
gegen einen fröhlichen Brautzug aus Dalekarlien vor. Von
den vielen Landschaften siel das große Herbstbild von G.
Oeder ins Gewicht. Zeichnung, Farbe und Stimmung
zeigten neue Fortschritte dieses vielversprechenden Talentes.
Airch die große Winterlandschaft von Munthe zeichnete sich
durch außerordentliche Wahrheit und vorzügliche Wirkung in
hohem Grade aus, während seine Herbstlandschaft in Farbe
und Behandlung minder glücklich und allzu skizzenhaft erschien.
S. Jacobsen's „Schneelandschaft" und Kröner's „Jäger
im Schnee" wirkten ebenfalls so frisch und wahr, wie direkt
nach der Natur gemalte Studien. „Der Gebirgsfee" von A.
Metzner zeichnete sich durch breiten Vortrag und höchst solide
Durchbildung aus und kann als das beste Werk dieses streb-
samen Künstlers gerühmt werden. August Becker ersreute
durch eine sehr ansprechende große Gebirgslandschaft aus
Ober-Bayern. C. F. Lessing hatte aus Carlsrnhe zwei
Gemälde eingesandt, von denen „Das verlassene Försterhaus"
uns weit weniger zusagte, als das „Motiv aus der Eifel bei
Gewitterluft", welches die ganze Bedeutung des Meisters er-
kennen ließ. —- Auch die Skulptur war durch acht sehr hübsche
Statueiten der preußischen KLnige von A. Kern in Berlin
und ein schönes Marmor-Relief von H. Geißler gut ver-
 
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