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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 8.1873

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Von den Berliner Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4815#0234

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Nr. 29.

VIII. Jahrgang.

Sciträge

sind an 0r. C.». Lützo«
(Wien, Theresianumg.
2S)od.andieBerlagsh.
(Leipsig, Königsstr. S)
zu richten.

2. Mai

Änscratc

K 2^2 Sgr. für die drei
Mal gespaltene Petit-
zeile werden von jeder
Buch- und Kunsthand-
lung angenommen.

1878.

Beiblatt zur Ztitschrist sür bildeude Kunst.

Dies Blatt, jede Woche am Freitag erscheinend, erhalten die Abonnenten der ,,Zeitschrift für bildende Kunst" xrLtis; für sich allein bezogen
kostet der Iahrgang 3 Thlr. sowohl im Buchhandel wie auch bei den deutschen und österreichischen Postanstalten.

Jnhalt: Von den Berliner Ausstellungen. — Teirich's Blätter für Kunstgewerbe; vullstin monumental. — Nekrologe: Haßler; Carlo Arienti.

— Alfred Woltmann; W. Noßmann- — Münchcn: Kunstverei'n; Düsseldorf: Ausstellungen. — Deckengemälde von Prof. Echter; aus
den Berliner Bildhauerateliers; Braunschweiger Museum; Naffael-Iubiläum; ein fürstlicher Bildhauer. — Berichte vom Kunstmarkt:
Auktion Laurent Richard; Auktion Durazzo. — Neuigkeiten des Buch- und Kunsthandels. — Jnserate.

Vsn den Gerliner Änssteüungen.

Bei den Künstlern in der Commandantenstraße jagen
sich jetzt die interessanten Neuigkeiten, so daß es mir schwer
wird, mich selbst dort immer auf dem Laufenden zu er-
halten, ohne zu meinem größten Bedauern auch nur daran
denken zu können, alles Bemerkenswerthe sofort in der
„Kunstchronik" zu signalisiren. Erst jetzt gelingt es mir,
einmal wieder von einigen neuen Erscheinungen Notiz
zu nehmen.

Das Wichtigste und Anziehendste ist dort gegen-
wärtig unstreitig ein Gemälde vonAugust von Heyden:
„Prinzessin Clömence". Die Geschichte diesed nichts
weniger als allgemein bekannten Prinzessin ist einer fran-
zösischen Dichtung (Oalsnäau XI. von F. Mistral) ent-
nommen. Sie war die Tochter des Grafen Karl II.
von der Provence mit dem Beinamen „Der Hinkende",
und wurde von einem Könige von Frankreich zur Ge-
mahlin begehrt. (Die Geschichte spielt im fünfzehnten
Jahrhundert; es giebt aber — beiläufig bemerkt — keinen
französischen König dieser Zeit, der mit einer provenya-
lischen Prinzessin verheirathet gewesen wäre.) Die Ab-
gesandten fanden sie bereit, dem Könige ihre Hand zu
reichen; doch bevor sie ihm zugeführt werden konnte, war
noch eine sonderbare Bedingung zu erfüllen: sie mußte
sich den Brautwerbern völlig entkleidet zeigen und von
ihnen als von tadelloser Schönheit erfunden werden.
Nach der sehr praktischen Logik nun, nach der später König
Heinrich IV. sich den geforderten Uebertritt zum Katho-
licismus plausibel machte: karis vaut divn uns mvsss,
fand es auch Prinzessin Clämence der Mühe werth, sich
der Prüfung zu unterwerfen: Im oouronus äe !a Vranoe

vnut bion uno ebomiss — und sie war sich bewußt, daß
sie es wagen durfte.

Der Küustler stellt uns nun die entscheidende Scene
vor: eine heiklige Aufgabe, wenn sie nicht mit reinster
Unbefangenheit und mit vollendeter Kunst gelöst wird!
Beides aber ist geschehen. Wir sehen ein reiches gothisches
Gemach mit einem Kamin in der Milte des Hintergrundes,
in dem die letzten Scheite verglühen. Links erhebt sich
durch eine Stufe erhöht das Bett, von doppelten Vor-
hängen, weißen und purpurnen, die von hoch oben her-
niederwallen, umhüllt. Ganz im Bordergrunds zur Seite
steht das kostbare Betpult, an dem die Prinzessin ihre
Andacht zu verrichten pflegt; anderes Geräth an anderen
Stellen, an der Wand des Hintergrundes auch ein kleines
Altärchen mit der Mutter Gottes. Zur Rechten befindet
sich das Fenster, dessen unterer Theil mit einem Schirm
auf schönem schmiedeeisernem Gestelle zugesetzt ist, und
das durch seine frei gebliebenen kleinen runden Scheiben
ein spärliches, aber scharf koncentrirtes Licht in den Raum
fallen läßt und eine magische, wohlige Beleuchtung dessel-
ben vermittelt. Gemusterte Fliesen bilden den Estrich,
der mit Blumen bestreut ist.

Jn die wunderbar anheimelnde Stimmung des Ge-
maches ist die Gesandtschaft eingetreten und hat zur
Rechten, dem Bette gegenüber, an der dunkelsten Stelle
des Raumes Aufstellung genommen; nnr aus die Köpfe
fällt von hinten ein Streiflicht von dem Fenster her.
Der Wortführer hat sich auf ein Knie niedergelassen;
sein Schild und sein Helm ruht auf der Erde neben ihm.
Weiter vor ist die Krone und ein voller bräutlicher Rosen-
kranz auf dem persischen Teppiche niedergelegt, der von der
Mitte des Zimmers zum Eingange des Bettes führt.
 
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