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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 8.1873

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Vermischte Nachrichteri.

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nimmt es aber höchst iibel, daß ein Paar Studenten Lnst
zeigen, ebenda Platz zu nehmen, und der junge Mensch, der
sich eben mit der durch die gute Lebensart in einem solchen
Falle vorgeschriebenen Frage an sie wendet, darf sich nur
aus einen abschlägigen Bescheid gefaßt machen. Anch hier ist
es die Erinnerung an eine frühere überans treffliche Leistung
„Dle eingeholten Flllchtlinge", welche denr nenesten Werke
schadet, wenn man anch gerne anerkennt, daß die Jndividua-
lisirnng der Einzelgestalten ebenso wcnig zu wünschen übrig
läßt wie die Zeichnnng und die Farbe, welche geradezu
meisterhaft genannt werden miissen. — Zu den ersten Bildniß-
malern unserer Zeit gehört W. Füßli. Wer das noch nicht
gewußt hätte, dem muhte es durch die eben im Kunstverein
ausgestellte aus sünf Nummern bestehende Sammlung von
Porträls dreses Meisters klar werden, welche alle Vorzüge
desselben besitzen. — Seit uns die restaurirten italienrschen
Fresken durch eiserne Schubläden verdeckt sind, freuen wir
uns doppelt, eiuem unversehrten Werke des unsterblichen Carl
Rortmann zu begegnen, und rrun haben wir deren gleich
zwei, den „kduzo ä'Lvorno" und eine „Gegend am Jnn" vor
uns. Gehören sie auch nicht gerade der besten Zert des
Künstlers an, so ist doch die Spnr des Löwen nirgeud zu
verkennent es is! vor Allem die Großheit der Auffassung,
welche sie zu bedeutenden Leistungen macht. Auch Fohr's
„Jsartbal" ist als eine höchst verdienstliche Arbert zu ver-
zeichnen. Dasselbe gilt von Ph. Foltz's „Gebirgs-Jäger".
D- Quaglio's „Waldkapelle", Pet. v. Heß' „Osteria" nnd
W. v. Kobell's drei Landschaften. Wie gewissenhaft hat
man doch damals seine Aufgabe gefaßt! Allerdings ist das
Kolorit etwas trocken, die Malerei hin und wreder etwas un-
beholfen. der Pinsel etwas zu spitz und die Farbe zu dllnn,
aber dafllr die Zeichnung sauber und ohne Mängel, nirgends
eine Spur von Koketterie mit der Erscheinung, Alles solid
und ernst genommen. — Von Fried. Miller kam ein „Junger
Jndianer" in Erz nnd ein Prächiiges „Schmuckkästchen" aus
schwarzem Holze mit reichem Silber- und Emailschmuck zur
Ausstellung, das sich zu einem Geschenke für eine fürstliche
Brant trefflich eignen würde. Was den Jndianer betrifft, so
ist er von großer Naturwahrheit.

L. Düsseldorf. Unter den neuen Bildern der Perma-
nenten Kunstarisstellung von Bismeyer und Kraus nahm eine
große Landschaft von Eugen Dücker wohl den ersten Rang
ein. Sie brackte ein Motiv vom Strand der Ostsee in un-
nachabmlicher Naturwahrheit bei künstlerischer Auffaffung zur
Anschauung und übertraf noch die frühern trefflichen Wcrke
dieses Meisters, dessen hohe Begabnng schon vrelfache An-
erkennung gefunden. Eiu wolkentoser blauer Himmcl wölbt
sich über däs bohe spiegelhelle Meer, dessen Gestade weithin
übersehbar. in klarer Soiiirenbeleuchtung daliegen. Die Licht-
wirkung erscheint wahrhaft bewunderungswürdig, ebenso die
Lustperspektive, und so dürfte das Bild zu den besten Land-
schaften der Düsseldorfer Schule auf der Wiener Weltaus-
stellung, wohin es gesandt worden ist, zählen. Auch ein
intereffantes Gemälde von W. Simmler ging dorthini es
stellt ein ergreifendes Motiv aus der Alpenwelt dar. Zwei
Kinder sehen in verzweiflungsvollem Schmerz auf die Lciche
ibres Vaters. der von steiler Höhe herabgestürzt ist. Jm
Hinlergrunde kommen Träger, um den Berunglückten in's
Thal zu bringen. Komposttion und Ausführung verdienen
gleiches Lob. Auch ein heiteres Genrebild von L. Tannert
„Der Besuch der Pathin" muß rühmend hervorgehoben werden.
Höchst originell und von vielem Talent zeugend war der
„Schusterlehrling" von Bokelmann, einem Schüler Wilhelm
Sohn's, der bei fernern Wtudren gewiß noch schöne Erfolge
erringen wird. Der Schuster, der einem Maler sein Urtheil
über gemalte Stiefeln abgiebt, von Carl Wagner, erschim
doch zu uninteressant im Gegenstand für ein so großes Bild,
zeigte hiervon abgesehcn aber manche Vorzüge. Eine große
Landschaft von Carl Ludwig hielt sich nicht ganz auf der
Höhe der anderen Bilder dieses begabten Künstlers; und von
den vielen sonstigcn Landschaften machten mebrere doch mehr
den Eindruck flüchtiger Skizzen als fertiger Bilder, wie denn
überhaupt in letzter Zeit eine dekorative Behandlung in ge-
fahrdrohender Weise überhand nimmt. A. Seel und C. Jutz,
A. Wylie nnd A. Schlater hatten vortreffliche Aquarelle
ausgestellt, denen sich noch einige höchst charakteristische Por-
trätzeichnungcn von I. Nießen in Köln und sechs Feder-
zeichnungen von Ernst Röber würdig anreihten. Auch be-
fanden sich mehrere hervorragende Werke vou Gerüme, de

Jonghe, Breton, Troyon und andern französischen Meistern
auf dieser Ausstellung.

Vermrschtk Nachrichten.

Profeffor Echter in München, der Urheber der
schönen Wandgemälde im dortigen Staatsbahnhofe, legt eben
die letzte Hand an ein Deckengemälde, das für das Wohnhaus
des Herrn Schwab an der Ringftraße in Wien bestimmt ist.
Das Gemach, welches damit geschmückt werden wird. ist das
Boudoir der Dame des Hauses, und hrerdurch war schon die
ideale Tendenz der ganzen Komposition bedingt. Die Decke
zeigt ein großes Mrttelbild „Phantasie nnd Poesie", und nm
dasselbe dre Medaillons von Raffael, Beethoven, Lhorwaldsen
und Schiller, sowie diesen entsprechend vier Genien, welche die
Malerei, Musik, Plastik und Poesie repräsentiren. Was nun
das Mittelbild anlangt, so sehen wir zwei edle weibliche Ge-
stalten durch deu Aether emporschweben, ihnen zur Seite
einen jungen Liebesgott. Von Adlerschwrngen zum Himrnel
getragen greift die Phantasie begeisterten Blickes in die
Saiten der von Amor gehaltenen Leier und zieht dre
Poesie mit sich empor, deren Blick sich nach innen zu kehren
scheint. Die Komposition ist reizvoll und großartig zu-
gleich. Die Linien zeigen allerorten einen reinen Fluß und
eine wohlthuende Abrundung und über dem Ganzen schwebt
eine überaus anmutbende Harmonie der Farbe.

Aus den Berlincr Vildhanerateliers. Ueber einen Be-
such des Kaisers Wilhelm in der Gießerei von Gladenbeck
und in den Ateliers von Walger und Schleinitz berichtet
die Voss. Ztg. Folgenbes. Es galt zu besichtigen: das Berliner
Stein-Denkmal und die Kolossalstatue der germanischen
Siegesgöttin, welche, von Drake modellirt, die Säule
des Siegesdenkmals auf dem Königsplatz zu krönen bestimrnt
ist. Ersteres ist, wie im Guß, so auch in der Ciselirung
bereits vollendet. Nur ist das figurenreiche Postarnent mit
der Statue selbst noch uicht zusammengestellt worden. Jenes
steht frei im Hofe des Gebäudes. diese liegt in der Ciielirwerk-
statt. Das Monument ist in der Hauptsache erne Schöpfung
Schievelbein's, des 1867 verstorbencn Meisters. Nur der
schmale Fries um den unteren Sockel, welcher die Haupl-
momente des Lebens Stein's in realistischer Darstellung ver-
auschaulicht, hat den ebenfalls verstorbenen Hagen zuur Ur-
heber. Dies Postamcnt ist durchaus aus Bronze. Jn seiner
allgemeinen Form schließt es sich dem Beuth- und Tbaer-
monument vor der Bauakademie an. Den obern Theil
schmücken symbolische Reliefs idealen Stils von hoher Schön-
beit, während vier dem entsprechende synrbolische weibliche
Vollfiguren an den vier Ecken hervortreten. Darunter um
die vier Seiten und Eck-Ausladungcn des breiten Fußgestells
zieht sich jener Hagen'sche Relieffries. Des Freiherrn Gestalt
selbst, in dcm Zeitkostüm wie Pfuhl's Marmoistatue in Naffau
dargestellt, entblößten Hauptes, im langen Rock, Strümpfen
und Schnallenschuben. Er stützi die Linke auf den Stock, die
rechte Hand ist „mit Rednergeberde und Sprechergewicht" vor-
gestreckt. Ein prachtvoller Mantel ist, man versteht eigentlich
uicht, mit welchem Recht, über einen Säulenstumpf hinter
ihm geworfen und giebt mit seinen breitcn fchweren Falten-
massen der Erscheinung nach unten hin Wucht und Fülle,
Ueber den Platz der Äufstellung scheint definitiv noch nicht
entschieden zu sein. Der Dönhofsplatz aber dürfre die meisten
Chancen haben, dazu gewäblt zu werden. Das ungeheure
Erzbild der Victoria-Borussia les bat eine Höhe von 35 F.)
steht, abgesehen von den noch nicht angesetzten Flügeln fertrg
gegossen, aufgerichtet in dem Gießhause, nnr noch einer leichten
Liselirung zur Beseitigung der Sandformnäthe bedürftig. Eine
der riesigsten Aufgaben der Kunstgießerei ist hier tadellos ge-
löst worden. Von einer sehr eiugehenden Ciselirung wird
man absehen können, da die Statue so gut wie leider auch
die Reliefs des Unterbaues mit Oelfarbe überstrichen und
vergoldet werden sollen, was wenig geeignet sein dürfte,
diesern bereits in seiner ganzen künstlerischen Grundidee und
Grundforrn völlig verunglückten Siegesmonument, der Säule,
vermehrte Reize zu verleihen. Der Kaiser zollte der hier
vollbrachten riesigen technisch-künstlerischen Leistung den wohl-
verdienten Beifall, und die großartige Schönheit der Drake-
schen Gestalt, diescr Verein von ruhiger Hoheit, edler Anmuth,
schwungvoller Bewegtheit, diese lcichte freie Grazie bei so
ungebeurer Massenhaftigkeit erwarb sich von neuem wieder
die höchste Bewunderung. — Jm Atelier des Bildhauers
 
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