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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 8.1873

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Meyer, Bruno: Von der General-Versammlung des deutschen Gewerbemuseums in Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.4815#0340

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669

Von der General-Versammlung des dcutschen Gewerbemusenms in Berlin.

670

Das Erstc, was einer wirklichcn besonncnen Be-
antwortung der Lcwin'schen Jnterpellation ähnlich sah,
vcrdient insofcrn Ancrkennung, als der Vvrstand sich
selbst in die Bresche stellte und darauf hinwies, daß
der vorjährige Antrag von demVorstande gestellt
worden sci. Wie sehr er sich dabnrch als gualifizirt
oder ungualifizirt zur Repräsentation oder Leitung eines
derartigen Jnstitutes und einer zu dessen Unterhaltung
zusammengetretenen Gesellschaft ausgewiesen hat, mag
hicr unerörtcrt blciben, — es war ehrlich. Auch dasiir
soll mit dcr Anerkcnnung fnr den Vorstand nicht gekargl
wcrdcn, daß cr cs diesmal wenigstens nicht versuchte,
wiedcr von bcr „Großmnth dcs Staates" und von dem
„glänzendcn Geschäftc", wclchcs die Gcsellschaft gemacht
hätte, u. dgl. zu reden, wodurch das vorige Mal die
schlecht informirtc Gesellschaft zur unbeschcnen Annahmc
der Vorstands- rcsp. Rcgiernngsvorschläge bcwogen wcr-
den solltc. Das Verhalten des Vorstandes war diesmal
der Lage der Sache gemäß mehr apologetisch als cnko-
miastisch.

Uebcr die Sache selbst wurde kaum einc Diskussivn
begonnen. Wiederum wurde darauf hingcwiesen, daß
an dicsem nnn cinmal fcstgcstellten Uebcreinkommen nicht
gcrührt werden dürfc, und obgleich man es ausdrücklich
sür sclbstverständtich erklärte, daß vas betrcsfcnde Gebändc
dem Gewerbemusenm nach dcr An- und Absicht der Re-
giernng nicht nnr zur nnentgcltlichen, sondern anch zur
ausschließlichen Bcnutzung überwiesen werden sollte,
so war cs boch unmöglich, dcn Vorstanb bcrcit zu finden,
das Risiko zu übernehmen, wenn diese Bestimmung in
den Antrag sclber aufgcnommen würde.

Die ganze Verhandlung war siir niich und jeden
Denkenben ein Beweis fiir die Wahrheit mciner Anffas-
sung und Darstellung des ganzen Verhältnisses, daß das
Gewcrbemuseum aufGrund des neucn Statutcs, sobald
dasselbe in Kraft iritt, ein vollständiges, rcines Staats-
Jnstitut ist; dcnn schon jctzt, wo es sich nur um die
Fcststellnng dicses Statutes handest, ist bis auf den
J-Punkt gcgcn das von ber Regierung Festgesetztc nicht
der leiseste Widerspruch zulässig, nnd nicht dic einfachste
und selbstverständlichste Aenderung durchzusetzen. Was
soll da später werden?!

Ich habe das vorige Mal mitgetheilt, daß ich selbst
freudig und mit Entschiedenheit für die Annahme der
Vorlage gestinimt habe, deren Tragweite mir vollkommen
deutlich bewußt war. Diesmal habe ich es für richtig
gehrlten, mich der aktiven Theilnahme an den Verhand-
lungen gänzlich zu enthalten, aus zwei Gründen.

Erstlich liebe ich es nicht, Stroh zu dreschen, und
Nach meiner Ansicht hat die sogenannte General - Ver-
fainmlung des geduldeten Vereines nichts mehr zu sagen.
Das vorige Mal handelte es sich darum, auf das Recht,
Uiitzurcden, zu Gunstcn des Staates zu verzichten; das

habe ich gethan. Nachdem das geschchen, hielt ich es
nicht mehr für.angemessen, Formalitäten zu begehen, die
keinen Sinn haben.

Zweitens abcr HLttc ich für diese Borlage auch
auf dem Standpunkte der vorjährigen Versammlung nicht
stimmcn können, denn jene erste Vorlage schuf einen Zu-
stand, der in sich wenigstens konsequent war: es wurde
das Staatsinstitut in seiner Einheitlichkeit durch die
Mitwirkung dieses Beihaspels von Privatgesellschaft
wenigstens nicht gehindert. Jetzt aber wird durch die
Fiktion des Fortbcstehcns eines solchcn Bercincs eine
Zwiespältigkeit in das Jnstitut hincingetragcn, dic ich
als solchc 6v ipso für verdcrblich hakten muß.

Das Gewerbcmusenm, bieses Staatsinstitut mit
Privatbcihülfe, wird sich in cincm znr Bcnntznng gc-
liehenen Staatsgebäude, also auf fremdem Grund und
Boden, befinden; jede baulichc Aenderung, jede Repa-
ratur u. s. w. bedarf einer besonderen Genehmigung
und kann nicht von Seitcn des Jnstitutes ausgeführt
werden, sondern nur durch die betreffendcn Organe des
Staates.

Der Vorstand hatte natürlich anch für dicse Si-
tnation cinigc Beschönigungsgründe, einige sogcnannte
Vortheile derselbcn erklügclt. Dicse Vortheilc sollen
darin bcstehen, daß das Gewerbcmuseum von seincn
Fonds nicht die Jnstandhaltung des Gebäudes zu be-
streiten braucht, sondern biese dem Staate als dem Be-
sitzcr desselben einzig unb allcin zur Last fällt, nnd daß
es zweitens die Feuerversichernng erspart, da die Feners-
gefahr, was das Gebäude anbetrifft, die Gesellschaft und
das Institut „Dcuisches Gewerbe-Muscum" selbst nicht
tangirt, und die Staatsregierung ja bekanntlich ihre
Gebäude überhaupt nicht versichert.

Bei dem ersten dieser Bortheile hat der Vorstand
übersehen, daß nach der Bedingung 6) der jährliche Zu-
schuß des Staates geleistct wird „zur Unterhaltung des
Musenms und des zun)erwähnten imStaats-
eigenthum verbleibenden Gebäudes", daß also
die Reparaturkosten vom Gewerbemuseum bestritten wer-
dcn müssen, und nur die Abhängigkeit für jede irgend
in dcn Organismus des Gebändes eingreifende Acndernng
von eincr besonderen Genehmigung der Staatsregierung
als des Besitzers übrig bleibt. — Außerdem halte ich
nach wie vor dafür, daß die vorläufig auf 18,000 Thlr.
jährlich bemessene staatliche Dotirung eben nur eine vor-
läufige ist und sich mit der Ausdehnung des Jnstitutes
und seiner Wirksamkeit ganz von selber erhöhen wird
und muß, daß es also ganz gleichgültig ist, ob ein kleiner
Postcn von ein paar hundert Thalern höchstens mehr
oder weniger anf dem Etat des Gewerbemusenms lastet.

Was den zweiten Punkt anbctrifft, die Ersparung
der Versicherungsprämie, so fällt der erstens schon untcr
dem eben angegebenen Gesichtspunkte in Nichts zusammen;
 
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