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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 8.1873

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743 Kunstgeschichtliches. — Personal-Nachr. —Kunsturtterricht.

in einem der Privatgemächer des Papstes, genannt I--r stAnxa,
äslln preeliva äei ttuniAliari, aufgefunden hade. Sic stelll
dic Krönung der Jungfrau Maria dar und war zum Schmucke
des Hochaltars in der Sistina bei hohen Festen bestimmt.
Seine Beschreibung stimmt niit der von Passavant gegebenen,
sowie derjenigen älterer Qnellen iiberein, abgesehen davon,
dast letzterer, der das Original nicht gcsehen, die Farbe der
Gewänder nicht angegeben hat. Gottvoiter in rothem Gewande,
von Lichtglanz nmftrahlt, schwebt iiber dem All. Er hält eine
Kugel, von cinem rothen Krenze nberragt, in der Linken und
streckt die Rechte aus, um die Welt zu segnen. Der heiligc
Geist schwebt als Taube hernieder, seine Lichtstrahlen sallen
aus Christi Hanpt, welcher, sitzend, ebensalls in Roth gekleidet,
die Krone über das Hanpt seiner Mutter hält. Scine Blicke
sind nach ihr gcrichtet und nicht nach dem Vater, wie auf der
Krönnng der Maddalena Oddi. Die Jungfran, in rvthem
Gewande, mit blauem Mantel, sitzt zur Rechten ihres Sohnes
und neigt sanft ihr Haupt, um die Krone zu empsangen. Zwei
Engel, einer auf jeder Seite, halten den Traghimmel des
Thrones, auf dem sie mit ihrem Sohne sitzt. Daneben steht
auf der linken Seite.Johannes der Tänser, auf Christus wei-
send, auf der rechten der h. Hieronymus mit dem Löwen.
Diese beiden letzten sind wahrscheinlich Leo dem X. zu Ehren
gewählt, Johannes in Anspielung aus seinen Namen, Giovanni
de' Medici, nnd HieronymuS, liiit Beziehung auf den Löwen.
— Das Gewebe dieser jiingst entdeckten Tapete ist dassetbe
wie das der zehn anderen und ist mit denselben wahrscheinlich
von Arras nach Jtalien gekommen. Ueber den Karton, der
dem Gewebe als Vorbild vorgelegen, haben die Forschungen
des Herrn Paliard bis jetzt leidcr noch zu keinem Resultate
geftihrt.

perjonalnachrichttil.

Dcr Historicnmaler Jan Makcjko wurde zum Direktor
der Kunstschule in Krakau ernannt.

Professor »r. Reinh. Kekulö wurde zum ordentlichen
Prosessor der Archäologie an der Bonncr Universität befvrdert.

U. .l. Dcr Kupfcrstechcr Oswald Uier, seit langen
Jahren in Rom thätig, wo er noch vor Kurzem an den Stichen
nach Signorelli's Fresken in Orvieto, sowic an der neuen Wie-
vergabe der Stanzcn Rafsaet's thätig war, welche bei P. de
Brognoli erscheinen, ist einem Rufe als Lehrer an die Leipziger
Kunslakademie gefolgt. Es ist zn wiinschen, daß ihm neben
seiner neuen Berufsthätigkeit anch recht reichliche Verwerlhung
des vorzüglichen Talentes in seinem Spezialfache geboten
werde. —

Lnlljtunterricht.

X. Aus Mainz wird uns geschrieben: ,,Nach dem eben ans-
gegebenen Berichte der Handelskammer beläuft sich die Zahl
der Mitglieder des hiesigen Gewerbevereines gegenwärtig
auf 302. Jm vergangenen Winter hielt Hofrath I>r. Schäfer,
Professor der Kunstgeschichte am Polytechnikum zu Darmstadt,
ltz Vorträge und zwar über die Kunst bei den Römern und
in den ersten Jahrhunderten der christlichen Zeitrechnung. —
Die Handweckerschule wurde von 185 Lehrlingcn und 67 Ge-
sellen besucht. Der Unterricht erstreckt sich aus Freihandzeichnen,
geometrisches und technisches Zeichnen, Modelliren n. s. w. Die
Kunstgewerbschule war leider nur von 5 Schülern besncht;
trotzdem wurden in derselben schon eine ziemliche Anzahl von
kunstindustriellen Entwürfen nnd Modellen ausgesührt."

Zammllmgell imd Ällsstelluligkll.

L. Düsselvorf. Aus der Permanenten Kunstausstellung
von E. Schulte hatte Oswald Achenbach kurz hintereinander
zwei große Landschasten ausgestellt, den Albanersee Mit Genzano
und Posilippo mit Aussicht auf den Vesuv, welche die be-
kannte Virtuosität des Meisters in Erreichung koloristischer
Efsekte, aber auch eine etwas sehr dekorative Behandlung auf-
wiesen. Cin größeres Genrebild von Carl Hertel „Auszng
der Landwehr" zeigte bei feiner Empfindung im Ausdruck der
Figuren eine schöne Farbenwirkung und ofsenbarte ein ernstes
und bewußtes Streben nach fortschreitender Vervollkommnuug,

Redigirt unter Verantwortlichkeit des Verlegers E. N.

Sammlstngen u. Ausstellungen. — Vermischte Nachrichten. 744

dem der Erfolg nicht fehlen kann. Desto nnerfreulicher be-
rührte ein grohes Gemälde von Moritz von Beckerath, der
Traum betitelt, das so unverständlich im Gegenstande, so mangel-
haft gezeichnet und tadelnswerth in der Farbe erschien, daß es
uns mit aufrichtiger Betrübniß erfüllt, einem Künstler, der zu
den schönsten Hoffnungen zu berechtigen schien, auf so bedenk-
lichen Abwegen zu begcgnen. Wir haben schon srüher auf die
gcfährliche Richtung Beckerath's hingewiesen, die ihn immer
mehr in's Bizarre und Barvcke führt, und wir müssen gestehen,
daß nnfere Besürchtungen leider noch nbertroffen sind, so daß
wir kanni noch eine Umkehr für möglich halten. Auch ein
klcineres Bildchen dcsselben Künstlers war, wenn auch verftänd-
lich im Gegenstand, doch so manierirt in der Zeichnung und
der Farbe, daß es keine günstigere Aussichten bietet. Üm so
wohlkhuender war der Eindruck eines großen Bildes von Th.
Schütz „Abend aus dem Lande, Motiv aus Würtemberg"
durch die bedeutenden Fortschritte, die darin ersichtlich waren-
Die Gemätde von Schütz zeichneten sich stets dnrch poe-
tische Äomposition, gute Zeichnung und überaus sorgfältige
Durchsührung ans; das Kolorit aber war trocken, hart nnd
ohne allen Schmelz, und hierin sahen wir nun eine so ersreu-
liche Veränderung, daß dies neue Werk nach jeder Richtung
befriedigen muß. C. Böker dagegen scheint uns in seinem
großen Bitde „Theure Hotelrechnung" nicht aanz so frisch und
ursprünglich wie in manchen seiner andern Gemälde, obgleich
die Aussührung auch hier viel Gutes bietet. Jn dem Damcn-
portrait von Carl Sohn hätten wir eine leuchtendere Carna-
tion in Kopf und Hals der virtuos gemalten Goldtapete des
Hintergrundes vorgezogen, wir möchten dem jungen Kllnst-
ler daher das Studium der trefflichen Frauenbildnisse sei-
nes verstorbenen Vaters empfehlen, die wir immer noch weit
höher stellen als die meisten neuen Portraits, in dencn das
Fleisch gtanzlos vder fteckig, das Stoffliche aber mit Lußerster
Bravour behandelt wird. Eine Marinc von Fr. Stnrm war
ein recht verdienstliches Bild, dem die Naturwahrheit erhöhten
Reiz verlieh. — Auf der Ausstellung von Bismeyer nnd Kraus
besanden sich ebenfalls recht interessante Bilder, darunter von
auswärtigen Kiinstlern das bekannte große Bild von H.
Schlvsser in Rom „Thetis von Peleus überrascht" , das bei
manchen unbestreitbaren Vorzügen auch hier nicht rccht zu cr-
wärmen vermochle. Ein gan; vorzügliches Architekturbild
„Straße aus Ober-Jtalicn" hatte Nt. Wylie ausgestellt, voN
dem wir bisher nur treffliche Aquarelle gesehen halten, die aber
durch dies große Oelbild noch weit übertroffen wurden. C.
Lasch ersreute durch ein poetisches Gemälde „Abend im Schwarz-
wald", worin er drei junge Laudmädchen darstellt, welche ain
Waldrande sitzend cin Volkslied singen. Figuren und Land
schaft sind gleich ansprechend und besonders erscheint die Stinn
mung lobenswerth, die dem Ganzcn eine anziehende Wirkung
verleiht. Auch die Genrebilder von Tannert, Werner,
Fr. Sonderland nnd E. Bosch sind lobend;u erwähneist
von denen besonders das des zuletzt genannten Künstlers wegeN
der imeressanteli Beleuchtung Anerkennung verdiente. H. Her'
zog, der deninLchst wieder auf längere Zeit nach Amerika zi>
gehen gedenkt, um ueue Ttudien zu machen, halte einige nor-
wegische Landschaflen nnd Marincn von bekanntem Werth aus"
gestellt, und C. Kröner lieferte ein großes Thierstück, das
scinen frllhcrn Werken durchaus ebenbürtig erschien. Zwck
schöne Portraits von Richard Sohn verdienen ebenfalls hew
voraehoben zu werden, und, um mit dem Besten zu schließeii'
wollen wir die große Landschaft von C. F. Lessiug in Larls'
ruhe erst jetzt nennen, welche die Kluse bei Halberstadt in Ge^
witterstimmung darstellt.

Lermischte Nachrichteil.

Ll. ll. Der Kupferstccher Gustav Eilers in Berli>!

legt gegenwärtig die letzte Hand an einen Stich nach Tiziaiw ,
„Christns mit dem Zinsgroschen" (Original in Dresden, eiw
der Bilder, welchc nur mit ausdrücklicher Genehmignng dck
Königs kopirt werden dürfen). Der Künstler ist seit drei Jahre>> s
mit dieser Aufgabe beschästigt, die wohl zn den schwierigsten
rechnen ist, welche dem Grabstichel überhaupt gestellt werdck i

können; es ist Aussicht, daß sein Blatt im Lanfe dieses Soii> z

mers an die Oeffentlichkeit tritt. ^

i. — Druck von Hundertstund L Pries in Leipzig. i
 
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