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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 8.1873

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807

Nekrolog. — Kunstgeschichtliches, — Kunstvereine. — Sammlungen und Ausstellungen,

808

Nekrolog.

Professor Friedrich Bambcrger, der treffliche Laud-
schaftsmaler, von dessen Bildern sich besonders die Ansichten
aus Spanien großer Anerkeunung zu erfreuen hatten, ist
am 13. August im Bade Soden am Taunus einer Lungen-
krankheit erlegen.

Lunstgeschichtliches.

2. Vr. Lotz in Düfseldorf bearbeitet eben im Auftrage
des preußischen Kultusministers die Statistik der Bau- und
Kunstdenkmäler des Regicrungsbezirks Wiesbaden, Die
darauf bezüglichen Materialien, welche der Verein siir nassauische
Alterthumskunde schon seit langer Zeil durch Fragebogen u, s, w.
in großer Reichhaltigkeit beschafst hatte, wurden Herrn Lotz zur
Bersügung gestellt.

Äniistverkine.

2, Der nasfauifchc Kunstverein in Wiesbaden hielt
kiirzlich seine Generalversammlung ab. Der Berein besteht
seit 27 Jahren und zählt 688 Mitglieder. Jm abgelaufenen
Vereinsjahre wurden in der permanenten Ausstellung 234
neue Bilder und Kunstwerke anderer Art zur Anschauung
gebracht. Die Statuten der Gesellschaft, die den gegenwärtigeu
Berhältnissen nicht mehr entsprechen, sollen demnächst abgean-
dert werden, Der Berein bezieht einen ansehnlichen Zuschuß
aus öfsentlicheu Mitteln und verwaltet zugleich die Ge-
mäldegalerie, welche Staatseigenthmn ist, Diese Galerie
stammt mit Ausnahme der neueren Bilder von dem 1837 in
Franksurt verstorbenen Geh, Rath von Gerning her, der seine
sämmtlichen Sammlungen, die er indessen bedeutend über-
fchatzte, 1829 gegen eine Leibreute an Nassau abgetreten hatte,
Ein Katalog der Sammlung, die aus großen Werth leider
keinen Anspruch machen dars, erschien vor vier Jahren, Dieses
Berzeichniß stützt sich noch auf die sehr freigebige Nomenclatur
von Gerning selbst, ohne irgendwie die Resultatc der neueren
Kunstforschung zu beachten, Von einer Kupferstichsammlung
sind geringe Anfänge vorhanden, Die Anschafsung von Braun'-
schcn Photographien, die doch sür das Studium der modernen
Kunst unentbehrlich sind, wurde schon öfters empfohlen; ebenso,
daß der Vorstand auf eine größere Reichhaltigkeit der perma-
ncntcn Ausstcllung Bedacht nehmen möge. Jn dieser Hmsicht
sind uns die Franksurter Ausstellungen, die von den ersten
Malern beschickt werden, bedeutend überlegen, Die nächste
Generalversammlnng, welche sich mit der Revision der Sta-
lule» beschäsligen soll, wird wohl Veranlassung geben, die nö-
thigen Resormen innerhalb des Vereins anznbahnen.

Sammllmgrii lmd Äusftellimgeli.

8. Düfseldorf. Unsere permanenten Kunstausstellungen
waren in deu letzten Wochen wieder reichlich mit neuen Wer-
ken beschickt, unter denen sich nianche von hervorragender Be-
dentung befanden, Da sind zuuächst bei Ed. Schulte drei
Bilder vou Andreas Achenbach zu nennen, zwei Marinen
und eine westfälischc Gewitterlandschaft, die ebenso fein in der
Stimmung wie meisterhast in der Technik erschienen, Es
waren die ersten Gemälbe, die der Kiinstler nach seiner Rück-
kehr vou einem läugeren Aufenthalte in Jtalien zur Ausstel-
lung brachte, und dieselben erregten schon aus diesem Grunde er-
höhles Jnleresse, obgleich von irgend einem guten oder ungün-
stigeu Einfluß dieser Reise dariu uichls wahrzunchmcn war,
was wir übrigens anch kaum erwarten konnten, B. Vaulier
ersreute durch ein fein individualisirtes Bildchen, welches sein
Motiv der jüngstcn Vergangenheit entlehnte, indem es einen
bayrischen Jnsanteristen zeigte, der nach genossenem Jmbiß
seine Kriegsabentener in so lebhaster Weise erzählt, daß die
uhörende Bauernfamilie, Mann, Frau und Tochter, mit of-
enem Munde und gespanntester Aufmerksamkeit den Schil-

! derungen folgt, die wohl nicht immer bei der Wahrheit bleiben
' mögen, da das Bild den bezeichnendcn Titel „Der Renommist"
sührt. Daß der Meister hier volle Gelegenheit fand, seine un-
vergleichliche Begabung für Charakterisirung und lebenswahre !
Auffassung zu bewähren, ist ebenso selbstredend, wie die vor-
zügliche Durchbildung in Zeichnung und Farbe, die wir
stets an seinen Sachen bewundern, C, Lasch schloß sich mit
einem schönen Genrebild in wiirdiger Weise an, und Carl I
Hoff wußte durch cin größeres Gemälde seinen Ruf als einer
unserer besteu Koloristen glänzend zu rechtfertigen, Dasjelbe
betitelt sich „Der liebe Onkel" und zeigt einen älteren Herrn,
der unter schmeichelnden Liebkosungen von einem jungen Ehe-
Paar in elegantem Zopskostüm durch einen Saal geleitet wird, !
Die treffliche Färbung und die virtuose Pinselführung fanden
allseitige verdiente Anerkennung, die auch der gesammten Durch-
siihrung gezollt werden inuß. Einige Thierstücke von I, Deiker, !
G, Süs und H, Lot sind ebenfalls noch tobend zu crwähnen,
Bei Bismeyer und Kraus war es zunächst der Cyklus von
dreizehn Kartonzeichuuiigen zur Geschichte der Völkerwanderung
von Julius Ikaue in Weimar, welcher große Aufmerksamkeü
erregte, ohne indessen eine durchschlagende Wirkung zu erzielen,
Ein großer Karton von Fr, Stumme l „Die heilige Familie
mit lobsingenden Engetn" zur Ausführung in Glasmalerei j
für ei» Kirchensenster bestimmt, halte viel Schöne« und über- ,
traf bei Weitem das Genrebild: „Jm Wonnemonat" desselden
jungen Kllnstlers, welches in Köpfen und HLnden cinc un-
gleich delikatere Behandlung vcrlangt HLtte, Ein höchst er-
greifendes Motiv stelltc I. Leisten in cinem größeren Bilde
dar, welches er „Begraben" betitelt. Wir sehen eine vornehnie
Dame in verzweiflungsvollem Schmerz an der Wiege ihres
Kindes knieen, dessen Leiche soeben von dem abgeräumten Ka-
tafalk ini Hinlergrunde nach dem Kirchhof gebracht worden ist.
Ein Mönch, einige Damen und die Dienerschaft stehen schmerz-
lich ergriffen um die jamrnernde Mutter, und die Pracht des
eleganten Gemachs bildet einen wirksamen Geaensatz zu den
schwarz gekleideten Personen, denen sie keinen Trost zu bieten
vermag. Die Situatiou ist klar und eindrucksvoll wiederge-
geben, auch zengt das Bild von poetischer Auffasjungsgabe.

A, Raudnitz bewährte sich in einem hübschen Kabiiictsstück
aus der Rococozeit als begabter Schiiler von Carl Hoff,
dem er erfolgreich iiachzustreben scheint, G, Stewer fllhrte
uns in das Atclier einer niederländischen Malerin, die mit
Aufmerksamkeit den Worten van Dyck's lauscht, der sich vor
ihr Bild gesetzt hat und dasselbe eingehend zu beurtheilen scheint,
Geschickte Behandlung, die aus gründlichen Studien fußt, war
auch diesem Bildcheu, wie allen Werken Stewer's, nachzu-
riihmcn. L. Bokelmann scheint sich besonders in der Dar-
stellung von SchusterwerkstLttcn zu gefallen. Bald sind cs
Lehrjungen, bald ergraute Meister, dic er darin zur Anschauung
bringt, und so lebenswahr und talentvoll diese Ausgaben anch
gelöst erscheinen, so möchten wir den jungen Kiinstler doch
vor einer gewissen Trivialität warnen, in die er um so leichter
u versallen droht, als ihn die bereits errungenen Ersolge ver-
iihren könnten, diesem Hang immer mehr nachzugeben, was
bei seiner Begabung aufrichlig zu bedauern wäre, „Der ita-
lienische Hirtenknabe" von L. Blanc war wieder ebenso gut
gezeichnet und mit liebevollster Sorgsalt durchgeführl wie alle
Gemälde dieses Mcisters, der den Traditionen der alten Düs-
seldorfer Schnlc in ihrcn Vorzügen und Schwächen treu ge-
blieben ist, Ein großcs Wandgemälde in Wachsfarben voi>
Adolf Schmitz verdient schlieglich von den Figurenbildcin
noch der lobenden Anerkennung, Jn Komposttion und ma-
lerischer Wirkung enlsprach es seinem Zweck in hohem Gradc
uud bewies von Neuem die hervorragende Begabung des
Meisters gerade für derartige Äufgaben, Unter den Land-
schaften fesselten besonders ein kleines Seestück und ein großes
Strandbild vou E, Dücker das Jnteresse durch dic Wahrheit
der Lichtwirkung, die breite und doch so gediegene Behandlung
und die feine Beobachtung der Natur, die auch einem scheinbal
unbedeutenden Gegenstand anziehende Seiten abzngcwiniieN
vermag, A. Calame bezeugt in jedem neuen Bilde erheb-
liche Fortschritte, und auch einige französische und niederlän
dische Landschaften beanspruchten warmes Lob. Zwei architek
tonische Zeichnnngen von August Rincklake waren mit ge-
läutertem Geschmack und gründlicher Kenntniß entworfen und
dürften sich zur Ausführung trefflich cignen.

Redigirt nnter Verantwortlichkeit des Verlegers L, Ä, Seemann. Druck von Hundertstund kb Pries in Leipzig,
 
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