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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 18.1883

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https://doi.org/10.11588/diglit.5806#0132

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259

Vermischte Nachrichten,

260

Schule von Muraiw zu selbstündigerem Leben eutfaltet. Es
ist ein großes Temperabild auf Holz, das um 1480 fitr den
Hochaltar des Domes von Cenedn, eincm kleinen Städtchen
bei Treviso, gemalt wurde, und nun, nachdem es schon lange
seinen Ehrenplatz mit der beschsideneren Existenz an der Wand
einer dunklen Sakristei vertauscht hatte, durch Kauf iu den
Besitz der Akademie zu Venedig gelangt ist. Es stellt in
lebensgroßen Gestalten die Krönung Mariä dar, die beiden
Hauptfiguren umgeben von ciner Menge Patriarchen, Pro-
pheten, sorvie den Evangelistsn und klugen Jungfrauen, welche
hinivieder vokl einer Schar Engcl und Cherubim umschwebt
werden, während ganz im Vordergrunde der Stifter, Bischof
Correr, kniet, - alles dies in streng symmetrischer Anordnung,
wie sie die Werke jcner byzantinisirenden Schule vorzugsweise
charakterisirt. Auch sonst trägt unser Bild alle die wenig an-
ziehenden Kennzeichen seiner Abstammung: die primitive
malerische Ausführung in grellen Tönen, die Überladung mit
plastisch in Stuck aufgesetztem Schmuckwerk, als Kronen,
Sceptern, Heiligsnscheinen, Mitren u.s.iv., die unrichtige Zeich-
nung und überladene Komposition. Trotzdem bleibt es gerade
für die Sammlung, die es nunmehr aufgenommen hat, wert-
voll, als Beleg für die Anfänge und Grundlagen, auf denen
die gläuzende Blüte der venezianischenMalerei sich entfaltete. -
Von bedeutenderem künstlerischen Wert ist das zweite Ge-
mülde, ein frühes Werk Gentile Bellini's fllr S. Maria
dell'Orto gemalt, seit langem in den Magazinen der Akademie
aufbewahrt, aber erst jetzt durch die Übertragung nuf eine
neue Leinivand wieder prasentabel geworden. Das in Bd. XIII,
S. 842 dieser Zeitschrift in Holzschnitt reproduzirte Bild stellt
in lebensgroßen Figuren den erften Patriarchen Venedigs,
Lorenzo Giustiniani vor, wie er, in weißem Diakonengewnnd,
dic Rechte segnend über einen vor ihni knieenden Kleriker
hält, ivährend auf der entgegengesetztsn Seite ein knieender
Bischof ihm seine Verehrung darbringt. Engel, welche die
Knieenden dem Heiligen empfshlen, vollenden die Komposi-
tion, dis wohl, insbesondere in der malerischen Ausführung,
noch nicht die Vorzüge der späteren Werkc des Meisters zeigt,
aber gerade in der vortrefflich charakterisirten Hauptfigur den
Typus des im Heiligenkultus des veneziaiiischen Volkes biS
hcute bevorzugten Lökalhciligen so trcsfend hinstellt, dafi alle
späteren häusigen Darstellungen desselbcn darin ihr Vorbild
gefunden haben. Das in Tempera gemalte Bild, mit der
Fahreszahl 14SS und Lem Namen des Meisters bezeichnet,
hnt leider stark gelittcn.

Vermischte Nachrichten.

Ubcr dic Waiidiiialcrcicn im Rathausc zu Haunovcr

schreibt man der „Wes. Zeitg.": „Jn dsm jungen Schaper,
der sich seine Sporen auf der Hannoverschen Geiverbeaus-
stellung und bald därauf durch die Wandmalereien im Rat-
hauskeller zu Hannover verdient hat, ist dcr Kunst dsr Wand-
malerei wieder ein Aleister erstnndcn, der gnnz im Geiste
der Architektur, sich ihr unterordnend, aber auch sie ver-
schönernd im großen Stile und mit hohem Gedankenflug
schafft. Der ungeführ 20 Meter lange Saal des Rathauses
zu Hannover nimmt nahezu die ganze Front des Gebäudes
gegenüber der Marktkirche ein. Der Künstler führt uns in
seinen Bildern in die Zeit kurz nach dcr Vollendung des Nat-
hauses zurück. Das Rathaus ist, beiläufig bemerkt, eins
der schönsten gotischen Backfteinbaudenkmäler aus der zweiten
Hälfte des 15. Jahrhunderts; Baurat Hase's kundige Hand
hat in den letzten Jahrcn die architektonische Nestauration
des bereits seinerzeit mtt dem Abbruch bedrohten Baues
gcleitet^ Herr Schnper hat den gnnzen Saal in eine harmo-
nische Farben- und sinnreiche Formenpracht getaucht. Die
historische Jdec des Malers war die Darstellung der Be-
ziehungen der Stadt Hannovör in dsr dretfachen Richtung:
zu dem Hansabund, dessen Mitglied sie war, zu dem Welfen-
hause und zu dem deutschen Kaisertum. Die großen halb-
runden Flächen zu beiden Enden des Saales, obsrhalb der
Ein- und Ausgangsthüren, enthalten die größeren Kompo-
sitionen; die eine stellt den Empfang des braunschweigischen
HcrzogS Erich, des welfischen Lehnsherrn der Stndt, durch
cine Deputation von Bürgern und Frauen, vor den Thoren
der mittelalterlichsn Stadt, dar. Auf dem anderen Bilde
thront der Kaiser Maximilian, umgeben von den dsutschen
Kurfürsten. Was an den Bildern erfreut, ist der lebendige

Ausdruck der Gesichter, die Harmonie der Farben, die Jnnig-
keit der Auffassung. Als eine ganz vollendete Gesamtleistung
erscheint die Malerei auf der aus der Hauptivand hervor-
springenden gewülbten Decke. Feinstilisirte Blnttornamentik
wechselt in herrlichem Farbenspiel mit sigürlichen Darstellungen
ab. Das cine fließt teppichartig ins andere. Die Decke
zerfällt in zwei Glieder; in der oberen Hälfte zeigen sich auf
jeder Seite vier allegorische weibliche Figuren: sechs deutsche
Ströme, nebst Osi- und Nordsee, auf welchen die Hansa da-
heim war, darstellend. Es ist viel Grazie, Bedeutung und
Poesie in diese mannigfaltigen Figuren hineingelegt; am
wenigsten leider beim Rhein, dessen Reprässntantin etwas
unbeholsen erscheint, mit der Leier in der eincii und einer
schwarzen Traube in der anderen Hand. Zwischen diesen
Figuren dehnen mächtige Reichsadler ihre Flügel. Der
Hauptschmuck der unteren Hälfte der Deckenwand besteht in
etlichen 40 Repräsentanten der wichtigsten Städte des Hansa-
bundes, von welchem auch Hannover ein Glied bildete; es sind
männlicheFiguren, welche dieWappen ihrer Stüdte hnlten, kein
Kopf, keine Stellung, kein Gewand sind einander gleich. Wis
im übrigen, so besonders hierbei, offenbart sich glünzend die
Krnft der individualisirenden Phantasie des Künstlers. Wenn
erst die von Hase entworfenen reichgeschnitzten Stühle und
die Gesimse, bestimmt, die Prunkgefäße der Stadt zu tragen,
angebracht sind, wirdHannover einen Nathaussaal von einziger
Schönheit besitzen. Äuch Treppenhaus und Seitenräume sind
malerisch reich behandelt."

sZ Aus -cn Wicncr Atclicrs. Professor H. v. Augeli
hat eine Reihe von intsressanten lebensgroßen Bildnissen auf
der Staffelei. Aus einem untermalten Kniestück, an welchem
erst Kopf und Bruft feste Gestalt gervonnen haben, blicken uns
die Züge der Frau Baronin Springer entgegen. Die Dame
sieht fast geradc aus dem Bilde hernus. Sie fteht aufrecht uud
trägt ein geschmackvolles schwarzss Seidenkleid mit Spitzen.
Dieses hebt die Schönheit der Gestalt und steht in trefflichem
Einklange zu den dunkelschwarzen Haaren der Dargestsllten,
welche in den herabgesunkenen Händen einen zusammenge-
klapptcn Fächer vor sich hült. Erst begonnen hat Angeli
das Bildnis der Gemahlin des Prinzen Carl Theodor von
Bayern. Fertig fanden wir ein ttußerst wohlgetroffenes Por-
trät von Baron Albcrt Rothschild (Brustbild on taoo) und
nahezu vollendet ein ebenso gelungenes Porträt Billroths,
welches uns den geistreichen Chirurgen im Brustbild sn xro-
LI zeigt. Eine Menge anderer Bildnisse sind teils begonnen,
teils harren sie ihrer Vollendung. — Angeli wird sich dem-
nächst nach Berlin begeben, um dort den Grafen Moltke zu
porträtiren. — Professor Griepenkerl hat alle Hände voll
zu thun mit der Ausführung der für den großen Herren-
haussaal des neuen Wiener ParlamentsgebäuLos bestimmten
historischen Gemälde, die in ihren Gegsnständen zu der Ent-
wickelung einer Staatsverfassung im nllgemeiiicn in Beziehung
stehen. Jm ganzen sind es 13 Bilder, von densn S unter
dem mittleren Giebel des Saales und über dem Prüsidenten-
stuhl Platz finden werden, je 2 zu beiden Seiten und wieder
je 2 an den Stiegenbauten. welche in dcn Saal vorspringen.
Dic durch größere Breite auffallcnden Bilder an den Sticgcn-
bauten stellen dar, links: „Pythia verkündet Apollo'S Wahr-
sprüche" und „Athene setzt den Areopag ein", rechts: „Augu-
stus schließt den Janustempel" unv „Constaiitin verküiidet
die Anerkennung des Christentums". Das Gemälde in der
Mitte der Bilderwand des Saales stellt Aristoteles dar, am
makedonischen Hofe lehrend. Die übrigen Bildsr haben wie
die ebengenannten gleichsalls staatswichtige Vorgänge aus der
Gsschichte der Griechen und Römer zum Gegenstande. Sieben
Kartons sind vollendet. Bei zweien der Bildsr hat Griepen-
kerl an Ort und Stelle Versuche in stueeo lostro gemacht.
Der Maler wird sich nächstens über die Technik entscheiden,
in welcher der ganze Cyklus auszuführen sein wird. Die
von nns im verslosfenen Jahre ausführlich besprochenen Ge-
mälde für die eine Langseite des großen Sitzungssaales in
der Akademie der Wissenschaften in Athen sind zum Teil an
ihren Bestimmungsort abgegangen. Die Kartons für die Ge-
mälde der gegenüberliegenden Langseite des Saalss, für die
Seite links vom Eingange, sind sast vollendet. Sie bringen
zur Darstellung: „Athene und Prometheus an dsn Pforten
des Lichtes", „Themis weissagt dem Prometheus" und „Prome-
theus belebt das Menschenbild". Auch der Karton für das
eine Giebslbild des Saales, welches die „Aufnahme des
 
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