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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 18.1883

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Rosenberg, Adolf: Ausstellung in der Berliner Nationalgalerie
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https://doi.org/10.11588/diglit.5806#0184

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Ausstellung in der Berliuer Nationalgalerie.

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zudringen, daß ihn niemand in diesen seincn Speziali-
täten übertraf. Das Ricsen- und das Eulengebirge
einerseits und die Oderniedernngen andrcrseits warcn
seine Lieblingsplätze. Dort suchte er aber nicht die Ein-
samkeit des nackten Gesteins und die pittoresken Fels-
bildungen auf, sondern die Tannen- und Buchenwälder
an den Abhängen mit ihren plätschernden Bächen, welche
zwischen den init Moos bewachsenen Steinen hindurch-
schlüpfen. Wenn die Sonne durch die Kronen der
Buchen schien und die Dämmerung der Tannen und
Buchen auflichtete, dann fühlte sich Dreßler in seinem
Element. Und ebenso war es bei seinen Flußlandschaften
die Einwirkung der Sonne auf die Atmosphäre, auf die
ans dem Wasser und den Wiesengründen aufsteigenden
Dünste, welche er mit erstaunlicher Sicherheit und mit
großer malerischer Kraft zur Anschauung zu bringen
wußte. Mit den sicbziger Jahren hebt auch die Pcriode
seiner vollen künstlerischenReife an, welche nur ein kurzes
Jahrzehnt währen sollte. Wir heben aus dieser Zeit
das prächtige „Rothwasserthal im Riesengebirge", die
Partie „Aus dem Eulengebirge", die äußerst seingestimmte
„Flußniederung in Schlesien", die „Oderniederung mit
Landungsplatz" und die sonnige „Flußlandschaft mit
Gebüsch im Hochsommer", auf welcher die Glut wie
Blei zu lasten scheint, hervor. Eine Anzahl schöner
Motive, wie eine „Oderlandschaft" mit dem Schatten
der Abenddämmerung im Vordergrunde und dem ver-
schleiernden Duft der Ferne, in welchem sich goldige und
silbrige Töne mischen und ineinander verschweben, und
cine „Flußlandschaft mit Buschwcrk und Weide" ist
zwar nicht über den Charakter der Studie hinausge-
diehen, zeichnet sich aber durch eine so überaus feine
Durchbildung der Lufttöne aus, daß man nur mit
schmerzlichem Bedauern von einem so reichbegabten und
feinsühligen Künstler scheidet, welcher in einem Alter
von neunnudvierzig Jahren seine Thätigkeit abschließen
mußte. Zwei Jahre vor seinem Tode wurde ihm die
Leitung des mit dem schlesischen Museum der bildenden
Künste in Breslau verbundenen Meisterateliers für
Landschaftsmalerei übertragen.

Über die drei anderen Künstler, deren Gedächtnis
die Ausstellung ehrt, Advlf Lier, Eugeu Neureuther
und Adolf Eybel, lassen uns die ihnen an dieser
Stelle gewidmcten Nekrvloge (Lier, Kunstchronik Jg. 18,
S. 23; Epbel, ebd. S. 24; Neureuther, Kunstchr. Jg. 17,
S. 415) wenig zu sagen übrig. Eybel scheint nach
dem Erfolge, welchen er 1846 mit seinem „Großen
Kurfürsteu bei Fehrbellin" errungen, und nach seineu
Arbeiten für die Schloßkapelle in Berlin durch seine
Thätigkeit als Leiter der Tierklasse an der Akadeinie
nicht mehr die Muße zur Ausführung eines größeren
Werkes gefunden zu haben, obwohl er sich, wie seine
Studien beweisen, unablässig mit neuen Gedanken trug.

Es lag vffenbar in seiner Absicht, jenem Werke aus
der Blütezeit seines Schaffens eine Reihe ähnlicher
folgen zu lassen, in welchen ein hohenzollernscher Fürst
zu Pferde den Mittelpunkt der Komposition einnehmen
sollte. Eybcl hatte nämlich das Studinm des Pferdvs
mit besonderem Eifer betrieben und suchte deshalb die
Resultate desselben gern in seinen Historienbildern zu
verwerten. Unter seinen Skizzen befinden sich „Fried-
rich der Große bei Hochkirch", „Einzug des Kurfllrsten
Friedrich II. in Berlin" und „Albrecht Achilles im
Kampfe mit den Nürnbergern". Die letztere trägt
die Jahreszahl 1880, ein Zeichen also, daß der Künstler
noch als Siebziger aus den Plan seiner Jugend zu-
rückkam. Fehlte es ihm auch an einer beweglichen,
leicht schaffenden Phantasie, so hatte er sich doch eine
solide Öltechnik angeeignet, welche seinen zahlreichen
Schülcrn zu gutc gckommen ist. Von den Arbeitcn
Eugen Neureuthers sind einige von dencn vertreten,
welche der Nekrolog ausgezählt hat: zunächst die 1829
erfundenen Jllustrationen zu Goethe's Gedichten, welche
der Maler noch unmittelbar vor seinem Tode aqua-
rellirte, dann einige Entwürfe für kunstgewerbliche
Arbeiten und die anmutigen, in Wasser- und Decksar-
ben ausgeführtcn, von reizvoll komponirten Arabesken
umrahmten Randzeichnungen zu deutschen Märchen,
welche den Zeitraum von 1862—1881 umfassen und
Eigentum der kgl. Nationalgalerie sind, außerdem eine
große Anzahl von Landschafts- und Figurenstudien
aus Jtalien und von fein und schars charakterisirten
Porträts, unter denen sich auch das von David dÄn-
gers befindet, welcher seinerseits dem Künstler ein
ebenfalls auf der Ausstellung befindliches Relief-Porträt
(Bronzemedaillon) gewidmet hat.

Adolf Lier ist unleugbar die glänzendste Erschei-
nung unter den vier Kllnstlern unserer Ausstellung,
welche über achtzig Ölgemälde und Studien von seiner
Hand besitzt. Es ist von großem Änteresse zu be-
obachten, wie sich der Künstler allmählich von einer
naiv rvmantischen Naturauffassung vornehmlich durch
den Einfluß Duprs's und Schleichs zu einer völlig
realistischen hindurch arbeitete, welche gleichwohl durch
die außerordentliche Kraft der Stinnnung einen poe-
tischen Zauber gewann. Die Ausstellung enthält fast
die ganze Reihe seiner Meisterwerke, namentlich jene,
in welchen die Spezialität Liers, die Herbst- und
Regenstimmung, zu vollem Ausdruck gelangt. Der
„Abend an der Jsar" und das „Freisinger Moor bei
Dachau" mit dem Hirsche im Vordergrunde und dem
vor einem bewaldeten Bergrücken emporsteigenden
Wassernebel machen sich hier die Palme streitig. Liers
Palette war farbiger als diejenige Schleichs, sein Ver-
hältnis znr Lkatur bei weitem objektiver, und daher ist
Lier der Natur auch näher gekommen als Schleich,
 
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