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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 18.1883

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https://doi.org/10.11588/diglit.5806#0376

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Vernnschte Nnchrichten.

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sicht der Tuilerien nach dem Brande im Mai 1871. Eine
größere Anziehung als die ausgestellten Kunstwerks übte auf
das Publikum die dekorative Ausstattung, auf welche man
zum erstemnale in Paris nach dem Vorgangs Deutschlands
und Osterreichs großen Wert gelegt hatte. Zu diesem Zwecks
waren aus dem 6ai4s-msubis 120 der prächtigsten Wand-
teppiche und Gobelins aus der Renaissance, dsm 17. und 18.
Jahrhundert entlehnt worden, welche eine Ausstellung für
sich bilden, wie man sie allerdings nur in Frankreich zu
stande bringen kann. Diese Teppiche sind in der Galerie,
welche an der inneren Seite des ersten Stockwerks herum-
läuft, in den Hallen des Gartens und in dem großen Vesti-
büle des Eingangs placirt worden, so daß sie zugleich eine
Dekoration der Räume bilden.

.1. L. Kunstausstellung in Genua. Am 4. November er-
öffnet der genuesische Kunstverein (Loeietä xromotrivs)
seine jährlichs Kunstausstellung, welche bis zum 2. Dezember
dauern wird. Es könnsn daran nur italienische Künstler
und von den Auslündern solche tsilnehmen, welche ihren
Wohnsitz in Jtalien habsn. Die Ablieferung muß auf Kostsn
und Gefahr der Aussteller, spätestens bis zum 2b. Oktober
im VereinSlokale der Gesellschaft, Piazza de' Ferrari in Genua,
stattfinden.

Vermischte Nachrichten.

Natioualdcnkmal auf dem Niedcrwald. Die ministerielle
„Provinzalkorrespondenz" schreibt zur Einweihung des Denk-
mals folgendes: „Man weiß, daß, als die Siege des Jahres
>870 zum glücklichen Friedensabschluß geführt hatten, dessen
kostbarster Erwerb die Wiederaufrichtung des DeutschenReiches
war und bleibt, sogleich die Jdee sich regte, ein Denkmal
dieser Siege und dieses Erwerbes zu errichten, das der ganzen
Nation uiid vielen ihrer künftigen Geschlechter die Größe
jener Zeit und den unschätzbaren Wert des damals erfoch-
tenen Gutes imnierdar in lebendige Erinnerung rufen möchte.
So nlt nls die Sehnsucht nach "der Wiederaiifrichtung de§
Rsiches ist, und sis war am lebhaftesten unmittelbar nach
seinem Verluste, zur Zeit der furchtbaren Verwüstung und
deS unsagbaren Druckes der Napoleonischen Herrschaft, so alt
ist beinahe auch der Gedanke, dem unvergleichlichen Glück
jenes glorreichen Tagss, dessen sicheres Eintretsn eine heilige
Zuvsrsicht sich nicht entreißsn lisß, ein hehres Donkmal zu
errichten. Sogar die Stätte am Rheinstrom hatte der aus
leidensvoller Gegenwart in eine erhebende Fsrno spähends
Hoffnungsblick bereits erkoren. Sang doch schon Theodor
Körner:

„Mit Gott! — Einst geht, hoch über Feindes Leichen,

Der Stern des Friedens auf:

Dann pflanzen wir ein helles Siegeszeichen

Am freisn RheiNstrom auf!"

Und Körner ist nicht der einzige Sänger jenerZeit, bei welchem
dieser Gedanke auftritt. Nur natürlich war es, das, als der
Frankfurter Friede dem in dem vielfachen Wechsel eines sechzig-
jährigen Zeitraums nie ausgelöschten Herzsnswunsch des deut-
schen Volkes die Erfüllung gebracht hatte, auch der Wunsch
nach jenem Denkmal als dem Zeichen dss Dankes wie des
immer erneuten Pflichtgefühls zum Schutze des höchsten
nationalen Gutes sich allenthalben regte. Die Wahl der
Stätte auf dem Niederwald, an dessen Fuß auf dem rechten
Rheinufsr sich das gesegnete Rüdesheim, gegenüber auf dsm
linksn Ufsr das von historischen Erinnerungen, die von der
Römerzeit bis in die Entscheidungstage des Jahres 187«
reichen, umschwebte Bingen befindet, war zuerst in einem
Aufsatze des „Rhein. Courier" schon am ersten Osterseiertage
1871 befllrwortet worden. Es bildete sich nun im November
desselben Jahres ein Ausschuß, der zu Sammlungen für das
Denkmal aufforderte. Jn jenem Aufsatze des „Rhein. Cour."
war bereits der Vorschlag enthalten, daß das Dsnkmal in
einer Kolossalstatue der Germania zu bestehen habs. Männer
wie Graf Botho zu Eulenburg, damals Regierungspräsident
in Wiesbaden, Regisrungsrat Sartorius ebendaselbst, Rudolf
v. Bennigsen widmeten ihre Kräfte dem Werke, das bald
den hohen Schutz und dis Teilnahme unseres Kaisers und
damit die Bürgschaft des Gelingens fand. Es wurde nun
eine Konkurrenz ausgeschrieben, und der Entwurf des Pro-

fessors Schilling in DreSden erhielt dsn Vorzug. Jhm wurde
1874 die Ausführung des Denkmals übertragen, zu dem am
16. Septembsr 1877 der Grundstein in Gegenwart des Kaisers
gslegt wurds. Der Kaiser that die ersten Hammerschläge,
darauf der Kronprinz und Graf Moltke. Die Urkunde, welche
der Grundstein umschließen sollte, unterzeichrzets der Kaiser
und die Kaiserin, dann die anderen hohen Persönlichkeiten,
welche der Feier beiwohnten. Die Urkunde enthält Lie fol-
genden Worts: „Steht Alle einig zu Kaiser und Reich" und
„Deutschland, Deutschland über alles." Jnzwischen arbeitete
der Schöpfsr des Denkmals mit begeisterungsvollem Fleiß
an der Ausführung unter dem Beistand einer großen An-
zahl seiner Schüler. Nach neunjähriger Arbeit war das
Riesenwerk, an dem nicht nur der Meister und seine
Schüler, sondern eine ganze Anzahl von Architekten und
Technikern des Eisengusses gearbeitst, so weit vollendet,
daß der Transport nach dem Standort und die Aufstel-
lung daselbst beginnen konnten. Zehn Tage, vom 6. bis zum
16. Juli. 'waren erforderlich, um den Hauptteil der Statue
vom Fuße des Niederwaldes auf den Unterbau des Denk-
mals zu heben. Der Transport, den Rhein entlang, war
ein Triumphzug gewesen. Am 24. Juli wurde das Brust-
stück der Status mit dem Hauptstück verbunden und am
28. Juli dsr Kopf aufgesetzt. Wir geben nun eine Be-
schreibung des Werkes, das von allen, die es schon gesehen,
als eine Schöpfung anerkannt wird, die ihrem Zweck in vollem
Maß entspricht. Mit seltenem Glück und seltenem Geschick
hnt der Künstler, haben nlle Mitarbeiter an Liesem Kolossal-
werk der Bildnerkunst die ihnen übertragene hohe Aufgabe
bis zur Vollsndung gelöst. Vor dem Denkmal, auf einer
Hochfläche des Niederwaldes, ist ein freier Platz geschaffen,
auf dem Tausends von Menschen sich bewegen können. Auf
Terrassen und Treppsn steigt man vom Rhein zu diesem
Platz empor, der von einem Geländer in weitem Bogen um-
geben ist. Die Architektur ist ein Werk des Professor Weis-
bach in Dresden. Zu beiden Seiten des Denkmals erheben
sich Sandsteinstufen, am Fuß von mächtigen Urnen begränzt.
Vor diesen Stufen erhebt sich der eigentliche Unterbau des
Denkmals, der bsi einsm Fundament von 6 m unter der
Erde sich 25 m über der Erde erhebt. Auf diesem Unter-
bau steht die 11,80 m hohe Germania. Jn der Mitte des
unteren Sockels befindet sich eine allegorische Gruppe, den
Rhein darstellend, wie er das Horn, mit .dem er die deutsche
Wacht aufgerufen, der Mosel übergiebt. Über dieser Gruppe,
an den oberen Ecken des Sockels, stehen die Statuen des
Kriegss und des Friedens. Der Krieg, mit gewaltigen Flügeln,
mit dsm Helm, aus dem Flammen schlagen, und in die
Kriegsposaune stoßend, der Friede mit dem Olivenzweig in
dsr einsn, dem Füllhorn in der anderen Hand. Zwischen
diesen Statuen ist ein großes Relief angebracht, den Kaiser
darstellsnd, wie sich um ihn die deutschen Krieger scharen.
Die Figuren sind in Lebensgröße, der Kaiser allein in der
Mitts der Gruppe zu Pferds, unter den Kriegergestalten viele
Porträts der Fürsten des Reiches, sowie der Feldherren und
Staatsmänner. Untsr dem Relief dis Worte: „Lieb Vater-
land, magst ruhig sein, fest steht und treu die Wacht am
Rhein". Auf dem oberen schmäleren Sockel, dessen unterer
Teil mit heraldischen Abzeichen, zu oberst das eiserne Kreuz,
geschmückt ist, steht die Jnschrift: „Zum Andenken an die ein-
müthige siegreiche Erhebung des deutschen Volkes und an die
Wiederaufrichtung des Deutschsn Reiches 187«—71." An
der rechtsn und lmken Seite des Sockels befinden sich Reliefs,
den Abschied und die Heimkehr des Kriegers darstellend, deren
nühere Beschreibung heute nicht gegeben werden kann, deren
eigenartige Schönheit und Vollendung aber schon die höchste
Bewunderung erweckt hat. Auf diessin Sockel steht nun, mit
der Linken auf das Schwert gestützt, in der Rechten hoch dis
Kaiserkrone für den Sieger emporhaltend, die Germania
selbst. Eine Kolossalstatue, für welche 700 Centner Erz ver-
wendet wurden, deren Guß vier Jahre Zeit erforderte. Wie
die Figuren des Krieges und Friedens von Lenz in Nürn-
berg, das vordere Relief in Lauchhammer, die Seitenreliefs
bei Gladenbeck in Berlin gegossen stnd, so ist die Statue
selbst in der Gietzerei des Herrn v. Miller in München ge-
gossen, und zwar dis einzelnen Teile in bssonderem Guß.
Die Länge des Schwertes allein beträgt 8 m, das Gewicht
desselben 6 Centner."
 
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