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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 26.1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.6190#0061

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Ausstellungen — Sammlungen

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während mehrere kleinere Bilder der Kathedrale in einem
Depot der Kirche selbst verblieben sind. Im Antwerpener
Museumskeller befinden sich ferner die aus Mecheln ge-
flüchteten Kunstwerke und zwar der Rubensaltar mit dem
Fischzug aus der Liebfrauenkirche, der Flügelaltar von
Rubens mit der Anbetung der Könige aus der Johannis-
kirche und das Kreuzigungsbild van Dycks aus der Kathe-
drale. Von einer Serie primitiver Bilder mit der Rumoldus-
Iegende sind aus dem Mechelner Dom 20 Stück in das
Museum von Antwerpen gerettet worden; der Verbleib
von vier anderen Bildern dieser Serie ist unbekannt. Die
Museen Plantin-Moretus und im Steen von Antwerpen
haben alle wertvollen Sammlungsgegenstände in ihre Keller
gebracht, wo sie noch vollzählig vorhanden sind. Daß
die Gebäude der Museen und Kirchen in Antwerpen von
der deutschen Beschießung geschont wurden und dem-
gemäß alle unversehrt geblieben sind, ist bekannt. Gent
und Brügge haben in ihren Bauten durch die Besetzung
nicht den geringsten Schaden gehabt. Daß der Genter
Altar der van Eyck aus Saint Bavo nach England gebracht
worden ist, wie anfänglich behauptet wurde, ist nach einer
Mitteilung von unterrichteter Seite unrichtig. Er ist in
Gent selbst verborgen, wie auch alle Bilder, die in Brügge
aus den Kirchen, dem städtischen Museum und dem Jo-
hannisspital zurzeit entfernt sind, sich noch in der Stadt
befinden.

AUSSTELLUNGEN

Berlin. Im Kunstgewerbemuseum wird seit kurzem
eine Auswahl moderner keramischer Plastik aus
Deutschland und Österreich gezeigt, die zu den von
der Museumsleitung organisierten Wanderausstellungen ge-
hört. Es handelt sich in erster Linie um Porzellan aus den
Manufakturen von Berlin, Nymphenburg, Meißen und aus
den Schwarzburger Werkstätten; dazu kommen Fayencen
verschiedener Provenienz, u. a. aus der Karlsruher groß-
herzogl. Majolikamanufaktur und aus den Wien-Gmundener
Ateliers, sowie einige wenige Beispiele von Steinzeug.

Unter denNymphenburger Arbeiten fallen einige ori-
ginelle Tierfiguren auf, in denen für die schwierige Aufgabe,
eine alte Stiltradition mit modernem Linien- und Farben-
empfinden zu vereinen, zum Teil recht glückliche Lösungen
gefunden werden. Die bedeutendste Künstlerpersönlich-
keit dieser Manufaktur, W a c k e r I e, beschäftigt sich mit dem-
selben Problem, erweitert aber vor allem auch die Motive
im neuzeitlichen Sinne, wobei er, zumal in seinen gra-
ziösen Damen, jedes brüske Abrücken von der klassischen
Porzellanfigur zu vermeiden weiß. Freilich führt ihn die
breitere Modellierung zum größeren Format, und es mag
— als reine Geschmackssache — dahingestellt bleiben, ob
darin eine gewisse Stilwidrigkeit gefunden werden darf.
Die plastische Behandlung ist jedenfalls glänzend und
kommt am besten in Figuren wie der »Türkengruppe« zum
Ausdruck, die mit sehr viel Geist und feinstem Verständnis
für das Material komponiert ist. Nur hapert es hier, wie
in vielen anderen Fällen, mit der Bemalung; die Skala ist noch
zu einseitig, die Farbtöne verschwimmen ineinander, es fehlt
an Kontrasten. Das liegt aber nicht am künstlerischen Ent-
wurf, sondern an technischen Schwierigkeiten, deren die
moderne Porzellanindustrie bisher nicht Herr werden konnte.
Die Auswahl der Wackerleschen Arbeiten läßt übrigens
zu wünschen übrig; man hätte erwarten sollen, daß gerade

jene leichteren, flotteren Gruppen für eine derartige Schau-
stellung bevorzugt würden.

Zweifellos gehört der ausgezeichnete, nur diskret
kolorierte Pierrot von Wackerle zu den besten modernen
Erzeugnissen der Berliner Manufaktur, die im übrigen in
der Sammlung in ihrer ganzen — leider nicht allzu erfreu-
lichen — Vielseitigkeit vertreten ist. Gerade in Berlin hat
man der Gefahr, den materialtreuen keramischen Stil zu
verlassen und in das Fahrwasser einer allgemeinen Klein-
plastik zu segeln, häufig nicht widerstanden, und wir finden
auch unter den hier ausgestellten Serien leider Beispiele
genug für die Verleugnung der Überlieferungen, an die nun
einmal das Porzellan gebunden ist und bleiben muß. Es
kommen da Genremotive, Porträts und dergl. vor, die der
einst so hervorragenden Manufaktur wirklich nicht zur Ehre
gereichen können. Am erfreulichsten sind da noch die
Figuren des Ambergschen Tafelaufsatzes, deren schwere
Modellierung und eigenartige Tönung sich durchaus im
Rahmen einer zwar neuzeitlichen, aber doch in gerader
Linie aus guten Traditionen entstandenen Auffassung hält.

Ungemischte Freude aber wird jeder, der das Porzellan
in seiner wahren Eigenart liebt, vor allem an den köst-
lichen Gruppen haben, die die Meißener Manufaktur nach
Modellen vonScheurich ausgeführt hat. Es handelt sich
um Motive aus Schumanns »Karneval« nach der Aufführung
des russischen Balletts, dem viele unserer Künstler ja so
manche Anregungen und Einfälle verdanken. Keiner in-
dess hat in so vollendeter Form seine Erlebnisse festzuhalten
vermocht, wie Scheurich in diesen Figuren, die übrigens
in der Überwindung statischer Schwierigkeiten und in der
sehr diskreten pikanten Bemalung auch rein technisch eine
Leistung darstellen, die uns zu den besten Hoffnungen auf
eine Neubelebung der sächsischen Manufaktur berechtigt.
Scheurich hat an dem kleinen Format und an der graziösen
Durchbildung des Gegenstandes festgehalten, und es ist
ihm gelungen, die fabelhafte Schmiegsamkeit und die un-
vergleichlich edle Stilisierung, die das russische Ballett aus-
zeichnen, mit aller Lebendigkeit festzuhalten.

Breit und wuchtig, aber sehr fein in der Linie und
übrigens vorzüglich in der Masse sind die übermalten
Schwarzburger Plastiken von Barlach, nach dessen
Entwurf auch Mutz zwei steinzeugartige Terrakotten von
prächtiger Monumentalität ausführte.

Unter den Fayencen seien die Karlsruher hervor-
gehoben, in denen der Majolikacharakter gut gewahrt wird,
die aber vor allem im Kolorit noch Ansätze zu einem neuen
Stil vermissen lassen. Gut modellierte Motive bieten die
Wien-Gmundener Arbeiten, vor allem in den oft recht
originellen Motiven mit spärlichem schwarzen Dekor, und
die eine oder andere der Fayencegruppen.

SAMMLUNGEN
Ein Vermächtnis Karl Köppings. Professor Karl
Köpping, der verstorbene Graphiker, der der Sachverstän-
digenkommission für das Kupferstichkabinett der Berliner
Museen bis zu seinem Tode als Mitglied angehörte, hat
den Sammlungen der Museen ein wertvolles Vermächtnis
hinterlassen. Es sind 11 Radierungen von Charles Waltner,
dem französischen Meister, der Köppings Lehrer gewesen
ist, und gleichfalls seine Hauptwerke nach Gemälden Rem-
brandts geschaffen hat, nach der Nachtwache, dem Rabbiner,
einem Selbstbildnis.

Inhalt: Dänische Franziskanerklöster, namentlich das Schleswiger. Von Rieh. Haupt. — Professor Dr. Ernst Heidrich t; Carl von Bertrab f. —
Personalien. — Aufstellung des Wildenbruch-Denkmals in Weimar. — Kunstdenkmäler in Belgien. — Ausstellung moderner keramischer
Plastik aus Deutschland und Österreich im Berliner Kunstgewerbemuseum. — Ein Vermächtnis Karl Köppings.

Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E.A.Seemann in Leipzig, Hospitalstraße IIa
Druck von Ernst Hedrich Nache., o. m. b. h., Leipzig
 
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