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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 26.1915

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Henkel, Max Ditmar: Veränderungen und Neuerwerbungen der Haager Museen
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https://doi.org/10.11588/diglit.6190#0089

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Veränderungen und Neuerwerbungen der Haager Museen

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wissenschaftlicher Gründlichkeit ergänzt und es be-
sonders durch die umfangreichen Literaturnachweise
und biographischen Notizen, mit Berücksichtigung der
von Bredius u. a. in der Zwischenzeit gemachten
Archivfunde, von denen manches an dieser Stelle zum
erstenmal veröffentlicht ist, sowie die vollständige Auf-
zählung aller vorhandenen Reproduktionen, auch der
photomechanischen, zu einem für die holländische
Kunstgeschichte unentbehrlichen Werkzeug gemacht.
Der Katalog beschreibt 741 Kunstwerke, worunter
auch verschiedene Skulpturen und einige im Depot
bewahrte Gemälde, die in dem Museum keine Auf-
stellung finden konnten, da ja auch der Raum hier
sehr beschränkt ist und für Neuerwerbungen durch
umständliche Umhängungen erst wieder Platz ge-
schaffen werden muß. Der Katalog enthält ferner
72 gute Autotypien statt der 62 Phototypien der alten
Ausgabe. Eine ausführliche Geschichte der Samm-
lung und des Gebäudes geht dem eigentlichen Katalog
voraus. Zusammen mit dem sehr praktischen Register
auf alle im Katalog vorkommenden Namen der Künstler
und porträtierten Personen zählt das Werk XXXVII
und 528 Seiten.

Sehr wesentliche Verbesserungen und Verände-
rungen sind auch im Städtischen Museum im Haag
vorgenommen. Die Zustände waren dort infolge Raum-
mangels und zum Teil dadurch hervorgerufener Über-
füllung der Säle und unübersichtlicher Aufstellung
nachgerade unhaltbar geworden. Der neuen Direktion,
dem städtischen Archivar Dr. H. E. van Gelder und
dem Unterdirektor Fräulein J. C. J. Peelen, kommt
das Verdienst zu, hier endlich Wandel geschaffen zu
haben. Die sehr reichhaltigen und verschiedenartigen
Sammlungen sind einer völligen Neuordnung unter-
zogen worden. Die Räume selbst haben durch eine
geschmackvollere Einrichtung, so unter anderem durch
die neue Wandbekleidung, Bespannung mit Rupfen
von neutralen, diskreten Farben, durch die Entfernung
der Öfen, die durch die kürzlich angelegte Zentral-
heizung überflüssig geworden sind, sowie durch die
veränderte Einteilung und Aufstellung der Gegenstände
außerordentlich gewonnen, so daß die Sammlungen
erst jetzt eigentlich nach Gebühr gewürdigt werden
können.

Der Neuordnung ist eine Sichtung des Materials
vorhergegangen; einen großen Teil der früher aus-
gestellt gewesenen Gegenstände hat man dem Depot
überwiesen. Man ist dabei nach folgenden Gesichts-
punkten vorgegangen. Entfernt hat man alle photo-
mechanischen Reproduktionen, sowie Zeichnungen und
Stiche, die jetzt mit den nicht ausgestellt gewesenen
in Mappen vereinigt sind, ferner, da ja das Museum
in erster Linie der Kunst des Haags gewidmet, die
Gemälde, die weder von Haager Meistern sind, noch
zu der Stadt Haag irgendwelche Beziehungen haben.
Auch die weniger bedeutenden Gemälde solcher Haager
Meister, die durch mehr als ein Werk vertreten sind,
ebenso wie verschiedene Gegenstände von geringem
Kunstwerte sind ins Depot gewandert. Obwohl der
Raum in dem alten Schützengebäude auch für die
auf diese Weise verringerte Sammlung immer noch

sehr beschränkt ist und die Gegenstände in dem nach
dem Hofe gelegenen Parterrezimmer, sowie im Vestibül
und im Treppenhaus wegen der dort herrschenden
schlechten Beleuchtung noch recht unzulänglich unter-
gebracht sind, bedeutet die Neuordnung doch einen
enormen Fortschritt, und verschiedene Räume, so be-
sonders der große Parterresaal mit der keramischen
Sammlung, entsprechen allen Anforderungen, die man
an eine zweckmäßige und geschmackvolle Aufstellung
solcher Gegenstände stellen kann.

Die wichtigsten Abteilungen des Museums bilden
die Gemäldegalerie alter und neuer, vorzugsweise
Haager Meister und die keramische Sammlung. Auf
beiden Gebieten sind sehr bemerkenswerte Neuerwer-
bungen zu verzeichnen. Von alten Gemälden ver-
dienen Beachtung zwei kleine, hübsche Stilleben
(Nr. 495 und 496), fein ausgeführte Arbeiten eines
unbekannten holländischen Künstlers um 1660,
und eine Landschaft, die der Katalog mit einem gewissen
Vorbehalt Reinier van der Laeck zuweist, einem
Haager Künstler, der bei van Goyen gelernt hatte,
dessen Einfluß dieses Werk auch nicht verleugnen kann.
Ähnlich wie bei van Goyen liegt der in dunklen
braunen Tönen gehaltene Vordergrund im Schatten,
während der grau grüne Hintergrund schwach von der
Sonne beleuchtet wird; im Hintergrund erhebt sich
hinter einer Hecke ein langgestrecktes, niedriges Ge-
bäude, das Schloß Nieuwburg in Ryswyck beim Haag.
Ebenfalls wie bei van Goyen nimmt der Himmel, an
dem grau-blaue Wolken ziehen, einen großen Platz
in dem Gemälde ein. Das Werk ist v. Laeck be-
zeichnet und 1644 datiert; Arbeiten dieses Meisters
sind selten. Das Museum besitzt noch eine Beweinung
des Adonis, die R. v. d. Laeck bezeichnet ist Da je-
doch beide Bilder in Vorwurf und Ausführung sehr
voneinander abweichen, so trifft vielleicht Frl. J. Peelen
mit ihrer Vermutung das Richtige, daß das neuerwor-
bene Werk nicht eine Arbeit von Reinier, sondern von
seiner Schwester ist, die auch gemalt hat, von der
aber keine sicheren Werke bestehen. Die Beweinung
des Adonis erinnert an die Sachen von Poelenburgh,
ist jedoch in der Malerei kräftiger und energischer,
nicht so porzellanartig glatt, die Figuren sind derber,
nicht so süßlich-idealistisch, die Auffassung ist natura-
listischer, ursprünglicher; dadurch sowie durch die
nicht gewöhnliche Farbengebung, das bleiche Weiß
der nackten Körper, das Braun des Mantels, auf dem
der tote Adonis liegt, den dunklen Wolkenhimmel
und das grelle Rot des etwas ungeschlachten Amors
hat das kleine Werkchen seinen eigenen Charakter. —
In der modernen Galerie bilden die Porträts von Haager
Persönlichkeiten eine besondere Abteilung; als neu
fielen mir auf ein Bildnis des ehemaligen hollän-
dischen Ministerpräsidenten Abraham Kuyper, ein
Aquarell von Haverman. Von demselben Künstler
hing in dem Oberlichtsaal, in dem die modernen Ge-
mälde untergebracht sind, eine andere wertvolle Neu-
erwerbung, eine Amme mit einem kleinen Kind, eben-
falls in Wasserfarben ausgeführt, ein feines, gefühlvolles
Werk. Ferner wurde die Sammlung um zwei ziem-
lich frühe Arbeiten von Matthys Maris bereichert,
 
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