Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 26.1915

DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6190#0093

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
167

Sammlungen

168

berechtigen zu der Hoffnung, daß es auch im nächsten
Sommer wohl gelingen wird, das Interesse einer großen
künstlerischen Ausstellung zu sichern.

Straßburg i. Eis. Im Elsässischen Kunsthaus

veranstaltet während des Monats Dezember der Elsaß-
Lothringische Kunstgewerbeverein eine kleine kunst-
gewerbliche Ausstellung. Der Keramiker August Her-
borth, der Vertreter dieses Faches an der Sraßburger
Kunstgewerbeschule, zeigt zahlreiche neuere Arbeiten, dar-
unter mehrere ganz gute figürliche, ferner Porzellane, die unter
seiner Leitung von Schülerinnen hergestellt wurden. Be-
merkenswert sind die elsässischen Spitzen, die vielleicht
dazu berufen sind, in Deutschland den Brüsseler Spitzen mit
der Zeit den Rang abzulaufen. Die noch junge elsässische
Spitzenindustrie hat rasch Fortschritte gemacht, sowohl was
die Gefälligkeit der Muster und die technische Vollendung
der Ausführung betrifft, als auch inbezug auf die zunehmende
Nachfrage, deren sie sich zu erfreuen hat. k.

SAMMLUNGEN

® Berlin. Kaiser-Friedrich-Museum. Die Neuein-
richtung eines Saales, in der Gemäldegalerie, über die wir
kürzlich ausführlich berichteten, hat einige weitere Ver-
änderungen innerhalb des Museums zur Folge gehabt, da
die plastische Abteilung durch Entnahme der Gemälde ent-
lastet wurde, und so Platz geschaffen ist zur Aufstellung
einiger für das künftige deutsche Museum bestimmter Neu-
erwerbungen. Die Umordnung betrifft in der Hauptsache
den sog. romanischen Saal, in dem von Gemälden jetzt
nur mehr die drei westfälischen Altarbilder verblieben. Der
gewonnene Raum kam einigen bisher zwischen den Fen-
stern fast unsichtbar aufgestellten Stücken zugute, und vor
allem konnten bei dieser Gelegenheit die drei hochbedeu-
tenden Werke romanischer Holzschnitzkunst, die in Naum-
burg erworben wurden, zur Ausstellung gebracht werden.
Es ist ein Crucifixus und die wohl zu ihm gehörige trauernde
Maria, der Rest einer großartigen Kreuzigungsgruppe,
wie sie ähnlich im Naumburger Dom und in Wechselburg
erhalten sind. Das dritte Stück, eine kniende Gestalt, sehr
wahrscheinlich der Christus einer Ölberggruppe, ist sti-
listisch am schwersten zu behandeln, kann aber ebenfalls
nicht wohl anders als ins 13. Jahrhundert versetzt werden.
Trotz der argen Beschädigung des Gesichtes ist der Ein-
druck einer tiefen Innerlichkeit geblieben, und die Figur
besitzt eine ernste Größe, die keine spätere Zeit mehr er-
reichte. — Auch in dem Durchgangsraume zur Basilika,
in dem die Neuerwerbungen für das deutsche Museum
ihren Platz finden, wurden bei dieser Gelegenheit einige
Veränderungen vorgenommen. Die rechte Langwand ge-
wann sehr durch die Einfügung eines breiten Mittelstücks,
das sie für den Eindruck deutlich in zwei Hälften aus-
einanderlegt. Es ist der frühkölnische Flügelaltar, der aus
der Sammlung Brenken in den Besitz des Kaiser-Friedrich-
Museums gelangte. Man erinnert sich, daß Friedländer
gelegentlich des Streites um die Echtheit der Madonna
mit der Wickenblüte in einem Aufsatz der Zeitschr. f. bild.
Kunst bereits auf dieses Stück hinwies und auf die ganz
analoge Sprungbildung aufmerksam machte. Das Werk
geht stilistisch mit der unter Meister Wilhelms Namen
zusammengefaßten Bildergruppe aufs engste zusammen.
Von Neuerwerbungen deutscher Plastik ist hier noch das
in den Kreis des Adam Krafft gehörige Steinfigürchen einer
Wappenhalterin zu nennen, das Demmler im letzten Hefte

der Amtlichen Berichte eingehend behandelte, und eine
Pietä aus der salzburgischen Gegend, die in der ersten
Hälfte des 14. Jahrhunderts entstanden sein dürfte.

Von der Dresdner Galerie. Bevor Galeriedirektor
Dr. Posse ins Feld rückte, hat er noch eine wichtige neue
Anordnung in der Galerie vorbereitet: die neue Aufstellung
von vier der sechs altniederländischen Teppiche, die vor-
her mit den Raffaelschen Teppichen gemeinsam in dem
runden Oberlichtsaale der Galerie hingen. Sie hingen dort
seit dem Jahre 1853, nachdem Geh. Hofrat Dr. Schulz es
durchgesetzt hatte, daß sie endlich aus den Vorräten des
Königl. Schlosses herausgenommen und der Galerie ein-
verleibt wurden. Sie waren hier erstaunlich unglücklich
aufgestellt, nämlich in fast senkrechtem Licht, das gewirkten
Bildern jede Wirknng nimmt. Kein Mensch ahnte, welche
Schätze die Galerie in diesen Teppichen besaß, denn von
der wundervollen Farbenpracht, von der wunderbaren Er-
haltung der Teppiche war in dieser Aufstellung rein nichts
zu sehen. Wie wenig Aufmerksamkeit man den Teppichen
schenkte, geht auch daraus hervor, daß erst im vorigen
Jahr zum ersten Male ein Dresdner Kunstgelehrter auf den
Zusammenhang zwischen einigen dieser Teppiche und
bekannten Dürerschen Stichen aufmerksam gemacht hat:
Ernst Kumsch in den Mitteilungen aus den sächsischen
Kunstsammlungen, Jahrgang IV, 1913. Die Teppiche zer-
fallen in zwei Gruppen: zwei, nämlich das Abendmahl
und die Himmelfahrt tragen die Ursprungsmarke von
Brüssel, die erst 1528 eingeführt worden ist; Kumsch setzt
sie daher ungefähr in das Jahr 1532 und schreibt sie dem
Bernard van Orley zu. Die vier andern, nämlich Christus
am Kreuz, Anbetung der Hirten, Kreuztragung und Himmel-
fahrt, tragen das Brüsseler Ursprungszeichen nicht und
sind weit besser, ohne alle Verzerrungen oder Falten in
der Zeichnung gewebt, sie sind so prachtvoll im Glänze
der Farben und des Goldes, daß man voller Bewunderung
davor steht und nicht begreift, wie solche Schönheit durch
die ungeschickte Aufhängung von 1853 so vollständig tot
gemacht werden konnte. Sie sind durch Posses neue Auf-
stellung geradezu neu gewonnen worden und bilden von
nun an Glanzstücke der Dresdner Galerie. Angebracht
sind sie in der Mitte der langen Niederländer-Galerie, wo
sie durch Seitenlicht von Norden in ihrer ganzen Schön-
heit zur Geltung kommen. Einige Kabinette sind hier in
einen einzigen Raum verwandelt worden, durch einen ge-
webten olivgrünen Wandstoff und dunkelbraunes Holzwerk
ist ein ruhiger Hintergrund geschaffen; auf vier Scher-
wänden hängen einige wenige Gemälde von Ruisdael,
Hobbema und Metsu, sowie Vermeers Briefleserin zwischen
den zwei kleinen Bildnissen von Frans Hals, so daß eine
Art Tribuna von Meisterwerken der holländischen Kunst
entstanden ist. Ganz besonders schön kommt das Ver-
meersche Bild, eine wahre Perle der Galerie, jetzt zur
Geltung. Der ganze Raum aber wirkt überaus vornehm
harmonisch und zeigt wiederum von dem ausgezeichneten
Geschmack Posses, der sich bis auf jede Kleinigkeit, wie
die Wahl der Stühle, erstreckt. Man braucht nur den be-
nachbarten Raum mit der mehlgrauen Bemalung des Holzes
anzusehen, um das Gegenbeispiel mangelnden Farben-
geschmacks von 1853 zu sehen. Die geschmackvolle Neu-
aufstellung der vier niederländischen Teppiche dürfte einst-
weilen die Veränderungen in der Galerie abschließen, da
die hierfür bewilligten Mittel zunächst erschöpft sind. Der
stellvertretende Direktor Geh. Regierungsrat Dr. Lehrs über-
gab dieser Tage den neuen Raum der Öffentlichkeit. ^

Inhalt: Veränderungen und Neuerwerbungen der Haager Museen. Von M. D. Henkel. — Zu Cranachs Darstellungen des Herkules unter den
lykischen Mädchen. Von Karl Simon. — Josef Folnesicsf; Dr. Werner Hirschfeld t; Dr. Paul Hauser t- — Personalien. — Wettbewerb
um das neue Baseler Museum; Wettbewerb für das Kolonial-Kriegerdenkmal; Wettbewerb für die Neugestaltung des Hauptpostgebäudes
in Essen; Wettbewerb für eine Friedhofsanlage der Stadt Stockholm. — Enthüllung eines Denkmals für Dr. |oh. H. Burchard. — Wiener
Kunstleben im Kriege. — Ausstellungen in Düsseldorf, Berlin, Straßburg i. Eis. — Kaiser-Friedrich-Museum, Berlin; Von der Dresdner Galerie.

Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E.A.Seemann in Leipzig, Hospitalstraße IIa
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h., Leipzig
 
Annotationen