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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 26.1915

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Ehrenberg, Hermann: Eine Demütigung J. G. Schadows, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6190#0111

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203

Eine Demütigung J. 0. Schadows

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J. O. Schadow, Entwurf für das Zimmermann-Denkmal in Königsberg. (Königsberg, Staatsarchiv.)

des verdienstvollen Kaufmann Zimmermann. Man hatte
dem dortigen Baurat Müller die Zeichnung dazu über-
tragen, welche, sonderbar genug, hier eingieng, als die
halbe Arbeit gethan war.« Wirkliche Schwierigkeiten
begannen nach Ausweis der Akten, als Schadow, was
wir als sein gutes und selbstverständliches Recht an-
sehen möchten, einiges an den Müllerschen Zeich-
nungen ändern wollte. Müller fühlte sich dadurch
in seiner Künstlerehre gekränkt und scheint sofort
das Vorsteheramt der Kaufmannschaft gegen Schadow
scharf gemacht zu haben. Wir sind wenigstens über-
rascht, in einem Briefe desÄVorsteheramts an Müller
am 20. Mai plötzlich recht kriegerische Töne zu ver-
nehmen: »Wir müssen auf strenge Ausführung (Ihrer
Zeichnungen) gemäß dem Vertrage dringen. Wir
haben den verlangten Preis ohne Abzug bewilligt,
die jetzigen Abänderungen scheinen aber eine Er-
sparung an Material zu verraten. Wir bitten Sie, die
Sache mit Schadow zu arrangieren, damit wir der
Unannehmlichkeit überhoben werden, im Wege Rechtens
unsere Ansprüche gegen Schadow durchzusetzen.«
Wolff hatte zunächst einen verbindlichen und entgegen-
kommenden Brief an Schadow aufgesetzt, worin er
dessen Vorschläge billigte, man hege »das Vertrauen
zu seinem Kunstgeschmack, daß durch die Änderung
das Ganze von seinem Ansehen nichts verlieren würde«.
Aber dieser erste Briefentwurf ist durchstrichen worden
und unter dem Einfluß Müllers und seiner Freunde
hat dann Wolff am 9. Juni Schadow an Müller ver-
wiesen, »da ich nicht in der Lage bin, die Zweck-

mäßigkeit der Änderung zu beurteilen«. Müller trium-
phierte also, Schadow aber war mit Recht außer sich.
Man mutete ihm zu, Skizzen eines in weiteren Kreisen
gänzlich unbekannten Oberbaudirektors buchstäblich,
gewissermaßen rein handwerklich in Marmor zu über-
tragen, während er, der angesehene und gefeierte
Künstler, sie doch nur als Anhalt, wie man sich das
Denkmal in Königsberg ungefähr dachte und wünschte,
betrachten konnte. In seiner Aufregung schrieb Scha-
dow die folgenden eigenhändigen Briefe an den Ober-
bürgermeister Deetz.

1. Mit denen Herrn Bestellern des Denkmal Zimmer-
mann bin ich zerfallen, ehe sie die p. Arbeit gesehen
haben — die ich dem Contracte zufolge Mitte September
fertig bekomme. Um dies zu leisten, hat von dem Tage,
wo Sie unterschrieben und den Vorschuß gaben — nicht
dürfen losgelassen werden. Drei Monate nachher hat der
Reg. Rath Müller denjenigen architectonischen Riß ge-
schickt, wonach gearbeitet werden sollte, mit dem Zusätze:
»nicht im geringsten davon abzuweichen«. Die architec-
tonische Arbeit war fertig, denn wie hätte ich zu rechter
Zeit mit den drei Figürchen können fertig werden — und
da ich solche nach der ersten Scizze des H. Müller solte
arbeiten lassen, konnte die Arbeit mit dem nachgeschickten
Risse nicht genau übereinstimmen. Dies schrieb ich Herrn
Müller, und dieser antwortete mir — : dann wäre es mit
der Arbeit nichts, ich möchte geradezu mit den Bestellern
mich suchen zu einigen. Ich schrieb an Herrn Geh. Comra.
Rath Wolf, der den Contract unterschrieben hat: wie das
gekommen, wie Herr Müller mir 9 Zeichnungen zu den
3 Figurchen geschickt hätte, die ich alle hätte entbehren
 
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