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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 26.1915

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253

Personalien

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In Richard Muthers »Geschichte der Malerei«, die so
viele gute Worte für die seit längerem toten und so we-
nige für die lebenden Hamburger Maler übrig hat, be-
gegnen wir dem folgenden Absatz: »In Hamburg lebt,
von wenigen gekannt, als einer der feinsten Landschafter
und Tiermaler der Gegenwart, Thomas (Ludwig) Herbst,
der die idyllischen Winkel der alten Hansastadt, die grünen
Wiesen bei Blankenese mit zarter Versenkung und stim-
mungsvoller Delikatesse schildert«. Die mehr als zwanzig
Jahre, die seit Niederschrift dieses Urteils vergangen sind,
haben an dem Lebensgang und -Wirken des Künstlers
nichts geändert. Es kann heute — nachdem er am 19. Ja-
nuar d. J. die Augen geschlossen hat — ebenso als Summe
dieses Lebens gelten, wie zu der Zeit, da er auf der Höhe
seines Schaffens gestanden. »Von wenigen gekannt« ist
er auch heute noch, und erfüllt von »zarter Versenkung
und stimmungsvoller Delikatesse« sind seine Bilder, die
immer seltener wurden und nur ganz vereinzelt auf lokalen
Ausstellungen ausgehängt waren, da sie meistens von der
Staffelei hinweg in Sammlerhände übergingen, bis zuletzt
geblieben. Herbsts Stellung in der Hamburger Künstler-
gemeinde war durch seine, auf landsmannschaftliche Sym-
pathien aufgebaute Beziehungen zu den maßgebenden ge-
sellschaftlichen Kreisen so geartet, daß er auch in nicht
wenigen Fragen des öffentlichen Kunstlebens in seiner
Vaterstadt Hamburg einen bestimmenden Einfluß auszuüben
vermochte. Sein Rat wurde gesucht und sein Veto gab in
wichtigen kunstkommissarischen Verhandlungen nicht selten
den Ausschlag. Von allen Schulen, die er durchlaufen —
Berlin (wo er 1866—69 zusammen mit Liebermann bei
Steffeck studierte), Weimar, Düsseldorf, Paris —, hat die
Kunst der Seinestadt auf seine eigene Kunst am stärksten
abgefärbt, ohne daß indes seine ausgeprägte Eigenart
zurückgedrängt worden wäre. Er hat diese vielmehr mit
ruhiger Sicherheit auch über alle jene zahlreichen Wand-
lungsprozesse hinweg gewahrt, deren Schauplatz Hamburg
unter der Einwirkung des fruchtlos gebliebenen Strebens,
eine besondere Hamburger Note in der modernen Kunst
zu schaffen, in der letzten Zeit des jetzt entschlafenen
Künstlers gewesen ist. Thomas Herbst war am 27. Juli
1848 geboren. h. e. w.

PERSONALIEN
Florenz. Dr. Kurt Zoege von Man teuf fei ist mit

der Vertretung von Dr. von der Gabelentz, der im Felde
steht, betraut worden und übernimmt bis auf weiteres die
Leitung des kunsthistorischen Instituts in Florenz.

Die Stelle des Stadtbaurats in Dresden ist seit dem
Tode Hans Erlweins noch nicht wieder besetzt, ja auch
noch nicht einmal wieder ausgeschrieben worden. Die
Stadtverordneten haben diese Angelegenheit in der Absicht,
sie einige Zeit zu verschieben, noch nicht auf die Tages-
ordnung gesetzt. Indes bemühen sich schon jetzt einige
mehr oder minder bekannte Architekten um die Stellung,
andererseits bemühen sich eine Reihe Privatarchitekten um
eine Besetzung der bedeutsamen Stelle in der Richtung,
daß die Stelle nicht wieder mit einem hervorragenden
Architekten besetzt werde, der alle städtischen Bauten selbst
ausführt, sondern mit einem architektonisch gebildeten Ver-
wallungsbeamten, der den Privatarchitekten das Entwerfen
der städtischen Bauten überlassen und ihnen dadurch Ver-
dienst verschaffen würde. Alle städtischen Bauten sollten
künftig dem öffentlichen Wettbewerb im weiteren oder
engeren Kreise überantwortet werden. Es ist klar, daß das
nichts anderes hieße, als das Werk, das Hugo Erl wein
nach jahrelangen Irrungen in Dresden mit starker Hand
und so glücklich begonnen hat, wieder aufgeben und die

Stadt architektonisch dem Zufall überlassen. In dieser Er-
kenntnis hat sich die Hochbau-Abteilung der Technischen
Hochschule zu Dresden mit einer Eingabe an das Stadt-
verordneten-Kollegium gewendet, worin sie entschieden
dafür eintritt, daß die Stelle des Dresdner Stadtbaurats
wieder mit einer ganzen reifen Persönlichkeit im Sinne
Erlweins besetzt werde zum Heile Dresdens. Diese Dar-
legung ist nicht für Dresden, sondern für die Stellung der
Stadtbauräte überhaupt so wertvoll, daß wir sie als ein
Zeichen der neuen städtebaulichen Anschauung im künst-
lerischen Sinne hier vollständig wiedergeben. Es heißt da
nach der Einleitung:

»Bei der Neubesetzung der Stelle des Stadtbaurates für
Hochbau können nach dem Vorgange anderer Großstädte
drei verschiedene Möglichkeiten in Betracht gezogen
werden, und zwar:

1. Eine Aufteilung der bisher in einer Hand vereinigt
gewesenen Aufgaben auf mehrere gleichgestellte Stadtbau-
räte, was also gleichbedeutend wäre mit einer Selbständig-
machung verschiedener Bauinspektoren, von denen jeder
einen bestimmten Stadtbezirk oder eine bestimmte Auf-
gabengruppe (der eine z. B. Schulen, der andere Kranken-
häuser usw.) zu bearbeiten hätte. In dieser Art ist z. B.
Münchens städtisches Bauwesen eingerichtet.

2. Ein Verzichten auf selbständige künstlerische Tätig-
keit des Stadtbaurates, indem man an dessen Stelle einen
Verwaltungstechniker beruft, der seinerseits für bau-
künstlerische Aufgaben Privatarchitekten heranziehen müßte,
während er selbst sich darauf zu beschränken hätte, die
technische Ausführung und die finanzielle Behandlung der
Aufgaben verantwortlich zu decken.

3. B e i b e h a 11 u n g des bisher in Dresden durchgeführten
Systems, also Berufung einer baukünstlerisch wie verwal-
tungstechnisch gleichbewährten Kraft, die im Sinne Erlweins
die Bauaufgaben der Stadt Dresden zu lösen hätte. Soviel
bekannt, sind schon zu sämtlichen drei Möglichkeiten An-
regungen von verschiedener Seite an die maßgebenden
Stellen gerichtet und Gründe für und wider ins Feld ge-
führt worden. Daher möchte auch die Hochbau-Abteilung
kritisch Stellung zu diesen drei Möglichkeiten nehmen.

Zu 1. Das System der Aufteilung unter mehreren
gleichberechtigten Bauräten mag ausnahmsweise für eine
Stadt wie München angängig gewesen sein, die auf eine
sonst kaum zu findende Einheitlichkeit in ihrer baukultu-
rellen Entwicklung blicken kann, und in welcher viel mehr
als anderswo auch von einer einheitlichen Geschmackser-
ziehung, einer einheitlichen modernen Stilempfindung und
damit auch einer einheitlichen lokal gefärbten baukünstle-
rischen Leistung verschiedener gleichzeitig nebeneinander
arbeitender Architekten gesprochen werden kann. Daher ist
auch in München bei dem Nebeneinanderarbeiten von Leuten,
wie Grässel, Fischer und Hocheder, bisher keine Unstimmig-
keit in das Stadtbild gekommen. Es sind dies aber lokale
Verhältnisse, die sich auf Dresden nicht übertragen lassen
dürften. Es wäre vielmehr zu befürchten, daß hier bei dem
starken Widerstreit der künstlerischen Richtungen moderner,
eklektischer und konservativer Art sich in der städtischen
Baukunst alsbald ein Widerstreit bemerklich machen würde,
der die bisher von Erlwein angestrebte Einheitlichkeit in
nachteiligster Weise stören könnte. Auch will es nicht
richtig scheinen, durch eine solche Teilung, die ein gegen-
seitiges Übertrumpfen nahelegt, den Ehrgeiz gleichgestellter
Beamten in einer der amtlichen Aufgabe vielleicht nicht
immer dienlichen Weise aufzustacheln. Endlich aber scheint
Dresden nicht groß genug zu sein, um mehreren hervor-
ragenden beamteten Baukünstlern zugleich und nebenein-
ander genügend Bauaufgaben zu geben, und so würde die
Gefahr bestehen, daß die einzelnen Bauräte zu wenig Arbeit
 
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