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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 26.1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.6190#0173

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327

Literatur

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nicht zu erklären, ob und was die Hände allenfalls trugen.
Die charakteristischen Züge der Julio-Claudischen Familie
sind in dem Gesichte des Knaben unverkennbar, wenn er
auch nicht mit einem bekannten Mitglied derselben zu
identifizieren ist. Gewiß darf der ungefähr zwölfjährige
Knabe als ein Prinz der Julio-Claudischen Familie bezeichnet
werden. — Obwohl aus römischer Zeit, ist die Statue durch
und durch griechisch gefühlt und in die idealisierenden
Tendenzen der früheren griechischen Kunst durchaus einge-
taucht. Sie kann nicht später als am Ende des ersten vor-
christlichen Jahrhunderts entstanden sein; die augusteische
etwas trockene Eleganz fehlt noch. Nicht allein Auffassung
und Stil, sondern auch die Gewandung — Himation statt
der üblichen Toga — lassen auf den griechischen Meister
schließen. Eine blau-grüne Patina bedeckt jetzt die Bronze
statt des ursprünglichen reichen Goldtones, den die Alten
so lange als möglich zu bewahren suchten. m.

LITERATUR

Handbuch der Kunstgeschichte von Anton Springer.
I. Das Altertum. Zehnte vermehrte Auflage. Nach
Adolf Michaelis bearbeitet von Paul Wolters. Mit 1047
Abbildungen im Text, 16 Farbendrucktafeln und 1 Gra-
vüre. Alfred Kröner Verlag in Leipzig, 1915. X und 578 S.
Was Adolf Michaelis' »Handbuch der Kunstgeschichte
des Altertums« in seinen vorhergegangenen neun, respek-
tive sechs Auflagen von der umgewandelten vierten an
für das Studium und für die weiteren an der antiken Kunst
interessierten Kreise bedeutet, wie dieses Werk als die
Summe der Lebensarbeit des am 13. Aug. 1910 verstorbenen
Straßburger Archäologen betrachtet werden darf, hat Eugen
Petersen in maßgeblicher Weise in der Würdigung von
Adolf Michaelis an dieser Stelle (Zeitschrift für bildende
Kunst N. F. XXII. Jahrg. S. 190 ff.) ausführlich dargelegt.
Als Michaelis selbst mitbestimmte, daß Paul Wolters die
bald notwendig gewordene 10. Auflage bearbeiten sollte,
da wußte er, daß sein Werk in die denkbar besten Hände
gelangen werde und daß an seinen Grundlagen gar nichts
von dem pietätvollen Kollegen und gleichstrebenden Ge-
lehrten umgeändert werden würde, und nur hinzugefügt,
was die in archaeologicis so rasch fortschreitende Zeit
verlangte. So liegt also auch in Paul Wolters' Bearbei-
tung der alte Michaelis vor uns, allerdings auf die For-
schnug des Tages erweitert und vorwärts gebracht. Und
auch der Übergang des Springerschen Handbuches aus
dem E. A. Seemanschen Verlag in den von Alfred Kröner
hat nichts an den äußeren und inneren Qualitäten des
deutschen Standardwerkes für das Studium der antiken
Kunst geändert.

Nur um 14 Seiten hat sich der Band in der neuen
Auflage vergrößert, die durch das Anwachsen der Text-
abbildungen von 995 auf 1047 zum größten Teil notwendig
geworden sind. Der eigentliche Text, diese so lesbare Dar-
stellung, ist wohl nur in den ersten Abschnitten gewachsen
»Die Anfänge der Kunst« und »Der Orient«, deren Be-
arbeitung Wolters, von der Ansicht ausgehend, daß das ganze
weite Gebiet von einem einzelnen Forscher kaum mehr
umspannt werden kann, solchen Autoritäten dafür wie Karl
Schuchhardt und Fr. W. von Bissing anvertrauen konnte,
während Michaelis für die ihm fremder liegenden Gebiete
die Spezialisten nur konsultiert hatte. Mit dem Eintreten
von Bissings ist auch eine Änderung der ägyptischen
Namensschreibungen vorgenommen worden. Die Zahlen
am Rand (Verweise auf Winters »Kunstgeschichtliche Bilder-
bogen«) sind jetzt weggefallen. Im einzelnen aufzuführen,

welche Zusätze und kleine Änderungen Wolters' Neube-
arbeitung gebracht hat, ist hier nicht die Stelle. Als ein
Beispiel der gewissenhaften Aufarbeitung des neuen Stoffes
sei u. a. die Aufnahme der Rekonstruktion des Prachtzeltes
Ptolemaios II. (Abb. 699) nach Studniczka »Das Symposion
Ptolemaios II.« erwähnt, die gleichzeitig mit dem Druck von
Michaelis-Wolters erschienen ist. Noch immer sind den
Einwirkungen der hellenistischen Kunst auf Zentralasien
trotz Grünwedel, Sven Hedin und Aurel Stein nur wenige
Zeilen gewidmet und die Bezeichnung Gandhara fehlt
überhaupt in Text und Register.

In der äußeren Einteilung des Stoffes hat sich nichts
geändert, außer daß »Troja« und »Die römische Kunst in den
Provinzen« besondere Abschnitte bilden. Statt der Farben-
drucktafel »Vasenstile« finden wir jetzt »Wandmalereien
des älteren und jüngeren Palastes in Tiryns« als Resultate
neuester deutscher Forschung. Hinzugetreten ist dann noch
der farbige »Löwe von Babylon«. Über den Kösterschen
»Literaturnachweis« ist nichts bemerkt.

So wandelt mitten im Kriege dieses hervorragende
Zeugnis deutscher Gelehrsamkeit und deutscher Gründlich-
keit neu ins eigene Volk und unter die fremden Nationen.
Denn auch unsere Feinde können ohne die Neuauflage von
Springer-Michaelis-Wolters nicht auskommen.

Max Afaas-München.

Curt von Peter, Venezianische Malerei. Ein Essay. Berlin,
Verlag von Leonhard Simion Nachf. 1914. Preis brosch.
M. 1.20, geb. M. 2.—.
Auf 44 Seiten gibt der Verfasser einen raschen Über-
blick über die venezianische Malerei von den Mosaiken des
Mittelalters bis zu Tiepolo, ohne Neues mitzuteilen, b.

Otto Ubbelohde, Städte und Burgen an der Lahn.
20 Zeichnungen. Marburg, N. G. Elwertsche Verlags-
buchhandlung (G. Braun). Preis 3 Mark.

Den beiden Heften: »Alt-Marburg« und »Rings um
Marburg« stellt sich diese schöne Federzeichnungssammlung
Ubbelohdes ebenbürtig zur Seite. In großzügiger und zu-
gleich feinfühliger Weise sucht der Künstler der Landschaft
an der Lahn neue Freunde zu werben und von der Schön-
heit ihrer malerischen und aussichtsreichen Städte und
Burgen ein Bild zu geben. b.

Dr. Alois Wurm, Kunst und Seele. Band I. »Vom inner-
lichen Christentum.« 4°. 67 S. Text, 60 Vollbilder in
Mattkunstdruck. Geb. M. 5.—. Verlag der Kunstanstalten
Josef Müller, München.

Das vorliegende Buch beabsichtigt die christliche Kunst
nicht vom Gegenstande aus, sondern vom Geiste aus, in
dem der Gegenstand behandelt wird, einer Besprechung
zu unterziehen. Eine Art Psychologie des christlichen
Lebens wird gegeben, wobei die ausgewählten Abbildungen
die Gedanken des Autors beleben sollen. Die Religion
wird als formbildendes Prinzip aufgezeigt, das Ideal eines
innerlichen Christentums vor Augen geführt. Sechzig Voll-
bilder in Quartformat, ausgeführt in der manchmal etwas
weichlich wirkenden Technik des Mattkunstdruckes, führen
von Cimabue bis zu Maurice Denis, Wilhelm Steinhausen,
Hans Thoma, Fritz von Uhde und Leo Samberger. Inter-
essant ist die erstmalig gegebene Abbildung eines Lebens-
brunnens von der Hand eines unbekannten Meisters (das
Kreuz mit dem Erlöser innerhalb eines großen Brunnen-
randes, mit der Madonna und Johannes auf dem Brunnen-
rande und gläubigem Volke ringsum) in der Casa de Miseri-
cordia zu Oporto. b.

Inhalt: Erklärung. Von Dr. v. Falke. — Friedrich Dörnhöffer und die k. k. Staatsgalerie in Wien. Von Ludwig von Baldass. — Regierungs-
baumeister Wilhelm Bohnsack f. — Personalien. — Zum Wiederaufbau in Ostpreußen. — Ausstellungen in Berlin und München. — Er-
neuerungsarbeiten in Schinkels Bau des Berliner Alten Museums; Neuerwerbung einer Bronzestatue durch das New Yorker Museum. — Literatur.

Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E.A.Seemann, Leipzig, Hospitalstraßella
Druck von Ernst Hedrich Nachf., q. m. b. h., Leipzig
 
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