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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 26.1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.6190#0176

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Ausstellungen — Sammlungen

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geringeren Wertes. Vollkommen den Tatsachen entspricht
das, was flämische Zeitungen seinerzeit berichteten: daß
die wertvollsten Sachen aus dem durch die Beschießung
sehr mitgenommenen Mecheln glücklich nach Antwerpen
gerettet sind. So vor allem aus der Kathedrale St. Romuald
der van Dycksche »Christus am Kreuz« und die fünfund-
zwanzig hölzernen Tafeln, mit Bildern aus der Legende
des heiligen Romuald, von Mechelner Künstlern Ende des
fünfzehnten Jahrhunderts. Fünf oder sechs von diesen
Tafeln haben gelitten. Aus der St. Janskircke ein wenig
bekanntes Triptychon von Rubens: »Die Anbetung der
Könige«. Aus der Liebfrauenkirche das um so berühmtere,
prachtvolle Triptychon: Petri Fischzug«, tadellos erhalten.

Den Transport der Gemälde aus den Kirchen in die
bombensicheren Keller des Antwerpener Museums über-
nahmen Antwerpener Kunstfreunde. Die Arbeiter, denen
der Transport übertragen wurde, hatten sehr schwere Arbeit.
Ein Kran war dazu nötig und 18 bis 20 Männer. Es war
eine Arbeit von Wochen. Die Transporte dauerten vom
3. August bis Mitte September. Jeder Antwerpener hat_die
großen, dazu geeigneten Plattenwagen mit vier Pferden hin
und her fahren sehen und weiß, daß die Sachen nicht etwa
in den Hafen zum Verschiffen nach England, sondern ins
Museum gekommen sind.

Im Museum ist keine Brandgefahr. Das Museum ist
51 Meter von den nächsten Häusern entfernt. Wie schonend
die Deutschen vorgegangen sind, und wie gut sie zielten,
sieht man übrigens daran, daß keine Granate das Museum
selbst traf, wohl aber wurden die umliegenden Häuser ge-
troffen.

Was die Nachricht vieler Zeitungen angeht, daß in
Lier und Löwen mehrere Rubens verbrannt seien, so ist
das ein Unsinn. Weder in Lier noch in Löwen gibt es
Werke von Rubens.

AUSSTELLUNGEN
Die Dürer-Ausstellung im Beuth-Schinkel-Museum
der Technischen Hochschule zu Charlottenburg, die

fast sämtliche Kupferstiche und Holzschnitte in hervor-
ragend schönen Abdrücken enthält, wird fortgesetzt so
lebhaft besucht, daß sich die Direktion entschlossen hat,
sie bis Ende April zu verlängern. Es ist sehr erfreulich,
daß die hohe vaterländische Bedeutung dieses größten
und deutschesten unserer Künstler in dieser schweren
Zeit so gewürdigt wird. Eine kleine Schrift des Vor-
stehers Geheimrat Max Gg. Zimmermann über »Albrecht
Dürer als deutscher Künstler« ist jetzt erschienen.

Frankfurt am Main. Im Januar veranstaltete der
Kunstverein eine Ausstellung von Werken des Malers Wil-
helm Altheim, dessen Tod nicht nur die Frankfurter, son-
dern die ganze deutsche Kunst als einen schweren Verlust
zu betrauern hat. (Vgl. die Notiz in Nr. 15 der »Kunst-
chronik«.) Einzelne seiner fast ausschließlich in Privatbesitz
befindlichen Arbeiten waren hier und da bereits ausgestellt
gewesen, im ganzen waren es aber doch immer nur wenige,
und wer nicht über den Künstler genauer orientiert war,
konnte wohl erstaunen über die große Zahl von Werken,
die jetzt vereinigt werden konnten. Auch die Zahl seiner
Bilder (30) war unerwartet groß, und sehr merkwürdig,
wie schon in einem frühen', flüssig gemalten Studienkopf
(von 1889) in Stimmung und Ausdruck der spätere Altheim
beschlossen liegt.

Nur selten betritt der Maler ein Gebiet, das ihm nicht
für die Dauer ganz genehm ist, doch ist der »Tod des
Prinzen Louis Ferdinand« aus einer Zeit, wo er sich mehr-
fach mit der Schilderung des Soldatenlebens beschäftigt hat
(um 1892), ein temperamentvoll gemaltes und auf knappem
Raum das Notwendige gebendes Werk geworden. Der in

Reproduktion weit verbreitete »Heilige mit Bär« ist beson-
ders schön in der breit und saftig behandelten Landschaft.
Ein »Heil. Martin« aus der letzten Zeit (1914) ist wenig ge-
glückt, doch ist seine »Kreuzigung« von 1905 (im Besitz
der Frankfurter Lukaskirche), wenn sie auch nicht das Letzte
gibt, aus ehrlichem Bemühen hervorgegangen, das sogar
diesen Stoff noch selbständig zu behandeln weiß.

Er selbst wird Altheim freilich erst da, wo er »Natur«
im weitesten Sinne schildern kann, seien es Landschaft oder
Tiere oder endlich solche Menschen, die den innigen Zu-
sammenhang mit der Natur noch nicht haben aufzugeben
brauchen, wie Bauern, Fischer, Hirten, Handwerker u. a. m.
— wobei der Frankfurter »Eppelwein« in den Begriff der
Natur ausdrücklich mit eingeschlossen sei.

Dieses Hohelied des Lebens in und mit der Natur
wird er nicht müde, immer und immer wieder anzustimmen:
so schildert er den Hirten mit seiner Schafherde und seinem
Hund, den Bauer beim Pflügen, beim Eggen, bei der Heim-
kehr vom Felde, vor dem Stall, beim Pferdetränken: so
eine Pferdeschwemme, einen Bauernhof mit Hühnern und
Schweinen, einen Korbflicker bei der Arbeit usw. Und daß
fast alles frisch aus dem Leben der Frankfurter Gegend
geschöpft ist, läßt seine Kunst gerade hier so besonders
stark und unmittelbar erscheinen.

Alles ist haarscharf beobachtet und mit kaum je fehlen-
der Sicherheit wiedergegeben; spezielle Begabung für das
Dramatische besteht nicht, aber wie fein sind die Bewe-
gungen in ihren charakteristischen Formen erfaßt: das
Trotten eines Ackergauls, das schwerfällige Reiten des
Bauern, das Schieben einer sich drängenden Schafherde usw.

Viel Farbe braucht er dabei nicht: auch in seinen
Bildern ist er sparsam damit; desto mehr leuchtet dann
aber etwa ein gedämpftes Rot in das Braun-Grau-Grün des
Übrigen hinein. Es ist keine reiche, sondern eine zurück-
haltende, aber außerordentlich geschmackvolle und dem
Dargestellten durchaus angemessene Farbenskala, die er
verwendet.

Am wohlsten fühlt er sich offenbar in den Arbeiten
kleineren Formats, in den Aquarellen, Pastellen und ein-
farbigen Zeichnungen, unter denen die Sepiazeichnung be-
sonders häufig vertreten ist.

Auch die wenigen Radierungen (22), fast immer mit
neutralem Hintergrund gegeben, sprechen eine persönliche
Sprache; fast widerwillig scheinen die struppigen Linien
sich der Kupferplatte entrungen zu haben. Abgesehen von
einer Kreuztragung, einem Christophorus, zwei Fassungen
des barmherzigen Samariters nur Tiere und menschliche
Typen der von ihm bevorzugten Art.

Nicht immer dringt er zum Stil durch, aber fast nie
bleibt er dafür im Genre stecken, sondern auch in den
scheinbar nichts als ein Stück Wirklichkeit wiedergebenden
Darstellungen wird etwas von der psychischen Grundver-
fassung deutlich, die im Einzelfall ein Typisches begreift.
Es fehlt nicht an heimlicher Tragik dabei, die sich als un-
überbrückbarer Dualismus des naturhaften und des geistigen
Wesens im Menschen besonders schmerzlich ausprägt —
ein Dualismus, an dem wohl auch der Mensch Altheim
schwer zu tragen gehabt hat, und eine Tragik, von der das
wundervolle Kreide-Selbstbildnis von 1900 bereits etwas
ahnen läßt1). s.

SAMMLUNGEN
Das Berliner Kupferstichkabinett hat eine größere
Anzahl von graphischen Arbeiten von Max Slevogt er-

1) Ein illustrierter Aufsatz über W. Altheim wird in
einem der nächsten Hefte der »Zeitschr. f. bildende Kunst«
erscheinen.
 
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