Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 26.1915

DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6190#0202

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
385

Krieg und Kunst

386

KRIEG UND KUNST

Das deutsche Kriegerdenkmal in Namur ist auf

dem Militärfriedhof eingeweiht worden. Der in schlichten
klassischen Formen gehaltene Hallenbau ist von dem als
Postenoffizier in Namur tätigen Beigeordneten der Stadt
Mülheim a. d. Ruhr, Regierungsbaumeister Karl Helbing,
entworfen und unter seiner Leitung von deutschen Soldaten,
die sich freiwillig zur Verfügung stellten, ausgeführt worden.
Vor der Halle sind zwei mächtige Feuerschalen, entworfen
von Prof. Wilhelm Kreis in Düsseldorf, aufgestellt. An der
Stirnwand des Baues modellierte Bildhauer Hemmersdorfer
aus München, Offiziersstellvertreter in Namur, vier ausdrucks-
volle Kriegermasken. Im Innern enthalten Gedächtnistafeln
die Namen der vor Namur Gefallenen, zum Teil im Außen-
gelände noch bestatteten, und der in der Festung gestorbenen
Krieger. Als Hauptschmuck zeigt die Halle ein großes Bronze-
relief von Bildhauer Scheufer aus Düsseldorf: ein verwundeter
Krieger wird von zwei Genien der Barmherzigkeit geleitet.

Architekt Kayser von der Bauleitung der neuen Berliner
Königlichen Bibliothek, der als Oberleutnant im Felde
steht, erhielt das Eiserne Kreuz erster Klasse im Osten.
Regierungsbaumeister Eduard Froitzheim aus Köln-
Deutz, der Leutnant eines Pionierbataillons ist, erhielt eben-
falls das Kreuz erster Klasse.

Der Maler Wilhelm Schreuer in Düsseldorf wurde
vom Generalkommando des 4. Armeekorps als Kriegsmaler
auf den westlichen Kriegsschauplatz berufen. Schreuer
hat bereits kurze Zeit im Herbste des vorigen Jahres in
Flandern verbracht. Von den Kriegsbildern, die er als
künstlerische Ausbeute mitbrachte, sind verschiedene von
deutschen Museen angekauft worden.

Professor Dr. Georg Lehnert, Privatdozent an der
Technischen Hochschule zu Berlin-Charlottenburg, hat bei
einem Sturmangriff im Westen als Hauptmann der Land-
wehr eine Verwundung erhalten und liegt jetzt in einem
Berliner Lazarett. Der Kunstgewerbeforscher wurde mit
dem Eisernen Kreuz und dem Ritterkreuz erster Klasse des
Albrechtsordens mit Schwertern ausgezeichnet.

Der Krieg hat das Germanische Nationalmuseum
in Nürnberg empfindlich getroffen. Die dringend nötige
Erweiterung, für die Bestelmeyer aus Dresden den Ent-
wurf schuf, wurde auf unbestimmte Zeit vertagt. Sie soll
2300000 Mark mit der Inneneinrichtung kosten; das Reich,
Bayern, die Stadt Nürnberg, das Museum sollten die Kosten
zu gleichen Teilen tragen, den Rest eine Lotterie auf-
bringen. — Oberlandesgerichtsrat Tischer-Dresden hat dem
Museum eine Sammlung von 1400 Münzen und Medaillen
hinterlassen, die sich vor allem auf 1813—15, 1848—49
und auf die letzten Kriege, auf die Großen der Reichs-
gründung beziehen, dazu eine kleine Autographensamm-
lung mit Briefen Wilhelms I. und Bismarcks, Bücher, Zei-
tungen und Photographien, die dem gleichen Sammlungs-
gedanken dienen. Diese Reichsgründungssammlung ist
jetzt überwiesen worden. Man will sie auch auf die
Geschichte und Denkmäler dieses Krieges hin vermehren.
Erworben wurde jetzt ein altes deutsches Wappenstück
von hohem Kunstwert, ein Prunkhelm aus der Mitte des
15. Jahrhunderts.

Wiederaufbau in Ypern. Vor kurzem kam die
Nachricht, daß bedeutende Teile von Vpern, insbesondere
die Hallen, zerstört seien. Der Bürgermeister von Ypern,
der Abgeordnete Collaert, hat, dem »Temps« zufolge,
nunmehr die Baupläne des Kaufhauses, nach denen dieses
Gebäude während der letzten 25 Jahre wiederhergestellt

worden ist, wiedergefunden, so daß die vollständige
Wiederherstellung möglich ist. Wie der »Temps« ver-
sichert, hat die Gemeindeverwaltung die Wiederherstellung
beschlossen.

Kriegergrabmäler. Der Hamburger Architekten- und
Ingenieurverein hat unter seinen Mitgliedern ein Preis-
ausschreiben zur Einlieferung von Denkmalsentwürfen
für die Soldatenbegräbnisstätte des Ohlsdorfer Friedhofes
erlassen. Das Ergebnis war einige Tage lang in einem
großen Saale ausgestellt. Es war nicht der erste Fall einer
solchen Ausschreibung. Man ist ähnlichen Aufforderungen
schon verschiedenenorts begegnet und wird es wohl auch
noch weiterhin. Die Bewegung ist einmal im Gange, und
da unzählige bedrängte Herzen sympathischen Anteil daran
nehmen, wird sie wohl auch weitergehen. Da drängt sich
die Frage auf: Warum diese Eile? Was haben Fixigkeit
und Ewigkeit miteinander gemein? Solange in einer Rede
nicht das letzte Wort gefallen, in einem Rechtsstreit nicht
der letzte Beweis erbracht, bei einer Erkrankung die Natur
noch nicht ihren letzten Trumpf ausgespielt hat, wird kein
Hörer, kein Richter und kein gewissenhafter Arzt seine
Schlußfolgerungen ziehen. Und hier, wo kein Mensch zu
sagen weiß, ob die bis jetzt hingemähten Menschenheka-
tomben die Scheitelhöhe darstellen des großen geschicht-
lichen Geschehens, das wir in tiefer Erschütterung durch-
leben, oder ob sie nur dessen Beginn sind, ob das Heute,
so Unerhörtes es an Todesernte geleistet, nicht von einem
noch unerhörteren Morgen überboten werden wird, sollen
schon alle jene künstlerischen und seelischen Kräfte zu
jenem Grad von Klarheit durchgedrungen sein, deren der
schaffende Künstler bedarf, um sein höchstes und edelstes
Können — nur einem solchen steht ein Recht zu, heran-
zutreten an diese Aufgabe, derengleichen noch keiner
Künstlergeneration gestellt worden ist — zum vollen Ein-
satz bringen zu können?

Künstler sind feinstorganisierte Lebewesen. Lust und
Leid der Menschheit erweckt in ihnen einen ganz anderen
Widerhall als in der Brust der Dutzendsterblichen, und wo
diese in Tränen lösende Befreiung finden von einem über
sie hereingebrochenen seelischen Weh, dort stehen jene
gar oft unter einem lähmenden Banne, der sie zu den
einfachsten Handlungen unfähig macht. Sollte dieser
Bann von unseren jetzt lebenden Künstlern wirklich schon
genommen sein? Jeder, der die gleiche Frage an sich
selber richtet, wird auch die Antwort auf jene andere
Frage finden. Darum überstürze man nichts. Wir jetzt
Lebenden bedürfen wahrlich nicht erst der sichtbaren Denk-
mäler aus Stein und Erz, um in zehrender Trauer und in
ehrfürchtiger Dankbarkeit jener Hunderttausende zu ge-
denken, die in Verteidigung ihres und unseres Vaterlandes
ihr Leben gelassen haben, und zu jenen anderen, die nach
uns kommen, werden diese Denkmäler um so eindrucks-
voller sprechen, je mehr sie von dem festhalten, was uns
selbst so tief bewegte.

Das Hamburger Preisausschreiben war an eine Höchst-
grenze von 20000 Mark gebunden. Da Architekten seine
Paten waren, war es selbstverständlich, daß der erste Preis
auf einen Entwurf entfiel, dessen Schöpfer —Walter Puritz
— mit Umgehung jeder bildhauerischen Beihilfe, die Lö-
sung ausschließlich mit architektonischen Mitteln bewirkte.
Sein Entwurf ist ein Triumph der architektonischen Linie.
Inmitten eines Ringwalles, den Moos und Efeu über-
wuchern, erhebt sich ein aus einem Busch von Friedens-
palmen schlank aufstrebender Obelisk. An der inneren
Wandseite der Wallmauer sind Gedenktafeln in größerer
Zahl aneinander gereiht. Der Zugang führt zwischen
Reihengräbern hindurch. »Wie ein Schutzwall von Helden-
 
Annotationen