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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 26.1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.6190#0205

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391

Forschungen — Vermischtes — Anzeige

392

Parisurteil). Die Vorderseite zeigt, leider nicht lückenlos,
den Tod des Orpheus. Die thrakischen Mänaden greifen
ihn von allen Seiten mit verschiedenen Waffen, ausge-
rissenen Baumstämmen, Steinblöcken und Steinen, an. Be-
sonders reich und mannigfaltig ist an Armen und Beinen
der Weiber nach thrakischer Sitte die auch in anderen
Darstellungen der Sage vorkommende Tätowierung ange-
bracht. Der Stil erlaubt, die Vase ganz nahe zu Meidias
zu stellen, doch ist sie sicher von anderer Hand und verrät
in den besonders großen Köpfen, wie auch sonst, mehr
Kraft und weniger Neigung zur Eleganz bei einer im
übrigen erstaunlichen Feinheit.

FORSCHUNGEN

Die Bildnisse von Dürers Gattin. Gustav Pauli
schrieb in dem Dezember-Heft 1914 der »Zeitschrift für
bildende Kunst« einen ausführlichen Aufsatz, in welchem
er auf die verschiedenen Bildnisse der Frau Agnes Dürer
hinwies. Es sei hier ein weiteres Bild, auf welchem ihre
Züge verewigt sind, erwähnt. Im Vorrat des Bayerischen
Nationalmuseums in München (vgl. den Katalog der Ge-
mälde dieser Sammlung 1908, Nr. 381, Abbildung da-
selbst) befindet sich eine spätere Kopie einer heiligen
Familie nach Dürer; »In der Mitte Mutter Anna mit dem
schlafenden Jesuskind, rechts die anbetende, jugendliche
Maria, im Hintergrund Joachim und Joseph; rechts grüner
Vorhang. Oben links das Dürer-Monogramm und die
Jahreszahl 1519.« Die Komposition der hl. Anna selbdritt
ist dieselbe wie auf dem Altmanschen Bilde des Metro-
politan-Museums in New York, das aus dem Jahre 1519
stammt, die Details sind aber verschieden. Während auf
der Albertina-Zeichnung und auf dem Bilde der Altman-
Sammlung die Gattin Dürers ein Kopftuch trägt, das nur
Augen, Nase und Mund frei läßt, sind auf dem Münchner
Bilde die charakteristischen, energischen Kinnpartien ganz
frei, wie auf Dürers Silberstiftzeichnung von 1521: »Auff
dem rin mein Weib pey popart« in der Wiener Hof-
bibliothek und auf der Bildnisstudie von 1522. Auch er-
scheint die jugendliche Maria auf dem Münchner Gemälde
anders wie auf dem New Yorker, denn es fehlt ihr der
zarte Schleier auf dem Kopf. Ihr aufgelöstes langes Haar
fällt über die Schultern herab auf das dunkle Oberkleid.
Zu erwähnen ist noch, daß auf dem Münchner Bilde
beinahe der ganze Arm von Maria zu sehen ist, ferner die
ganze rechte Partie des Kopftuches der hl. Anna, das
den rechten Arm umhüllt, der das auf ihrem Schöße
schlafende Jesuskind hält. Wir sehen also nicht ganz un-
wesentliche Abweichungen in der Hauptgruppe. Zu ihnen
treten noch die beiden männlichen Gestalten des Hinter-
grundes und der auf der rechten Seite angebrachte Vor-
hang. Vielleicht darf die Vermutung ausgesprochen
werden, daß Dürer in ein und demselben Jahre — 1519 —
zwei ähnliche Bilder gemalt hat, auf einem jeden seine
Gattin darstellend. o. v. Te'rey.

Ein Madonnenbild von Giampetrino. Im Kaiser-
Friedrich-Museum zu Berlin befindet sich unter Nr. 616
ein Gemälde mit der Maria mit dem Kinde, welches in
dem von Hans Posse verfaßten großen, beschreibenden
Katalog mit Abbildungen sämtlicher Gemälde (Berlin 1911,
Julius Bard, Bd. II, S. 143) als Kopie nach dem Meister des
Todes Mariä aufgezählt ist: »Von diesem Bilde gibt es
viele Wiederholungen und alte Kopien, denen wahrschein-
lich eine Komposition Leonardos zugrunde liegt, in ver-

schiedenen Sammlungen (Pinakothek zu München, Galerie
zu Oldenburg, Kölner Museum, Galerie zu Vicenza, Samm-
lung Andre in Paris u. a. m., die beste vielleicht im Schlosse
zu Meiningen)«. Gelegentlich der Ausstellung der Mar-
zell v. Nemesschen Sammlung in der Alten Pinakothek zu
München (1911) war ein Bild des Giampetrino zu sehen,
das sich gegenwärtig im Besitze von Dr. Karl Lanz in
Mannheim befinden soll. Das Bild, welches früher, wie
viele andere Werke der Mailänder Schule, als Werk Leo-
nardos ging, gehörte 1803 der Kollektion von Walsh Porter
an und wurde von Berenson und Venturi als eine charakte-
ristische Arbeit des Giov. Pietro Ricci erkannt und als
solches von Paul Schubring (Zeitschrift für bildende Kunst,
1910, S. 32, Abb. auf S. 33) besprochen. Die Madonna ist
sitzend dargestellt vor einem Vorhang, ihr linker Arm ruht
auf einer steinernen Brüstung, mit der Rechten faßt sie
das auf ihrem rechten Knie auf einem Kissen sitzende
Kind, das in seiner rechten Hand drei, in der anderen
vier Kirschen hält. Links neben dem Vorhang blickt
man in eine ferne Flußlandschaft, die auf der einen Seite
hohe Berge, auf der anderen zwei schlanke Bäume mit ein
wenig Laub zeigt. Dieses Madonnenbild diente als Vor-
lage für das Berliner Bild. Der Künstler hat es aber nach
seinem eigenen Geschmacke wesentlich verändert: die
Komposition hat er beibehalten, gibt aber die Madonna
mit dem Kinde im Spiegelbilde; an Stelle des Vorhanges
und der Balustrade setzte er die Hauptgestalt auf einen
reichen Renaissancethron, so daß ihr rechter Arm auf die
Lehne desselben gestützt ist, das Schmuckstück auf dem
Kleide der Madonna ließ der niederländische Künstler
weg, gab ihr aber einen Kopfputz. Während auf dem
Lanzschen Bilde neben dem linken Arm der Maria auf der
Balustrade drei Kirschen zu sehen sind, fehlen dieselben
auf dem Berliner Bild, auf welchem unterhalb der Thron-
lehne ein Apfel bemerkbar ist; das Christuskind hält in
seiner Linken zwei anstatt vier Kirschen. Gänzlich ver-
ändert erscheint die Landschaft (rechts im Hintergrunde);
sie hat einen mehr niederländischen Charakter angenommen.
Erwähnt sei noch, daß das Originalbild 65x48,5, das Ber-
liner dagegen 70x58 cm mißt. a. v. Terey.

VERMISCHTES
Professor Adolf Münzer hat für den Festsaal des
Düsseldorfer Regierungsgebäudes ein riesenhaftes Decken-
gemälde in Arbeit. Die bisher fertige Hälfte der Leinwand
zeigt eine Huldigung von Rhein und Mosel vor Deutsch-
land, das von der wehrhaften Figur der Germania ver-
körpert wird. Auf der anderen Hälfte der Decke will
Münzer eine Verherrlichung von Kunst und Dichtung malen.

Assistent gesucht

Kunsthistoriker, Herr oder Dame, gegen
Remuneration beim Lehrstuhl für Kunstge-
schichte und Beuth-Schinkel-Museum der
Kgl. Technischen Hochschule, Charlottenburg.

Inhalt: Ausstellung der Sammlungen Bredius und Kronig im Haag. Von M. D. Henkel. — Karl Ernst Forberg f; Franz von Pausinger t-. —
Personalien. — Preisausschreiben des Kunstvereins für die Rheinlande und Westfalen. — Krieg und Kunst. — Ausstellungen in Wien,
Köln, Straßburg i. Eis. — Neuerwerbung der Dresdner Oalerie. — Kunstwissenschaftliche Oesellschaft in München. — Die Bildnisse von
Dürers Oattin; Ein Madonnenbild von Oiampetrino. — Deckengemälde von Adolf Münzer für das Düsseldorfer Regierungsgebäude. — Anzeige.

Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstraße IIa
Druck von Ernst Hedrich Nachf., g. m. b. h., Leipzig
 
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