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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 26.1915

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Personalien — Forschungen

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vor allem der »Absalon«, daß Weisgerber sich zu einem
wahrhaft persönlichen Stil durchgerungen hatte, kraftvoll
monumental in Komposition und Zeichnung, licht, edel
und ausgeglichen in der Farbe. Eine ungemein fruchtbare
Periode schien einsetzen zu wollen. Nun ist das alles jäh
für immer abgerissen. Weisgerber ist weiteren Kreisen
vornehmlich durch seine Zeichnungen in der »Jugend« be-
kannt geworden. Gehörten diese Blätter auch jeweils zu
den besten, amüsantesten der betreffenden Jugendnummern,
so kann man es verstehen, daß der Künstler froh war, in
den letzten Jahren dieser Tätigkeit enthoben zu sein. Die
Gründung der »Münchner Neuen Sezession« war sein Werk.
Er hat nicht lange ihr erster Vorsitzender bleiben können.

Als Weisgerbers bedeutendste Gemälde möchte ich
nennen: Das Bildnis des Dichters Scharff in der Kunst-
halle zu Bremen, der »Hl. Sebastian im Wald« im Folkwang-
Museum, der »Knabe mit Maske« im Besitz der Fürstin
Lichnowsky, die »Somalifrau« in der Neuen Pinakothek
und die letzten Arbeiten des Künstlers: die »Vorstadt«, der
»Absalon« und die unvollendete »Amazonenschlacht«.

Als Leutnant mit dem Eisernen Kreuz geschmückt,
kraftvoll Begeisterung verbreitend, ein Kämpfer wie er es im
ganzen Leben war, so ist Albert Weisgerber mit einem
Hurra auf den Lippen an der Spitze der Kompanie, die
er führte, von einer Granate getroffen, gefallen, a. l. m.

PERSONALIEN
Graf Leopold Kalckreuth vollendete am 15. Mai sein
60. Lebensjahr. Eine Charakteristik seines Werkes er-
übrigt sich an dieser Stelle, an der oft genug von den
Schöpfungen des Künstlers die Rede war, die jedem Be-
sucher deutscher Ausstellungen des letzten Jahrzehnts,
jedem Kenner öffentlicher Sammlungen bekannt sind.
Der Ernst der Arbeit, die Ehrlichkeit der Gesinnung
sind die hervorstechendsten Merkmale seiner Kunst, die
auf eine Persönlichkeit von lauterer Geradheit des Cha-
rakters zurückschließen lassen. Mit diesen Eigenschaften
wurde Kalckreuth ein Führer und Vermittler zugleich, ein
Führer, weil jeder seinem gerechten Sinn vertraute, ein
Vermittler, weil er nicht zu den heftigen Temperamenten
gehört, die nur die eigene Art gelten lassen, sondern stets
ohne vorgefaßte Meinung der fremden Äußerung ver-
stehend entgegenzukommen sich bemühte. Darum traf
die Wahl den rechten Mann, als ihm der Vorsitz des
Deutschen Künstlerbundes übertragen wurde, in dem die
Sezessionen sich zu einer Ausstellungsgemeinschaft zu-
sammenschlössen, und Kalckreuth dürfte auch berufen sein,
die Versöhnung äußerer Gegensätze innerhalb der Künstler-
schaft herbeizuführen, die wir alle nach diesem Kriege
erhoffen.

Kalckreuth hat eine Zeitlang als Lehrer an der Wei-
marer Kunstschule gewirkt, deren Direktor einst sein Vater
Graf Stanislaus Kalckreuth gewesen war. Lichtwark zog
dann den Künstler nach Hamburg, wo er ihm eine Reihe
von Porträtaufgaben stellte und zur Wiedergabe ham-
burgischer Landschaften anregte. So gelangte die Kunst-
halle in den Besitz einer reichen Sammlung seiner Werke.
Nirgends besser als dort kann man den Künstler kennen
lernen. Leider steht Berlin hier noch weit zurück. Die
große Parklandschaft der Nationalgalerie gehört nicht eben
zu den glücklichen Schöpfungen Kalckreuths. Tschudi,
der wegen seiner Begünstigung der Modernen so arg ver-
lästert wurde, ließ gerade hier seinem Nachfolger noch
fast alles zu tun übrig. Ist doch selbst die Vertretung Lieber-
manns, des heute allgemein anerkannten Berliner Haupt-
meisters, noch völlig unzureichend, wiederum ganz be-
sonders im Gegensatz zu Hamburg. Auch die beste Samm-
lung Kalckreuthscher Graphik war in Hamburg entstanden.
Vor zwei Jahren, nach dem Tode ihres Besitzers, wurde
sie leider versteigert und damit verstreut.

Kalckreuth, der sich zur Unterscheidung von seinem
Vater den Jüngeren nennt, steht heut als rüstiger Sechziger
noch auf der vollen Höhe seines Schaffens. Auch auf ihn
ist hinzuweisen, wenn die Bildnisgalerie in Berlin daran
geht, die Aufträge zu erteilen, die nach dem großen Kriege
notwendig sich ergeben werden. Nicht jede Aufgabe wird
Kalckreuth liegen. Aber die sachlich herbe und etwas
trockene Art seiner Menschendarstellung wird der Wieder-
gabe mancher unserer Heerführer besser gerecht werden
als die flinke Geschmeidigkeit anderer, die rasch sich zu
so dankbarer Arbeit drängten.

Dr. Theodor Demmler, bisher Direktorialassistent
bei den königlichen Museen, erhielt den Titel eines stell-
vertretenden Direktors bei der Sammlung der Bildwerke
der christlichen Epochen.

Adolf Brütt vollendete am 10. Mai sein 60. Lebens-
jahr. Brütt gehört zu den erfolgreichen Berliner Bild-
hauern. Er hat in der Lösung verschiedenartiger Aufgaben
eine bemerkenswerte Geschicklichkeit bewiesen, ohne daß
es ihm doch gelungen wäre, einen persönlichen Stil zu
entwickeln, der seinen Werken einen eigenen Charakter
zu verleihen vermöchte. Viel bemerkt wurde in der pla-
stischen Wüstenei der Berliner Siegesallee sein Standbild
Ottos des Faulen, das sich von der üblichen Denkmal-
schablone einigermaßen zu entfernen wagte. Dagegen
war der Mommsen, der vor der Universität seinen Platz
fand, ein arger Fehlschlag. Sehr verschieden geartet sind
auch die zwei Hauptwerke Brütts, die die Nationalgalerie
erwarb, der Fischer mit dem geretteten Mädchen, eine
Bronzearbeit, die in ihrer naturalistischen Durchbildung
der Einzelform schwerlich den Schluß auf den gleichen
Meister nahelegen würde, der die formal beherrschte
Gruppe der Eva mit ihren Kindern geschaffen hat. Ge-
schmack und handwerkliches Können verleugnet keine der
so verschieden gearteten Arbeiten. Aber einer tiefer grei-
fenden Problemstellung, einem Eingehen in die formalen
Aufgaben plastischer Kunst begegnet man kaum. An
äußeren Ehrungen hat es Brütt nicht gefehlt. In Husum
geboren, bildete er sich nach einem ersten Unterricht bei
einem Steinbildhauer in Kiel unter Schaper auf der Ber-
liner Akademie. 1896 erhielt er den Professortitel. Eine
Wirksamkeit an der Weimarer Akademie währte nur kurze
Zeit. In Berlin wurde er Mitglied des Senats der Akademie der
bildenden Künste und erwarb die große goldene Medaille.

Professor Dr. Erich Hänel, der bisher als stellver-
tretender Direktor dem Kgl. Historischen Museum und der
Waffengalerie in Dresden vorstand, ist nunmehr zum
Direktor dieser Sammlungen ernannt worden.

FORSCHUNGEN
Zu dem Bild vom »Kranken Königssohn«. Wie

aus einer Zusendung des Herrn Prof. Franz Kuntze in
Weimar hervorgeht, hat dieser im Juni 1914 in den »Neuen
Jahrbüchern für das klassische Altertum, Geschichte und
deutsche Literatur« einen kurzen Aufsatz veröffentlicht, in
welchem er zu demselben Resultat gelangt, wie ich in
meinem Beitrag im 7. Heft der »Zeitschrift für bildende
Kunst« von diesem Jahr. Es bedarf wohl nur einer Ver-
sicherung meinerseits, daß dieser Aufsatz mir unbekannt
geblieben war. Indem ich gern Gelegenheit nehme, die
Priorität Herrn Prof. Kuntzes anzuerkennen, begrüße ich
in seinem Aufsatz eine Stütze für die These, daß in dem
Gemälde von Celesti das gesuchte Bild vom »Kranken
Königssohn« gefunden werden muß. Goethe hat jenes
Werk nach Feststellung Prof. Kuntzes übrigens nicht erst,
wie ich glaubte 1783, sondern bereits bei einem Besuch
der Galerie im September 1779, den er in einem Brief
vom 19. an Frau von Stein erwähnt, kennen lernen können.
Im Fremdenbuch der Galerie hat er sich damals nicht
eingetragen. Gronau.

lien. — Zu

Inhalt: Die Neugestaltung der kaiserlichen Gemäldegalerie in Wien. Von Ludwig von Baldass. — Albert Weisgerber f. — Personal
dem Bild vom »Kranken Königssohn«.

Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstraße 11 a
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h., Leipzig
 
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