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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 26.1915

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447

Sammlungen — Vereine — Vermischtes — Literatur

448

Emanuel Hegenbarth (Ochsenstudie, Feldarbeiten), Wilhelm
Claudius (Waldweg, Helgoländer, Heideteich), Siegfried
Berndt (landschaftliche Zeichnungen vom Gardasee und
bei Dresden in Zeichnung und Holzschnitt), Fritz Beckert
(Mainkran in Würzburg) sind entsprechend vertreten. Ein
ansprechendes plastisches Werk ist der Dachauer Schweine-
dieb in bemaltem Holz von Otto Pilz.

In der 147. Ausstellung der Royal Academy in
London, die im Mai eröffnet worden ist, nehmen eigent-
liche Kriegsbilder nur einen sehr bescheidenen Platz ein.
Diese wenigen jedoch finden naturgemäß sehr viel Be-
achtung. Das meiste Aufsehen erregt eine riesengroße
Leinwand von John Lavery »Verwundete in einem Lon-
doner Hospital«, die einen Raum, angefüllt mit verwundeten
Soldaten, zeigt: Schwerverwundete und Rekonvaleszenten,
im Vordergrunde die Figur eines jungen Hochländers,
der von einer Pflegerin verbunden wird. Horace Van
Ruith bringt das »Innere einer Kathedrale nach dem Bom-
bardement«. Auf einem Bilde von W. B. Wollen, »Land-
recies August 25, 1914« sieht man Engländer und Deutsche
im Nahkampf. Dorothy Hawkesley versucht mit einem Bilde
»Oermany's Battie Front«, auf dem man eine Reihe bel-
gischer Frauen und Kinder in allen Stufen des Elends er-
blickt, Eindruck zu machen, während die Leiden der Flücht-
linge auf einem Gemälde »Flucht« von Tom Mostyn
dargestellt werden. — Der Ausstellung drückt im übrigen
John S. Sargent den Stempel auf, der mit ausgezeichneten
Porträts (z. B. dem des Lord Curzon) und Bildern aus
Tirol glänzend vertreten ist.

SAMMLUNGEN
Für die Kgl. Porzellansammlung in Dresden wurde
noch kurz vor Ausbruch des Krieges eins der bedeutendsten
und größten Stücke derMeißnerManufaktur aus dem 18.Jahr-
hundert erworben: der große Tafelaufsatz von 1738 aus dem
Speisegeschirr des Grafen von Münnich, den Kändler selbst
angefertigt hat. Ganze Speisegeschirre wurden in Meißen
erst nach Böttgers Tode etwa von 1725 an hergestellt, zu-
erst drei große Geschirre für den König August den Starken:
das mit dem roten Drachen, das mit dem gelben Löwen
und das mit dem sächsisch-polnischen Wappen — alle drei
nur mit farbiger Ornamentik im Anschluß an ostasiatische
Vorbilder. Erst Joachim Kändler brachte mit der Porzellan-
plastik auch die Möglichkeit, wirkliche Prunkgeschirre in
Porzellan herzustellen, die mit den bisherigen silbernen
wetteifern konnten. Die ersten waren das noch verhält-
nismäßig einfache für den Grafen von Hennicke 1735, dann
das schon mit prächtigen Prunkstücken versehene des
Grafen Sulkowsky und das weltberühmte Schwanenservice
für den Minister Grafen v. Brühl. Alsdann bestellte im Jahre
1738 ein solches Tafelgeschirr Graf von Münnich, ein ge-
borener Oldenburger, der es in russischen Diensten zum
Generalfeldmarschall, Präsidenten des Kriegskollegiums usw.
gebracht hatte. Kändler verwendete für Teller, Tassen,
Leuchter und sonstige kleinere Stücke die vorhandenen
Formen des Sulkowskyschen Geschirrs in barockem Stil mit
Korbflechtmusterung, die er nur durch das aufgemalte
Wappen Münnichs als dessen Eigentum kennzeichnete.
Dazu aber schuf Kändler das große prachtvolle Hauptstück,
das eben jetzt in den Besitz der Kgl. Porzellansammlung
gekommen ist. Dieser Tafelaufsatz besteht zunächst aus
einem breiten, mehrfach eingezogenen Sockel, der mit Tuch-
behängen verziert und zur Aufnahme von Essig- und Öl-
flaschen, Salz- und Pfefferstreuern bestimmt war. In der
Mitte erhebt sich auf vier Schneckenfüßen ein großer Korb
mit großen Schildern an den Langseiten, die Münnichs
Wappen tragen, und zwei großen breit umrankten Hals-
figuren mit hoch emporstrebenden Federbüschen an den

Schmalseiten. Dazu kommen rings um den Sockel und
um den Korb zahlreiche Rosenzweige, die mit Holzpflöcken
in den Porzellankörper hineingesteckt sind, eine ganz eigen-
artige Verzierungsweise, die Kändler niemals wiederholt
hat. Reiche Farbengebung, vornehme Vergoldung und ein
köstliches Spiel schimmernder fröhlicher Lichter umgeben
das ganze Stück mit einer Fülle von Pracht, wie sie für
den Barockstil des Porzellans ganz besonders charakteristisch
ist und die Vorzüge des Materials aufs köstlichste zur
Geltung bringt. Die prächtig gearbeiteten Figuren sind
nach Direktor G. Zimmermanns Urteil ganz eigenhändige
Arbeiten Kändlers. Sie zeigen in der Auffassung wie in
der Durchführung die ganze Kraft seiner ersten Zeit, sie
zeigen, wie folgerichtig er auf starke Gegensätze von Licht
und Schatten ausging, wie dies nur ein genialer Künstler
tun konnte, der das Material so genau kannte, wie eben
Kändler. So bedeutet dies neu erworbene Stück eine ganz
besondere Bereicherung der Dresdner Porzellansammlung,
zu der man Direktor Zimmermann nur beglückwünschen kann.

In den Besitz der Münchner Neuen Pinakothek
gelangte als Geschenk von Schülern und Verehrern des
bekannten Münchner Nationalökonomen und Universitäts-
lehrers Lujo Brentano zu dessen 70. Geburtstag ein von
Franz von Stuck gemaltes Bildnis des Jubilars. Das Ge-
mälde, das den Gefeierten in seiner Professorenrobe dar-
stellt, ist als Porträt wohl recht »ähnlich«, als Kunstwerk
jedoch kann man es nicht zu den glücklichsten Schöpfungen
Stucks zählen. m.

VEREINE

Der »Bund Deutscher Architekten« hat beschlossen,
die im vorigen Jahre wegen des Kriegszustandes ausgefallene
Hauptversammlung auf den 14. und 15. Mai d. J. nach
Kassel einzuberufen. Die Verhandlungen werden unter Vor-
sitz von Geheimrat Frenssen aus Aachen abgehalten werden.
Es wird sich dabei in der Hauptsache um rein geschäfts-
mäßige Angelegenheiten handeln. Irgendwelche festliche
Veranstaltungen, die sonst bei diesen Kongressen gewöhn-
lich abgehalten werden, finden diesmal nicht statt.

VERMISCHTES
Boehles Stier. Fritz Boehle hatte schon vor Jahren
einen großen Stier in Marmor geschaffen, der für den von
dem Architekten Heinrich Sexauer entworfenen Haydn-
Platz in Karlsruhe bestimmt sein sollte. Hier wäre das
seltene Kunstwerk zu bester Wirkung gekommen. Die
Stadt Karlsruhe hat jedoch den Ankauf abgelehnt, und das
Bildwerk ,wird nun auf dem Holbein-Platz in Frankfurt-
Sachsenhausen Aufstellung finden.

LITERATUR

Zu der Besprechung von Wilhelm Steinhausen (Künstler-
Monographien 109).

Herr Professor Wilhelm Steinhausen teilt in Ergänzung
des in der »Kunstchronik« Nummer 29 abgedruckten Referates
mit, daß eine Monographie über ihn von David Koch mit
zahlreichen Abbildungen in erster Auflage im Jahre 1902
und in zweiter, mit 119 Abbildungen, im Jahre 1904 bei
Salzer in Heilbronn erschienen ist.

Unter dem Titel „Madonnen mit kunstgeschicht-
lichen Beinamen" hat Dr. Friedrich Sauerhering im Selbst-
verlage, Leipzig 1915, ein alphabetisches Verzeichnis von
325 mit Kennworten versehenen Madonnenbildern zu-
sammengestellt unter genauer Angabe der davon er-
schienenen Reproduktionen. An der Zahl dieser Verviel-
fältigungen erkennt man die Beliebtheit der einzelnen Bilder.
Die Arbeit ist nicht nur für Kunsthistoriker, sondern auch
für Kunsthändler nützlich. Ein ausführliches ikonographisches
Stichwörterverzeichnis vervollständigt das Bändchen.

Inhalt: Hermann Knackfuß f; Nikolaus Schmid-Dietenheim t; Hans Osell f. — Personalien. — Ausstellungen in Berlin, Chemnitz, Dresden, London. —
Kgl. Porzellansammlung in Dresden; Geschenk an die Münchner Neue Pinakothek. — Bund Deutscher Architekten. — Vermischtes. — Literatur.

Verantwortliche Redaktion: gustav KlRSTEIN. Verlag von E. A. seemann, Leipzig, Hospitalstraße IIa
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o.m.b.H., Leipzig
 
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