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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 26.1915

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455

Vermischtes

456

Mit reifer Meisterschaft pflegt W. S c h r e u e r das gleiche
Gebiet. In seiner eigenartigen Wischmanier malt er eine
Husarenattacke, und mit wischigem Strich zeichnet er als
echter Episodenschilderer deutsche Matrosen in Ostende,
Politiker in Lille und einen Reiter auf Vorposten, alles
Arbeiten von großer Lebendigkeit in der Schilderung des
Tatsächlichen. — Otto von Waetjen formt seine Bilder
aus Kontrasten von Farbflecken. Sein Stilleben mit Tulpen
und Lilien gibt im Sinne Cezannes auf das äußerste re-
duzierte Formen für malerische Werte der Natur. Ein
Farbenschauspiel in erster Linie ist ihm auch der Mensch
und die Landschaft. Sein Mädchenbildnis, eine lichtdurch-
flutete Parkszenerie und ein interessantes Hafenbild zeigen,
wie bei ihm alles formal Verbindende gegenüber der
farbigen Erscheinung zurücktritt.

Soeben ist eine Ausstellung des »Verbandes der
Kunstfreunde in den Ländern am Rhein« eröffnet wor-
den. Es ist eine Verkaufsausstellung mit sehr niedrig
bemessener Höchstgrenze der Preise, da eine Hilfstätigkeit
im Dienste der Kunst ausgeübt werden sollte, wobei aber
der Boden der gewissenhaften Auslese gewahrt blieb.
Sämtliche Arbeiten sind erst vom Kunstrat des Verbandes
sorgfältig geprüft worden. Die Kölner Kunstfreunde haben
diese Gelegenheit, der heimatlichen Kunst zu helfen, gern
benutzt, und so kam es, daß, nachdem der Großherzog
von Hessen mit gutem Beispiel vorangegangen war, fast
zwei Drittel der ausgestellten Arbeiten schnell einen Käufer
fanden. Jede der großen Künstlersiedelungen im Rhein-
gebiete ist gut und charakteristisch vertreten, Stuttgart, Darm-
stadt, Frankfurt, Karlsruhe und Düsseldorf in besonderem
Umfange. Von J. Babberger-Frankfurt, einem geborenen
Schweizer, ist eine Radierung »Sonnenuntergang« vom
Verbände angekauft worden, H. Goebel-Heinsheim zeigt
eine schöne Flußlandschaft und Radierungen vom Kriegs-
schauplatz, unter den Schülern Hölzeis ragen die beiden
Stuttgarter Heinrich Eberhard und Josef Ebers hervor, deren
Streben nach monumentalem Stile bemerkenswert ist. Durch
vornehme Haltung zeichnen sich die Arbeiten der Karls-
ruher W. Hempfing (Hafen, Blumenstück) und Ludwig
Hofsaß (bäuerliches Küchen-Interieur) aus. Max Pauli-
Düsseldorf hat ein Temperagemälde »Windmühle« und
farbenprächtige Batikarbeiten beigesteuert, Walter Bötticher
originelle auf Chinapapier mit Pinsel undTusche gezeichnete
Zirkusszenen, Frieda B. von Joeden farbige Holzschnitte
und zwei Gouachen »Am Walchensee« und »An der Isar«,
A. B. Söhngen-Frankfurt einen niedersächsichen Bauernhof
in der Lüneburger Heide. Sehr ansprechend sind die gra-
phischen Arbeiten von L. Kayser, Ernst Eimer und Arthur
Riedel. b.

Deutsche Kunstausstellung Baden-Baden. Trotz
des rechts vom Rhein in Baden deutlich hörbaren Kanonen-
donners an der Reichsgrenze hat die Leitung der Baden-
Badener Kunstausstellung es sich nicht nehmen lassen,
den deutschen Künstlern Gelegenheit zu geben, auszu-
stellen. Die Badener Saison setzt also mit allen An-
ziehungen ein, deren dieser Platz fähig ist: mit herr-
licher Natur und mit Kunst. — Dem Herkommen gemäß
sind der HauptausstellungSonderausstellungen angegliedert.
Diesmal erstrecken sie sich auf die zwei sehr entgegen-
gesetzten Persönlichkeiten L. Dill und Fr. Fehr. — Dill
hat außer einer kleinen Anzahl von Gemälden eine reiche
Folge von Handzeichnungen aus allen Jahren seines Schaf-
fens ausgestellt. Sie sind, weil das hervorragende zeich-

nerische Können Dills bis jetzt nahezu unbekannt ist, eine
Überraschung. Dills Kunst hat sich aus den mehr illu-
strativen Anfängen in den siebziger Jahren durch eine in
Aquarellen vertretene impressionistische Durchgangszeit
gegen die neunziger Jahre in ihrem Stil entwickelt, wie er
uns heute bekannt ist. Diese Wandlung an den Zeich-
nungen zu verfolgen, ist sehr reizvoll. — F. Fehr gibt in
seiner Sonderausstellung neben einigen »Kriegsbildern«
einen Überblick über die malerischen Seiten der heutigen
modernen Haus- und Gartenarchitektur. Fehr überrascht
durch seine Vielseitigkeit und sein nie versagendes Können.
— Die Malerei zeigt in einigen Leistungen (Thoma, Schön-
leber, Slevogt, Haueisen, Würtenberger und einigen Jungen)
hervorragende Stücke, scheint aber nicht ganz vollzählig
zu sein (vielleicht infolge der Transportschwierigkeiten).
Ganz hervorragend ist diesmal die Graphik (Handzeich-
nungen, Radierungen und Holzschnitte) vertreten; M.Lieber-
mann, Greiner, Slevogt, Kollwitz, Haueisen, Hofer, Bizer,
Laage, Zähringer, Gelbke, Orlik, Goebel u. a. geben dieser
Ausstellung eine besondere Note.

München. Entgegen früheren Beschlüssen wird weder
die Neue Münchner Sezession noch die Münchner Künstler-
Genossenschaft (Glaspalast) eine Sommerausstellung ver-
anstalten. Die »Sezession« dagegegen wird noch im Juni
ihre Ausstellung am Königsplatz eröffnen. m.

VERMISCHTES
Essener Kunstleben im Kriegsjahre. Der im Jahre
1910 gegründete Essener Kunstverein gibt einen Jahres-
bericht für sein am 31. März abgeschlossenes Vereinsjahr
heraus, der in vieler Hinsicht bemerkenswert erscheint.
Das Essener Museuni, mit dem der Kunstverein in engster
Verbindung steht, wurde bei Kriegsbeginn geschlossen; in
seinen Räumen richtete sich der Kriegsliebesdienst ein, bei
dem zunächst auch der Museumsdirektor mit seinen Be-
amten tätig war. Wechselnde Ausstellungen konnten da-
gegen später in einer am Stadtgarten gelegenen Villa statt-
finden, die das Haus Krupp zur Verfügung stellte. Dort
wurden für 18000 Mark Bilder verkauft. Sonderausstellungen
wurden veranstaltet von Ernst Liebermann, Hans von Volk-
mann, Heinrich Nauen, Emil Nolde, Christian Rolfs und
Ida Gerhardi. Außerdem wurde aber dank der Bemühung
des Direktors Gosebruch eine Künstlerbeihilfe« geschaffen,
zu der zunächst die Familie Krupp einen Grundstein in
Höhe von 10000 Mark stiftete. Der Kunstverein fügte
5000 Mark hinzu; dieselbe Summe wurde von privaten
Kunstfreunden aufgebracht. Über siebzig Künstler haben
bis jetzt aus diesem Fonds Summen in durchschnittlicher
Höhe von 300 Mark erhalten. Die meisten sandten sofort
oder später Gegenleistungen in Form von kleineren Kunst-
werken, die teils unter den Mitgliedern des Kunstvereins
verlost wurden, teils, in der Hauptsache Aquarelle, Zeich-
nungen, Radierungen, in die Museumssammlung gelangen.
Die städtische Galerie hat im Berichtsjahre nur wenige,
aber durchweg ausgewählte Stücke erworben, darunter
zwei Gemälde von Wilhelm Trübner, Liebespaar mit Hund
(1873) und Interieur vom Starnberger See (1911), Thomas
Frühbild »Näherinnen« (1868) und Liebermanns »Papageien-
mann« (1903). Ferner vermehrte sich die Sammlung um
Ernst te Peerdts Hauptwerk »Deutsche Landschaft« (1885),
Ernst Isselmanns »Selbstbildnis« (1913) und Karl Albikers
Bronzestatuette »Stehender Jüngling«. Unter den neuer-
worbenen Handzeichnungen befinden sich Blätter u. a. von
Heckendorf, Nolde und Ophey.

Inhalt: Ausstellung von Werken alter Kunst aus Berliner Privatbesitz. Von Glaser. — Max Buriti Ausstellungen im Kölnischen Kunstverein;
Deutsche Kunstausstellung Baden-Baden; Ausstellung der »Sezession« in München. — Essener Kunstleben im Kriegsjahre.

Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstraße IIa
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h., Leipzig
 
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