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Vereine — Vermischtes
536
künstlerisch wiederzugeben. Trotzdem wäre es eine Un-
gerechtigkeit gegen die Kunst von heute, wenn man behaup-
tete, sie hätte versagt, als es sich darum handelte, den
Gehalt des Krieges künstlerisch auszuschöpfen. Wir müssen
unseren Künstlern Zeit lassen, daß sie sich auf sich selber
besinnen, daß sie von dem Gewaltigen, was sie erleben,
den nötigen Abstand nehmen können. Aus solchen oder
ähnlichen Erwägungen heraus hat Ferdinand Avenarius in
einer kürzlich erschienenen Kunstmappe mit dem Titel: »Der
Kampf in deutscher Bilderkunst« eine Anzahl Arbeiten
älterer Meister aus dem Gebiete der Schlachtenmalerei zu-
sammengestellt. In gewissem Sinne führt uns auch eine
neue, Robert Haug gewidmete Mappe in die Vergangen-
heit, weil dieser mit Recht hochgeschätzte Meister sich die
Freiheitskriege zu künstlerischer Gestaltung ausersehen hat.
Blätter wie »Im Morgenrot«, »Vor dem Angriff«, »Die
schlesische Landwehr bei Möckern« oder »Blüchers Vortrab
erblickt den Rhein bei Caub« haben neben ihrem ethischen
Gehalt auch hohen künstlerischen Wert, weil ihr Urheber
es in ganz ausgezeichneter Weise verstanden hat, den selbst-
gewählten Stoff zu durchgeistigen. Sie rufen uns, als hätten
wir sie miterlebt, die heroischen Zeiten in die Erinnerung,
da unser Volk sich nach Jahren der Knechtschaft die Frei-
heit wiedererkämpfte, und was uns diese Schlachtenbilder
Robert Haugs so teuer macht, das ist die Gefühlswärme,
die Größe der Auffassung und der frische, kraftvolle Re-
alismus, der sie durchströmt. b.
VEREINE
Der Sächsische Kunstverein hat in seiner dies-
jährigen Mitgliederversammlung am 30. Juni in Dresden
einige bemerkenswerte Beschlüsse gefaßt. Zunächst einen
über die Verlosung, die bekanntlich in allen Kunstvereinen
deshalb nicht selten zu Klagen führt, weil der Gewinner
gar keine Wahl hat, daher nicht selten etwas gewinnt,
was ihm nicht zusagt. Um diesem Übelstande wenigstens
einigermaßen abzuhelfen, sollen künftig die ersten 50 Ge-
winner aus den ersten 60 Gewinnen an einem bestimmten
Tage zu einer bestimmten Stunde nach der Reihe ihren
Gewinn auswählen dürfen. Der fünfzigste Gewinner hat
so immer noch die Auswahl zwischen elf Kunstwerken.
Ein anderer Übelstand in den Kunstvereinen ist die Vereins-
gabe. Wird sie in einer Massenauflage von etwa 2400 Stück
hergestellt — so viel Mitglieder hat etwa der Sächsische
Kunstverein — so ist sie von vornherein künstlerisch und
ihrem Geldwerte nach entwertet und verfehlt vielfach
ihren Zweck. Es wurde daher beschlossen, anstatt eines
Blattes in der Auflage von 2400, zwölf Blätter in der
Auflage von je 200 Stück herstellen zu lassen und diese
entsprechend zu verteilen (bei kleinplastischen oder kunst-
gewerblichen Werken entsprechend weniger). Damit ist
wenigstens eine gewisse Besserung des Übelstandes er-
reicht. Die Vereinsgabe für 1914 — ein plastisches Werk —
konnte aus Mangel an Bronze nicht hergestellt werden;
es wurde daher beschlossen, den Mitgliedern für 1914 und
1915 je ein Los der Kriegslotterie, die der Kunstverein
zum Besten der Künstler veranstaltet, zu gewähren. Aus-
gestellt waren im ganzen 3928 Kunstwerke (1977 Gemälde,
1609 graphische Werke, 330 Skulpturen, 12 Glasbilder). Von
diesen Werkenstammten 2507 aus Dresden und Umgegend,
321 aus München, 130 aus Berlin, 117 aus Prag, 101 aus
Stuttgart, 103 aus Wien usw. Verkauft wurden 572 Kunst-
werke für 59628.05 M., und zwar 533 Kunstwerke für
44696.25 M. an Behörden und Private, 131 Werke für
18931.80 M. an den Kunstverein. Die Einnahmen betrugen
46546.80 M., die Ausgaben 44745,08 M. Der Vermögens-
stamm für öffentliche Zwecke besaß am Schluße des Be-
richtjahres 5458.60 M., die Rücklage betrug 2095.80 M.
VERMISCHTES
Nach dem Vorbild deutscher Vereinigungen wird jetzt
in Skandinavien ein Nordischer Museumsverein begrün-
det. Die Anregung ist von Professor Emil Hannover, dem
Leiter des Kunstgewerbemuseums in Kopenhagen, ausge-
gangen. Außer Emil Hannover sind an der Leitung eine Reihe
von Kunsthistorikern und Kunstfreunden beteiligt, unter
denen bei uns in Deutschland besonders Karl Madsen, der
Direktor der Kopenhagener Galerien, Richard Bergh in
Stockholm und Jens Thiis, der Direktor der Nationalgalerie
in Christiania, bekannt sind. Im September soll in Kopen-
hagen die erste Jahresversammlung des nordischen Muse-
umsvereins abgehalten werden.
0
Eine Wanderausstellung »Deutsche Waren unter
fremder Flagge«,- die auf Anregung des Deutschen Werk-
bundes entstanden ist, wird demnächst ihre Reise durch
Deutschland antreten. Man kann auf erstaunliche Ent-
hüllungen über die Herkunft mancher berühmten »aus-
ländischen Marke« gefaßt sein.
Aus Weimar erhalten wir einige überraschende Mit-
teilungen. Sie betreffen das Schicksal der bisher unter
der Leitung van de Veldes zu so großem Ansehen ge-
langten Großherzoglichen Kunstgewerbeschule. Kurz
nach Ausbruch des Krieges wurde dem Direktor van de Velde
gekündigt; hierfür scheinen persönliche Gründe maßgebend
gewesen zu sein. Dann aber wurde am 27. März sämtlichen
Lehrkräften der Schule vom Großherzogl. Staatsministerium
ebenfalls zum 1.Oktober 1915 gekündigt und dabei folgende
Begründung ausgesprochen: »Da eine Entschließung Sr.
Kgl. Hoheit für die künftige Gestaltung der Schule nach
Ablauf des Schuljahres noch nicht getroffen ist, erscheint
es auch im Interesse der beteiligten Angestellten geboten,
das Dienstverhältnis aller Angestellten der Schule schon
jetzt zum 1. Oktober 1915 aufzukündigen.« — Hoffentlich
handelt es sich hier nur um formale Kündigungen aus ver-
waltungstechnischen Gründen und jene auch jetzt noch
ausstehende Entschließung des Großherzogs setzt die Lehr-
kräfte wiederum in ihren alten Stand und bewahrt damit
die Schule vor vollständiger Auflösung. Jedenfalls scheint
es notwendig, die öffentliche Aufmerksamkeit auf diese An-
gelegenheit zu lenken.
Inhalt: Das perspektivische Verfahren Leone Battista Albertis. Von E. Panofsky. — »Costruzione legittima« oder »Distanzkonstruktion« bei Alberti?
Von O. J. Kern. — Eine dringende Forderung. Von Ludwig von Baldass. — Bartholome el Vermejo in Zaragoza. Von August L. Mayer.
— Wanderungen mit Rembrandt in und um Amsterdam. Von W. von Seidlitz. — Dr. Wilhelm Schmidt f; Hendrik Willem Mesdag f,
Eduard Oerisch f; Dr- Karl Adrian f; Nikolaus Wrangel t; August Flockemann t; Gabriel Leroux t; Albert Schickedanz f, Ehrenfried
Hessel t- — Personalien. — Provinzialmuseum in Bonn; Vermächtnis an die Antikensammlung des Allerhöchsten Kaiserhauses in Wien;
Neuerwerbungen der Kunsthalle in Hamburg. — Die neue Satzung der Kgl. Akademie der bildenden Künste zu Dresden; Qeh. Hofrat
German Bestelmeyer; Die Berliner Kgl. Akademie der Künste. — Goldglasfund im Dom zu Frauenburg. — Ausstellungen in Haarlem,
Amsterdam und Chemnitz. — Denkmalpflegetag in Brüssel. — Krieg und Kunst. — Sächsischer Kunstverein. — Vermischtes.
Die Nummer 41 des Kunstmarktes erscheint mit der nächsten Nummer der Kunstchronik
Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstraße IIa
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h., Leipzig
Vereine — Vermischtes
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künstlerisch wiederzugeben. Trotzdem wäre es eine Un-
gerechtigkeit gegen die Kunst von heute, wenn man behaup-
tete, sie hätte versagt, als es sich darum handelte, den
Gehalt des Krieges künstlerisch auszuschöpfen. Wir müssen
unseren Künstlern Zeit lassen, daß sie sich auf sich selber
besinnen, daß sie von dem Gewaltigen, was sie erleben,
den nötigen Abstand nehmen können. Aus solchen oder
ähnlichen Erwägungen heraus hat Ferdinand Avenarius in
einer kürzlich erschienenen Kunstmappe mit dem Titel: »Der
Kampf in deutscher Bilderkunst« eine Anzahl Arbeiten
älterer Meister aus dem Gebiete der Schlachtenmalerei zu-
sammengestellt. In gewissem Sinne führt uns auch eine
neue, Robert Haug gewidmete Mappe in die Vergangen-
heit, weil dieser mit Recht hochgeschätzte Meister sich die
Freiheitskriege zu künstlerischer Gestaltung ausersehen hat.
Blätter wie »Im Morgenrot«, »Vor dem Angriff«, »Die
schlesische Landwehr bei Möckern« oder »Blüchers Vortrab
erblickt den Rhein bei Caub« haben neben ihrem ethischen
Gehalt auch hohen künstlerischen Wert, weil ihr Urheber
es in ganz ausgezeichneter Weise verstanden hat, den selbst-
gewählten Stoff zu durchgeistigen. Sie rufen uns, als hätten
wir sie miterlebt, die heroischen Zeiten in die Erinnerung,
da unser Volk sich nach Jahren der Knechtschaft die Frei-
heit wiedererkämpfte, und was uns diese Schlachtenbilder
Robert Haugs so teuer macht, das ist die Gefühlswärme,
die Größe der Auffassung und der frische, kraftvolle Re-
alismus, der sie durchströmt. b.
VEREINE
Der Sächsische Kunstverein hat in seiner dies-
jährigen Mitgliederversammlung am 30. Juni in Dresden
einige bemerkenswerte Beschlüsse gefaßt. Zunächst einen
über die Verlosung, die bekanntlich in allen Kunstvereinen
deshalb nicht selten zu Klagen führt, weil der Gewinner
gar keine Wahl hat, daher nicht selten etwas gewinnt,
was ihm nicht zusagt. Um diesem Übelstande wenigstens
einigermaßen abzuhelfen, sollen künftig die ersten 50 Ge-
winner aus den ersten 60 Gewinnen an einem bestimmten
Tage zu einer bestimmten Stunde nach der Reihe ihren
Gewinn auswählen dürfen. Der fünfzigste Gewinner hat
so immer noch die Auswahl zwischen elf Kunstwerken.
Ein anderer Übelstand in den Kunstvereinen ist die Vereins-
gabe. Wird sie in einer Massenauflage von etwa 2400 Stück
hergestellt — so viel Mitglieder hat etwa der Sächsische
Kunstverein — so ist sie von vornherein künstlerisch und
ihrem Geldwerte nach entwertet und verfehlt vielfach
ihren Zweck. Es wurde daher beschlossen, anstatt eines
Blattes in der Auflage von 2400, zwölf Blätter in der
Auflage von je 200 Stück herstellen zu lassen und diese
entsprechend zu verteilen (bei kleinplastischen oder kunst-
gewerblichen Werken entsprechend weniger). Damit ist
wenigstens eine gewisse Besserung des Übelstandes er-
reicht. Die Vereinsgabe für 1914 — ein plastisches Werk —
konnte aus Mangel an Bronze nicht hergestellt werden;
es wurde daher beschlossen, den Mitgliedern für 1914 und
1915 je ein Los der Kriegslotterie, die der Kunstverein
zum Besten der Künstler veranstaltet, zu gewähren. Aus-
gestellt waren im ganzen 3928 Kunstwerke (1977 Gemälde,
1609 graphische Werke, 330 Skulpturen, 12 Glasbilder). Von
diesen Werkenstammten 2507 aus Dresden und Umgegend,
321 aus München, 130 aus Berlin, 117 aus Prag, 101 aus
Stuttgart, 103 aus Wien usw. Verkauft wurden 572 Kunst-
werke für 59628.05 M., und zwar 533 Kunstwerke für
44696.25 M. an Behörden und Private, 131 Werke für
18931.80 M. an den Kunstverein. Die Einnahmen betrugen
46546.80 M., die Ausgaben 44745,08 M. Der Vermögens-
stamm für öffentliche Zwecke besaß am Schluße des Be-
richtjahres 5458.60 M., die Rücklage betrug 2095.80 M.
VERMISCHTES
Nach dem Vorbild deutscher Vereinigungen wird jetzt
in Skandinavien ein Nordischer Museumsverein begrün-
det. Die Anregung ist von Professor Emil Hannover, dem
Leiter des Kunstgewerbemuseums in Kopenhagen, ausge-
gangen. Außer Emil Hannover sind an der Leitung eine Reihe
von Kunsthistorikern und Kunstfreunden beteiligt, unter
denen bei uns in Deutschland besonders Karl Madsen, der
Direktor der Kopenhagener Galerien, Richard Bergh in
Stockholm und Jens Thiis, der Direktor der Nationalgalerie
in Christiania, bekannt sind. Im September soll in Kopen-
hagen die erste Jahresversammlung des nordischen Muse-
umsvereins abgehalten werden.
0
Eine Wanderausstellung »Deutsche Waren unter
fremder Flagge«,- die auf Anregung des Deutschen Werk-
bundes entstanden ist, wird demnächst ihre Reise durch
Deutschland antreten. Man kann auf erstaunliche Ent-
hüllungen über die Herkunft mancher berühmten »aus-
ländischen Marke« gefaßt sein.
Aus Weimar erhalten wir einige überraschende Mit-
teilungen. Sie betreffen das Schicksal der bisher unter
der Leitung van de Veldes zu so großem Ansehen ge-
langten Großherzoglichen Kunstgewerbeschule. Kurz
nach Ausbruch des Krieges wurde dem Direktor van de Velde
gekündigt; hierfür scheinen persönliche Gründe maßgebend
gewesen zu sein. Dann aber wurde am 27. März sämtlichen
Lehrkräften der Schule vom Großherzogl. Staatsministerium
ebenfalls zum 1.Oktober 1915 gekündigt und dabei folgende
Begründung ausgesprochen: »Da eine Entschließung Sr.
Kgl. Hoheit für die künftige Gestaltung der Schule nach
Ablauf des Schuljahres noch nicht getroffen ist, erscheint
es auch im Interesse der beteiligten Angestellten geboten,
das Dienstverhältnis aller Angestellten der Schule schon
jetzt zum 1. Oktober 1915 aufzukündigen.« — Hoffentlich
handelt es sich hier nur um formale Kündigungen aus ver-
waltungstechnischen Gründen und jene auch jetzt noch
ausstehende Entschließung des Großherzogs setzt die Lehr-
kräfte wiederum in ihren alten Stand und bewahrt damit
die Schule vor vollständiger Auflösung. Jedenfalls scheint
es notwendig, die öffentliche Aufmerksamkeit auf diese An-
gelegenheit zu lenken.
Inhalt: Das perspektivische Verfahren Leone Battista Albertis. Von E. Panofsky. — »Costruzione legittima« oder »Distanzkonstruktion« bei Alberti?
Von O. J. Kern. — Eine dringende Forderung. Von Ludwig von Baldass. — Bartholome el Vermejo in Zaragoza. Von August L. Mayer.
— Wanderungen mit Rembrandt in und um Amsterdam. Von W. von Seidlitz. — Dr. Wilhelm Schmidt f; Hendrik Willem Mesdag f,
Eduard Oerisch f; Dr- Karl Adrian f; Nikolaus Wrangel t; August Flockemann t; Gabriel Leroux t; Albert Schickedanz f, Ehrenfried
Hessel t- — Personalien. — Provinzialmuseum in Bonn; Vermächtnis an die Antikensammlung des Allerhöchsten Kaiserhauses in Wien;
Neuerwerbungen der Kunsthalle in Hamburg. — Die neue Satzung der Kgl. Akademie der bildenden Künste zu Dresden; Qeh. Hofrat
German Bestelmeyer; Die Berliner Kgl. Akademie der Künste. — Goldglasfund im Dom zu Frauenburg. — Ausstellungen in Haarlem,
Amsterdam und Chemnitz. — Denkmalpflegetag in Brüssel. — Krieg und Kunst. — Sächsischer Kunstverein. — Vermischtes.
Die Nummer 41 des Kunstmarktes erscheint mit der nächsten Nummer der Kunstchronik
Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstraße IIa
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h., Leipzig