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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 41,2.1928

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Heft 8 (Maiheft 1928)
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Egidy, Emmy von: Deutschland in drei Städtebildern, [3]: wie es sich für einen Auslandsdeutschen darstellt
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https://doi.org/10.11588/diglit.8884#0112

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DeuLschland in drei Städkebildern

Wie es sich für einen AuslandsdeuLschen darstellr
Von Emmy von Egidy

III

Hamburg

Übcr Hamburg iveht der Akem dcs Mecres. Das sieghafte ElemenL, grandios
in seiner Ruhe, furchLbar in seiner GewalL, haL das AnLlih dieser SLadt wic
ihrer Menfchen geprägt und beiden diesen wundervollen Ausdruck von Gelassen-
heit gegeben. Gegen das Elemenk kann man kämpfen, aber man weiß, daß man
es nie ganz besiegt, man sucht es sich zu verbiuden in FreundfchafL. Es ist da,
allgegenwärtig. Es ift das, was hier alle cifrige und energiegesättigte Täkig-
keit hervorruft, im Hafen und um den Hafen, iu Speichern und Häusern, auf
Straßen und PläHen. Wie fchnell auch die kleinen MoLorbooLe herumfchießen
in den Hafenwässern, wie haushoch auch die Überseedampfer ihre eleganken
Ekagenbauten auffteigen lassen, wie gewalkig die Anlagen der 3Derften den
Hafen umsäumen und kreuzen — gemessen an dem Unendlichen, das seine Was-
ser in Flut und Ebbe sendek und zurückziehk, ift ihrer aller Winzigkeik so evident,
daß nach solchem Maßftab kaum mehr ein Uuterfchied bleibk zwifchen der be-
weglichen Pinasse und dem größten Ozeanrieseu. Das bringt eine gewisse Stillc
und GelassenheiL in die Menfchenseele. Die aufgeblasene Wichtigkeik von Ge-
fchwindigkeits-Rekorden und PS-Tausenden, die Berlin nicht umgehen Lann,
kommt hier nicht auf. Der übcrrageudfte Vergleichs-FakLor ift immer gegen-
wärtig, wenn auch nichk ftets bewußt. In der MikLe des Lebens ftehk hier das
wei'Le, unermeßliche Meer.

Der breite Elbftrom LrägL seine Flut hinein, uimmL sie bei Ebbe zurück, ver-
bindet, bildhaft einprägsam durch das Leben im Hafen wie durch die Arbeit
in den Schreibsluben der Kaufleute, den Tag des Einzelnen mit diesen großeu
kosmifchen Bewegungen. Das erzieht und läßt erftarken. Es läßt den Men-
fchcn in einer ZusaiumengehörigkeiL nük dem Leben des PlaneLen ruhen, die
ihn einordnet in WeltgeseHe, indem sie ihn für das Gefühl seiner Kleinheik ent-
fchädigk. Das ift die Gabe der RkaLur an den Küftenbewohner. Das Klima
begünßigt ihn nichk. Unker einem meift düftern Himmel fteht eine feucht-fchwerc
LufL, es überwiegen die Regenkage und die Rkebel umhäugeu deu Blick. Dafür
aber ftehk an hellen Tagen diese LufL silbern über der Stadt der grüuen
Türme, weckt jedes bißchen Farbe zu metallifchem Glanz, fchaffk nrit dem Piusel
des Malers ein zauberhaftes Bild und nährt so dre Schaffeusfreudc des Ham°
burgers an seinem wunderfchönen Stadt-Gebilde. TroH der Schwere der Luft
lr'egk ein Etwas hier in den Bewegungeu der Meufchen — anders als in Bcrlin
oder Köln —, es ift der Wellengang der See, der seine Rhythmcn auf sie über-
LrägL. Wie auch oft feindlrch und uriüberwmdlich, irgcndwic Lief verwandt ur-
sächlich-verbunden das Gefchaffene, als ElcmenL und Menfch in der gleichen
Schöpfung ruhend, ziehk hier der Menfch UrkräfLe des Lebens aus dreser
ZusammengehörigkeiL.

Trennend und verbindend ift dieses große Wasscr. Auf jeinen Wogm glitten
von jeher die SendboLen weltferner Völker und Sitten, Nakur- und Geisteo-
produkte iu das Leben dieser StadL. Aber es muß wohl sein, daß, tvas übcr
 
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