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Kunstwart und Kulturwart — 28,1.1914

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Heft 1 (1. Oktoberheft 1914)
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Unsre Bilder und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.14418#0053

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Unsre Bilder und Noten

^m^ürers „RitLer, Tod und Teufel^ mag noch so „allgemein bekannt^
(-H^sein, es scheint uns in dieser Zeit einfach nicht möglich, daß eine
deutsche Zeitschrift unsrer Art ihren neuen Iahrgang eröffne ohne
dieses Blatt. Denn ganz genau die Stimmung, die uns Deutschen heute
zum Durchhalten hilft, genau sie hat Dürer hier vor vierhundert
Iahren ins Monumentale erhoben. „Laß kommen die Höll, mit mir zu
streiten, ich will durch Tod und Teufel reiten." Es ist nicht die Stimmung
der Kampf-, geschweige der Rauflust, auch nicht die der Eroberungslust,
auch nicht der Sncht nach dem Ruhm noch des Grimms im Verteidigen von
Haus und tzof. Sondern hier ist die Seelenstimmung dessen, welcher die
Pflicht und mit der Pflicht den Weg weiß, die Seelenruhe, die sich in
ihrem Gottvertrauen so sicher fühlt, daß ihr der Gedanke an eine Gefahr
gleichgültig ist, es ist die Stimmung der vollkommenen einheitlichen
Entschlossenheit. Dürers fertiges Werk mit der Reiterstudie zu vergleichen,
die er dazu benutzt hat, ist außerordentlich wertvoll, weil sich ganz selten
so klar wie hier das Vergeistigen zeigt. Aber darauf einzugehen,
geht heut nicht an. Wer das tun will, findet das Wort und die bild-
liche Anterlage dazu auf dem Umschlag zu unserm Meisterbild 2.

Auch wenn tzans Thomas Iubeltag nicht gerade in diese Wochen
fiele, so gehörte doch sein Bildnis gerade jetzt in unser Blatt. Warum,
davon kurz in der Rundschau dieses tzeftes. Es freut uns sehr, den
Lesern das eben erst vollendete radierte Selbstbildnis dieses teuren Meisters
zeigen zu können. Ein Werk von ergreifender Innerlichkeit.

Von Albin Egger-Lienz haben wir kürzlich erst gesprochen. tzeut
bringen wir sein Bild aus dem Tiroler Aufstand von ^80y „Das Kreuz".
Eine Schöpfung von ganz andrer Kriegsstimmung als der bei Dürer. Die
heilige Leidenschaft des religiösen Krieges bei empörtem christlichen
Gefühl in ihrer ungeheuren Wucht. Wir bringen in einem Teil unsrer
Auflage nicht das Vollbild, sondern die tzauptgruppe daraus, damit ihre
innere Stärke noch eindrucksvoller zur Geltung komme. And erinnern an
das neulich von uns empfohlene Buch über Egger-Lienz von C. tz. Weigelt,
das bei Weise L Co. in Berlin erschienen ist.

Unser tzeft bringt diesmal kein farbiges Bild. In weiteren tzeften
werden wir auch farbige Beilagen bringen. Aber mit voller Absicht weni-
ger, als heut Mode ist. Ansre Leser wissen, daß unsrer Meinung nach
die billigen Farbenautotypien nach großen Gemälden gerade das Gegenteil
von dem sind, wofür sie sich halten. Sie bilden nicht, sondern verderben
geradezu den Sinn für Farbe. Aber in Ausnahmefällen sind sie und
sind besonders farbige Wiedergaben in edleren Techniken natürlich auch
ferner im Kunstwart am Platze. A

(T^er diese Zeilen schreibt, hat in den letzten Tagen gewiß sechzig bis
^siebzig „zeitgemäße" Lieder vor sich liegen gehabt. Keines hat ihm
einen so unmittelbar schlagenden Eindruck gemacht wie das „Reservisten-
lied von Otto Crusius. So groß plötzlich das Angebot von

volkstümlichen oder volkstümelnden Soldatenliedern und Kriegsliedern ist,
so deutlich wird einem auch, wie schwer man sich hier von Trivialität,
Kraftmeierei, Absichtlichkeit und Künstelei entfernt halten kann. Sehr viel

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