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Kunstwart und Kulturwart — 28,1.1914

DOI Heft:
Heft 6 (2. Dezemberheft 1914)
DOI Artikel:
Avenarius, Ferdinand: Krieg und Friedensbewegung: auch eine Weihnachtsbetrachtung
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https://doi.org/10.11588/diglit.14418#0248

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Krieg und Friedensbewegung

Auch eine Weihnachtsbetrachtung

^>^as Fest der Liebe, das Fest des Friedens und rnit ihm die Lrkennt«
^-H^nis: es ist zu Friedensverhandlungen zu früh. Auch dieses „noch
^^nicht!" ist einer der Punkte, in denen jetzt die Gedanken aller
Deutschen sich treffen. Wir wissen alle, daß ein Frieden jetzt „faul" sein
würde. Krank geboren, blutarm, brech ich, ein übelster Regent, dessen
Tod wie eine ständige Bedrohung am Zimmel stehn und schließlich doch
wie Befreiung wirken würde. Auch kein Christ kann einen baldigen kurzen
Frieden einem späteren langen vorziehen. Also müssen heuer die Weih-
nachtsbetrachtungen das vorläufige Weiterkämpfen hinnehmen.

Auch das trifft zu, daß das Verhältrns von uns Deutschen zum Kriege
kaum noch dasselbe ist, wie vor einem Iahr. Wer sein Grausen nicht auf
den Schlachtfeldern miterlebt, den traf sein Aushauchen in den Lazaretten,
und auf allen Straßen wandelt sein Schauer mit schwarzen Schatten
durchs Volk. Aber neben den Schrecknissen und mitten aus ihnen heraus
wuchs auch Edles, auch Großes — nicht nur der Krieg als Zermalmer,
auch der Krieg als Erwecker und Schöpfer hat uns sein Antlitz gezeigt.
Wir begreifen das Wort, daß der Traum vom ewigen Frieden nicht ein-
mal schön sei.

Aber die einfache Frage: „And der Traum vom ewigen Krieg?" er-
weist es als hellen Wahnsinn, Zustände wie die gegenwärtigen „ver-
ewigt" zu denken. Es mag in Rom wenig verschlagen haben, wenn der
Ianustempel dauernd offen stand, es kann auch heute ein Imperium go-
deihen, obschon man immer an irgendeiner seiner Grenzen kämpft. Die
Völker aber, die nicht mit ihren Kraftüberschüssen, sondern mit ihrer Kern-
kraft rängen, wären bei dauerndem Kriege bald dahin, am Mitwirken an
der Menschheitsentwicklung mindestens hätten sie ihr Teil verspielt. Auch
über diese Selbstverständlichkeit denken wir ja gleich, selbst die rückhalt-
losen Befürworter des Krieges bis zum äußersten wollen ihn ja gerade,
damit später der Frieden beständü; sei.

Das Dauerziel also ist allen der Frieden, und letzten Endes geht
es um ihn. Da dem so, ist es nun richtig, jene Bemühungen der „Frie-

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