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Kunstwart und Kulturwart — 28,1.1914

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Heft 2 (2. Oktoberheft 1914)
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Zeugnisse der Zeit
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Unsre Bilder und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.14418#0097

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selbst sollen dann nicht auf gewöhn- set die Mndlein zu mir komrnen."
lichem tzandelsdampfer reisen, nein, And man meint: wenn die Minen
man will ein besonderes Weih-- auch noch so dicht lägen, dafür würde
nachtsschiff ausrüsten mit einem wei- schon gesorgt werden, daß es glücklich
ßen Stern und dem Leitspruch: „Las- durch alle Gefahren käme.

Unsre Bilder und Noten

^z^bensowenig, wie an Dürers „Ritter, Tod und Teufel^ kommt an
U^^seinen „Kämpfenden Engeln", an seinem Erzengel Michael vorbei,
wer die Stimmung der Gegenwart mit starker Erregung fühlt. Die Worte
der Apokalypse sprechen vom „Streit im Himmel", von „Michael und
seinen Engeln", die mit dem Drachen stritten „und siegeten ihn", „und
es ward ausgeworfen der große Drache, die alte Schlange, die da heißt
der Teufel und Satanas, der die ganze Welt verführet, und ward ge-
worfen auf die Erde, und seine Engel wurden auch dahin geworfen".
Wir geben nur einen Ausschnitt des Blattes, denn das Ganze vertrüge
die Verkleinerung schlecht — wer es groß haben will, kann sich's ja in
der Meisterbildausgabe (als Blatt für 25 Pfennige kaufen. tzier
liegt neben den „Reitern" das mächtigste Blatt der ganzen „Apokalypse"
des erst 27jährigen Meisters vor. Es ist noch ganz Gotik. Rnd ist, wie
nur das Größte, tief innerlich gefühlt. Der Engel kein schöner Ritter,
sondern noch ein halb weibliches Wesen, einer, der in Leid und Not
seinen Glauben erkämpft hat, seinen Glauben, dieses sein Alles, das
ihm auch die Stärke gibt.

Wilhelm Steinhausens heranziehendes Gewitter hätte, als
billige Symbolik genommen, noch besser in die Zeit vor acht Wochen
»gepaßt". Wir geben's nicht als billige Symbolik. Aber das ist wohl
wahr, daß ein Meister von Steinhausens Art trotz all seines Maler-
Künstlertums schwerlich imstande sein wird, einen Naturvorgang wie diesen
nur auf Augenwerte hin zu sehn, nicht zugleich symbolisch, richtiger:
poetisch zu fühlen. Drohendes Gewitter über grünem deutschen Land.
Wie es blitzen möge, das Gewitter wird vorübergehn und das Land
bestehn.

Nun ein heiteres Bild des polnischen Malers Mstislas Dobon-
jinsky, das in dieser Zeit des Krieges im Osten aber auch halb und
halb „aktuell" ist. Denn wenn der Maler sein Werk auch höflicherweise
in die Krinolinenzeit zurückverlegt hat, in ihrem Wesen, sozusagen in
ihrem tzerzen, wird sich die Welt dort „in der Provinz" seitdem nicht
viel verändert haben. Kann man die ganze Außerlichkeit halbasiatischer
Zivilisation lustiger — nein: nicht verspotten, sondern mit gutem tzumor
belächeln, als dieser polnische Spitzweg tat? tzier ist die tzauptstraße
der Provinzstadt, das sieht man an dem „hochfeinen" tzause links, das
beinahe ganz wie Europa aussieht, und gegenüber an der Laubenhalle,
die aus den Erinnerungen an Schlesien und Osterreich von einem kühnen
Unternehmer hergesetzt ist. Da sind, ausweislich der beiden Iuden, die
die verhoffte Käuferin schon von fern andienern, die „Magazine", und
dorthin schafft auch der dritte, der die tzunde anlockt, seine Würste. Die
Pfütze hat als eine Art von ständigem Ziersee altüberkommenes Daseins-
recht. An dem patriotisch gestreiften Landespfahl, den ein Iunge mit

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