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Kunstwart und Kulturwart — 28,1.1914

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Heft 6 (2. Dezemberheft 1914)
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Zeugnisse der Zeit
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Unsre Bilder und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.14418#0284

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den Drang, der Heimat zu dienen,
auf einmal aus den heldenmütigsten
Impulsen heraus beendigt.

Während dieser Verhandlung ge-
schah eine von jenen englischen Rn«
begreiflichkeiten, die gerade unter
dem Druck der Feindschaft und des
Hasses jetzt aufzublühen scheinen. Ein
unbekannter Mann, ein Engländer,
trat aus dem Zuschauerkreis heraus
und aufgewühlt, zum tiefsten ergrif-
fen für den starken, stolzen Menschen-
bruder, über dem das Todesurteil
schwebte, weil er ein tzeld war, reichte
er ihm die tzand. In der wilden,
mit Gefahr, Verdacht, Angst, Neur-
asthenie geladenen Luft der Spionen-
Gerichtsverhandlung schüttelte er
dem Deutschen die tzand.

Er wurde natürlich verhaftet. Bei
einer energischen Untersuchung, an
der sich die ganze Presse beteiligte,
wurde festgestellt, daß er mit dem
Angeklagten und seinem Vergehen
nicht das geringste zu tun hatte,
daß er den Angeklagten überhaupt
im Gerichtssaal zum erstenmal ge-
sehen, und daß er irgendein ordent-
licher, anständiger, englischer Bür-
ger war, der sein tzerz hatte spre-
chen lassen. Er wurde gleich auf
freien Fuß gesetzt.

tzans Lody wurde der Vergehen
des Landesverrats in vielen Fällen

für schuldig erklärt und verurteilt.
Aber der Richter verheim«
lichtedieStrafe. Es steht na-
türlich Tod auf den Verbrechen,
die tzans Lody begangen hatte. Floß
sein Blut in einem dunklen eng-
lischen Kerkerhof?

Ich persönlich bin überzeugt, daß
der Adel und die Männlichkeit, mit
denen dieses starke deutsche Bewußt«
sein sein schweres Geschick vor Ge-
richt trug, das tzerz des Richters
getroffen hat. Daß er sich sagte:
tzätten wir Engländer viele solcher
tzans Lodys! und daß tzans Lody
lebt.«

Er ward aber doch erschossen.
Nicht wegen Spionage, sondern we-
gen Verschwörung. In einem Briefe
nahm er ruhigen Abschied. „Gott
hat mir die Schönheiten der Welt
gezeigt, mehr, als Millionen unter
uns, und ich darf nicht klagen. Ich
habe gerechte Richter gefunden, die
mich nicht als Spion verurteilt
haben. Ein tzeldentod in der Schlacht
ist gewiß schöner, ich sterbe hier in
Feindesland still und unbekannt.
Das Bewußtsein jedoch, im Dienste
meines Vaterlandes zu sterben, macht
mir den Tod leicht."

Was für Weihnachtsrosen er-
blühen jetzt!

Unsre Bilder und Noten

^^ie Radierung Rembrandts, die wir vor dieses tzeft setzen, die
^-H^„Anb etung der tzirten bei der Laterne" von ^652, gehört
^^nicht zu den meistbekannten, hat sie doch von einem „Schlager" so
wenig an sich, wie nur eine. Aber sie gehört zu den Wundern des-
jenigen deutschen Geistes, der uns das Vaterland zur tzeimat macht, des
Geistes, der mit leisesten Mitteln das Tiefste, weil das Innigste erreicht
und emporhebt. Anter den Kennern ist deshalb und wegen des Zaubers
seiner Lichtführung dieses Blatt längst vor vielen allgemein angestaunten
berühmt.

In der deutschen religiösen Kunst runden sich die großen Kreise weit
und frei über die Zeitabstände hin. Wenn wir von Achdes „tzeiliger
Racht" kommen, so mag es manchem scheinen, als setze hier derselbe
Meister seine Schilderung fort. Als habe sich Achdes Maria, ermüdet,

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