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Kunstwart und Kulturwart — 28,1.1914

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Heft 5 (1. Dezemberheft 1914)
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Häfker, Hermann: Der Krieg und die Kinematographie
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Vom Heute fürs Morgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14418#0212

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höheren Volksbildungs- und Unterhaltungswesens geschulte Projektions-
Vortragswesen strebt nach Erweiterung und gerneinnützi-
ger Organisation. Es kann doppelt so viel technisch vollkommen eingerich-
tete Vortragsstätten brauchen und beschäftigen, als gute Kinotheater im
Lande sind! Und es kann sogleich anfangen, sich zu betätigen zugleich
im Dienste unsrer Sache: der Stärkung unsrer Mittel für das Ringen um
die Erhaltung des deutschen Kulturbodens. Hermann Häfker

Eine ausführliche Schrift über diese Fragen gibt der Dürerbund gleich-
zeitig als Flugschrift heraus. Auch werden wir in einigen Rundschau-
beiträgen der nächsten Hefte noch auf Einzelheiten eingehn.

Vom Heute fürs Morgen

Nach zwölf Wochen

ir hatten einen merkwürdigen
Onkel. Wenn uns in dessen
Gegenwart ein Schmerz befiel, der
uns Kummer machte oder gar nach
Tränen rief, so sagte dieser Onkel:
„Wartet mit den Tränen zwölf Tage
und mit dem Kummer zwölf Wo-
chen, Kinder, und wenn euch dann
noch gleich zumut ist, dann weint
immerhin und seid nach Herzenslust
recht traurig." Und siehe da, es
gab gar wenig Tränen und noch
weniger Kümmernisse, die nach zwölf
Tagen oder Wochen standgehalten
hätten. And wenn man auf was
mächtig stolz war, gleich kam der-
selbe Onkel: „Warte noch zwölf
Wochen, wenn du dann noch stolz
drauf bist, dann war's der Mühe
wert."

Ich habe versucht, den Zwölf-
wochenmaßstab meines Onkels in
Gedanken auf diesen Krieg zu über-
tragen, der jetzt zwölf Wochen währt.
Die Begeisterung, die Zuversicht, das
gute Gewissen der ersten, zweiten,
dritten Kriegswoche sind noch ein
wenig billig. Nach der dritten Woche
aber steigt langsam ein dunkles
Haupt aus unsrer tzeimaterde —
Locke erst, dann Stirne, Augen und
' zuletzt der Mund — das tut nach
der zwölften Woche eben diesen
Mund auf zu der großen Frage:
„Wie steht's jetzt mit dem guten

Gewissen, der Begeisterung, der Zu-
versicht?" Weh dem Volk im Krieg,
das vor dieser Frage die Augen
niederschlagen muß. Gott sei Dank,
wir müssen's nicht. Züricher

„Deutscher Aufstieg 1750
bis 1914"

uch Karl Lamprecht hat wieder
und wieder gefordert, daß neben
die Machtpolitik Deutschlands eine
K u l t u r politik trete. Unter „Kul-
Lurpolitik großen Stils" versteht er
dies: deutschen Kulturwerten An-
erkennung bei fremden Völkern zu
schaffen, sie für uns werben zu
lassen. Man kann den Begriff auch
in einem andern Sinn verwenden:
eine einheitliche g esam tdeutsche
Kultur über alle Staatsgrenzen hin-
weg zu erstreben, ein verbindendes
Geistesleben, das doch die politische
Staatszugehörigkeit der Deutschen
in den verschiedensten Staaten un-
berührt läßt. Da eine politische
Vereinigung aller Deutschen kein
möglicher Gedanke ist, wollen wir
das geistige Band der gemein-
samen Kultur unzerreißbar
machen. Eine solche, die mit allen
Kulturen der Welt in Austausch
stünde, wäre die köstlichste Frucht
der Menschheitsentwicklung über-
haupt. Rur die universale Anlage
gerade des Deutschtums könnte
sie reifen. Das hat die Kraft, alle
 
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