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Kunstwart und Kulturwart — 28,1.1914

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Heft 5 (1. Dezemberheft 1914)
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Zeugnisse der Zeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.14418#0231

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holverbot sei in vielen Fabriken die
Leistungsfähigkeit der Arbeiter um
30 bis ^0 vom tzundert gestiegen
und damit ihr Verdienst. In England
hat Lord Kitchener einen Aufruf
gegen den Alkoholmißbrauch im
Heer erlassen. Darin heißt es: „Sol-
daten, die trinken, können nichts
leisten/'

And nun zum deutschen tzeere, von
dessen tzeeresleitungen sich, soviel
wir wissen, bisher nur eine einzige
gegen den Alkohol milder ausgespro-
chen hat.

Das stellvertretende General-
kommando des VII. Armee»
korps veröffentlicht in der „Köl-
nischen Zeitung" folgendes: „tzin-
gewiesen ist neuerdings vielfach auf
das Telegramm einer hohen Stelle;
wie es mißdeutet und zu
Anrecht, sogar geschäftlich,
ausgebeutet worden, ist be-
kannt. Daß zur Nacht, wenn
schwerer Nebel über den Biwaks und
den Laufgräben wallt oder die Kälte
durch die Kleider dringt, ein Schluck
Kognak, ein heißer Grog besser ist
als Wasser oder Limonade: zuge-
geben! Äiemand mißgönnt ihn den
Truppen, und Arrak, Rum oder der-
gleichen Liebesgaben werden von den
Kommandos sicherlich nicht zurück-
gewiesen. Aber höher als der
wohltätigeEinfluß und das
Behagen im Einzelfall steht
die Rücksicht auf die großen
allgemeinen Interessen des
tzeeres und der Kriegfüh-
rung, des Geistes ünd der
Disziplin unserer Truppen.
Und da gibt es dem Alkohol
gegenüber nur ein entschie-
denes Bein! Daheim mögen die
Meinungen weiterstreiten und die
Alkoholinteressenten mit so viel Ar-
gumenten operieren als sie wollen:
wer militärische Notwen-
digkeiten versteht, weiß, welche
Stellung die Kommandos einzuneh-
men haben. And hier vor allem eins

— sind offiziell die militärischen
Stellen verantwortlich für die tzal«
tung unserer Truppen, so tragen im
Grunde doch alle Bevölkerungskreise
an dieser Verantwortlichkeit mit.
Das tzeer ist ein Teil, und nicht der
schlechteste, des Volkes; wir alle
haben die Pflicht, es innerlich
stark zu halten und die seelische
Kraft zu stählen, auf der im letzten
Grunde seine Anbezwingbarkeit be-
ruht. Durch Alkohol aber geschieht
das nicht! Wehe unserem
Volk,wennes andersdächte!
Alles das ist eigentlich selbstverständ-
lich; aber es ist gut, wenn auch
das Selbstverständliche zuweilen ge-
sagt wird." Das ist deutlich.

Das Wolffsche Telegraphenbureau
verbreitet an die Zeitungen mit dem
Vermerk „Amtlich" eine Mitteilung
des Oberkommandos in den
Marken. Darin heißt es: „Es gibt
kaum etwas, was in der gegenwärti-
gen, bitter ernsten Zeit das Auge
aller vaterländisch Gesinnten mehr
beleidigt als der Anblick eines An-
getrunkenen, der den feldgrauen Rock
des Königs trägt. Der Anblick ist in
Berlin glücklicherweise eine Selten-
heit; aber ganz ist er leider auch
uns nicht erspart geblieben. Außer-
dem liegt für die Verwundeten in
jedem starken Alkoholgenuß die Ge-
fahr einer Schädigung der Gesund-
heit und einer Verlangsamung der
Heilung." . . . „Die Gesundheit und
das Ansehen unserer Armee darf
durch solche Dinge unter keinenRm-
ständen geschädigt werden."

Weiter, wie urteilt die eigent-
lichst berufene fachliche Autori-
tät? In der deutschen Kriegs -
Sanitätsordnung heißt es un-
ter Ziffer M: „Der Alkohol wirkt
zwar anfangs belebend, beim Ge-
nusse größerer Mengen aber bald
erschlaffend. Die Erfahrung lehrt,
daß enthaltsame Soldaten den
Kriegsstrapazen am besten wider-
stehen. Auch verführt der Alkohol-
 
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