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Galerie Flechtheim [Mitarb.]
Der Querschnitt — 4.1924

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Heft 1
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Je cherche après Titine
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Heft 2
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Alexander, E.: Der Deserteur
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https://doi.org/10.11588/diglit.62257#0155

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Held der Befreiungskriege, von den Ausländersoldaten der preußischen Armee der
nachfriderizianischen Zeit als von »Vagabunden, Trunkenbolden, Dieben, Tauge-
nichtsen und anderen Verbrechern aus ganz Deutschland«. Im Jahre 1715 hatte das
preußische Militär 680 Soldaten vor dem Feinde, 2497 hingegen durch Desertion ein-
gebüßt. Von neunzehn Bataillonen, die einst den Marsch vom Kriegsschauplatz nach
Berlin antraten, desertierten binnen drei Wochen 283 Mann, das sind ungefähr
vierzehn Mann täglich. Um seine Söldner an die neue Heimat zu fesseln und die
Fahnenflucht hierdurch einzudämmen, erleichterte und förderte Friedrich der Große
die Heiraten in der Armee. 1776 zählte die Berliner Garnison 10 000 Mann, 550°
Frauen und 6600 Kinder. Jeder dritte Ausländer war verheiratet.


Chodowie&i Kriegsgericht. (Rd. aus Elementarbuch für die Jugend, ihre Eltern
und Freunde in gesitteten Ständen, 1778)

Sobald das Entweichen eines Soldaten bekannt wurde, ertönte die Alarmkanone.
Hierauf mußten — wie das preußische Edikt zur Anhaltung von Deserteuren befahl
— die Gemeinden der Nachbarschaft Leute, womöglich Reiter, entsenden, die alle
Wege, Brücken und sonstige Übergänge drei Tage und drei Nächte hindurch besetzt
zu halten hatten. Offiziere ritten von Dorf zu Dorf, um die Vorkehrungen zu kon-
trollieren. Empfindliche Strafen bedrohten Bürger und Bauer, der einem Deserteur
zum Fortkommen verhalf oder Unterschlupf gewährte. Sechs bis zwölf Thaler
Fanglohn hingegen belohnten denjenigen, der einen solchen Ausreißer einbrachte.
Der Flüchtling kam daher, wenn er auch den Mauern der Garnison glücklich ent-
ronnen war, meist nicht weit; die Furcht yor Strafe und die hohe Ergreiferprämie
machte aus den Landleuten eifrige Helfer bei solchen Menschenjagden. Man mag
nicht denken, daß lediglich die Absicht, sich dem schweren Soldatendienst zu ent-
ziehen, die Triebfeder zur Desertion war; viele wußten nach gelungener Flucht über
die Grenze nichts Eiligeres zu tun, als sich im Nachbarlande wieder frisch anwerben

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