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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 6.1903

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Heft 9
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Hauser, Otto: Die holländische Lyrik unserer Zeit
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Aus der holländischen Lyrik
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https://doi.org/10.11588/diglit.45537#0149

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Weissrote Blumenköpschen viel sich zu,
Neigten sich näher, streiften aneinander . . .
Ein Schauer war von unsagbarem Glück
Jede Berührung schon.
Und o! das Heil,
In unsrem Leben war es unaussprechlich,
Und unverlierbar war es uns im Tod.
O guter Tag, dass deine goldnen Stunden
Langsamer da du gleiten liessest über
Die lichte Welt, — die ewig gleichen Schritte
Verzögertest, — um träumend noch ein wenig
Dem Glasklang, dieser Seelenglöckchen reinem
Geläut zu lauschen, — o, das macht dich heilig,
Du guter, schöner Tag, das liess uns dich
Vor allen andern Tagen benedein,
Die vor dir über dieses Land sich hoben,
Die nach dir sinken werden in die See.
Doch musst es sein, und auch dein Ende kam.
Das weisse Lichtkleid nahmst in Falten du
Zusammen, schnell und schneller, und entschwandest.
Da fiel der Klang von Wort und Gegenwert
Nicht mehr so rasch — und leiser — — Und die süsse
Seelenmusik ssoss hin in trägerm Takt
Mit langen Pausen. Noch ein Wörtchen zart
Fiel dann ünd wann, — wie abends nach dem Regen
Funkelnd ein Tropfen fällt ins Laub. Die Lippen
Verstummten, und an meine Schulter lehnte
Sich müd das Haupt. — Ein Traum da ward das laute
Lichtleben.
Und so starb der schöne Tag.

Jan Toorop, Katwijk an Zee.
Porträt des Dr. T. Ölgemälde.

Herman Gorter.
i. Die Sonne.
Die Sonne. Die Welt ist gelb und gold
Und alle Sonnenstrahlen durchleuchten hold
Die stille Luft gleich Engeln,
Die Füsschen hangen und bengeln.
Mädchenmündchen blasen goldne Flöten,
Lippenmündchen lachen im Wangenerröten,
Lachmünzen, die auf diesen Marmor klingen;
Ich sitz und lass die Wärme mich durchdringen.
Sie ziehn vorüber in ihrem Schein,
Gleich einem Herbst auf dem weissen Stein,
Einem Herbst von dürrem, gelbem Raschellaub,
Engel in Gewänden von güldenem Webestaub,
Schwebende Goldschimmer,
Lebende Lichtssimmer,
Sie ssöten schöne
Goldene Sonnentöne,
Wie sie einander ohne Ermüden
Herführen aus dem Süden,
In Goldsandalen strahlenrein
Hineilen über meinen Marmelstein.
Und mir ist, als müsse die Welt von ihnen voll sein
Als wie mit einem gelben Goldwein.
2. Ich hab dich lieb.
Siehst du, ich hab dich lieb,
Ich finde so lieb dich und licht,
Deine Augen sind so voll Licht,
Ich hab dich lieb, ich hab dich lieb!

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