Dein Näschen, dein Mund und o!
Deine Augen und dein Hals, wo
Das Bändchen sitzt und dein Ohr
Mit dem Haar davor!
Siehst du, ich wär gern du,
Aber wie ginge das zu?
Licht ist um dich und du bist
Nun doch, was du einmal bist.
O ja, ich hab dich lieb,
Ich hab dich so furchtbar lieb,
Allemal wollt ich es sagen, —
Kann’s aber doch nicht sagen.
(Aus des Übersetzers Anthologie
„Die niederländische Lyrik von 1875—1900“.)
3. Das Meer.
Blau trieb die See; das frische Sonnenwasser
Floss aus dem goldnen Bronnen, heller, blasser,
Auf wollige Wogen, die sich liessen baden,
Salben von seinem Licht; auf weiten Pfaden
Stunden Wogen, wie weisse Widder, auf,
Schaumzottig und gehörnt zum Sturmanlauf.
Dann ward die See ein grosser, schwerer Mann
Aus längstvergangener Zeit und reicher an
Gewand wie wir: Seide mit Silberschmelz
Und brauner Samt und schwarzes Tuch und Pelz
Fern aus Sibirien; und voll kupferner
Ressexe ssackerten die Falten der
Gepufften Hosen, Knöpfe und Bordüren
Des breiten Mantels umgerafft von Schüren.
War so die See? Nein, eine Stadt war sie,
Strassen und Plätze voller Bauern, wie
Zur Kirmeszeit, und mit Musik und Tanz
In allen Schenken, um den lichten Kranz
Der Naschwerkbuden lauten Marktes Treiben;
Oder voll Lichtern abends in den Scheiben,
Aus jedem Dache Fahnen weiss wie Schnee,
Wie wenn ein König kommt ... So war die See.
Von allen Giebeln wehten Flaggen licht;
Erhellt war jedes Wogenfenster; dicht
Drängte das Volk. Meermänner schwammen an
Nymphen und Nixen der See und sassen an
Den grünen Hängen. Von Tritonen stund,
Alt, bärtig, eine Reihe dort, am Mund
Trompeten, eine Strasse bauend her
Von Klang über das weite Meer.
Frans Bastiaanse.
Am Hügelrand.
Mittag; an eines Hügels Rand
Sitz ich und blicke übers Land.
Ob mir die Buchenkrone breit
Trägt ihr durchsichtig Frühlingskleid.
Der Sonne goldner Rocken spinnt
Goldmaschen spinnenzart und lind,
Auf allem Grün ein lichter Schein
Rings um den silberhellen Rhein.
Die Hügel stehn im jungen Wald
Wirr durcheinander, vielgestalt,
Tief in der Ferne eine Stadt
Liegt ganz in Nebeln bläulich matt,
Drei Türme ragen schlank empor,
Graurosig in dem blauen Flor . . .
Die ssinken Käser ssiegen um
Durch laue Luft mit leisem Summ,
Und unter mir ein Karren schwer
Rollt langsam an den Hügeln her;
Der Radreif blinkt im Sonnenlicht,
Es kracht der Kies, den er zerbricht,
Der Fuhrmann, breit, im Grobstrohhut
Stapft nebenher, pfeift wohlgemut
Und jagt mit leichtem Peitschenklopf
Die Fliegen von des Braunen Kopf . . .
Ich streck mich aus im Mittagsschein
Und fühl, wie süss es ist, zu sein
Ein lebend Wesen, dem im Licht
Die ganze Welt wird zum Gedicht.
Und ist mir so, als spänne hold
Für mich die Sonne all ihr Gold,
Dass ich als feinen Goldeinschlag
Durchs Rhythmenblau es weben mag.
Pieter de Josselin de Jong, Wassenaar.
Eisenwalzwerk. Pastell.
342
Deine Augen und dein Hals, wo
Das Bändchen sitzt und dein Ohr
Mit dem Haar davor!
Siehst du, ich wär gern du,
Aber wie ginge das zu?
Licht ist um dich und du bist
Nun doch, was du einmal bist.
O ja, ich hab dich lieb,
Ich hab dich so furchtbar lieb,
Allemal wollt ich es sagen, —
Kann’s aber doch nicht sagen.
(Aus des Übersetzers Anthologie
„Die niederländische Lyrik von 1875—1900“.)
3. Das Meer.
Blau trieb die See; das frische Sonnenwasser
Floss aus dem goldnen Bronnen, heller, blasser,
Auf wollige Wogen, die sich liessen baden,
Salben von seinem Licht; auf weiten Pfaden
Stunden Wogen, wie weisse Widder, auf,
Schaumzottig und gehörnt zum Sturmanlauf.
Dann ward die See ein grosser, schwerer Mann
Aus längstvergangener Zeit und reicher an
Gewand wie wir: Seide mit Silberschmelz
Und brauner Samt und schwarzes Tuch und Pelz
Fern aus Sibirien; und voll kupferner
Ressexe ssackerten die Falten der
Gepufften Hosen, Knöpfe und Bordüren
Des breiten Mantels umgerafft von Schüren.
War so die See? Nein, eine Stadt war sie,
Strassen und Plätze voller Bauern, wie
Zur Kirmeszeit, und mit Musik und Tanz
In allen Schenken, um den lichten Kranz
Der Naschwerkbuden lauten Marktes Treiben;
Oder voll Lichtern abends in den Scheiben,
Aus jedem Dache Fahnen weiss wie Schnee,
Wie wenn ein König kommt ... So war die See.
Von allen Giebeln wehten Flaggen licht;
Erhellt war jedes Wogenfenster; dicht
Drängte das Volk. Meermänner schwammen an
Nymphen und Nixen der See und sassen an
Den grünen Hängen. Von Tritonen stund,
Alt, bärtig, eine Reihe dort, am Mund
Trompeten, eine Strasse bauend her
Von Klang über das weite Meer.
Frans Bastiaanse.
Am Hügelrand.
Mittag; an eines Hügels Rand
Sitz ich und blicke übers Land.
Ob mir die Buchenkrone breit
Trägt ihr durchsichtig Frühlingskleid.
Der Sonne goldner Rocken spinnt
Goldmaschen spinnenzart und lind,
Auf allem Grün ein lichter Schein
Rings um den silberhellen Rhein.
Die Hügel stehn im jungen Wald
Wirr durcheinander, vielgestalt,
Tief in der Ferne eine Stadt
Liegt ganz in Nebeln bläulich matt,
Drei Türme ragen schlank empor,
Graurosig in dem blauen Flor . . .
Die ssinken Käser ssiegen um
Durch laue Luft mit leisem Summ,
Und unter mir ein Karren schwer
Rollt langsam an den Hügeln her;
Der Radreif blinkt im Sonnenlicht,
Es kracht der Kies, den er zerbricht,
Der Fuhrmann, breit, im Grobstrohhut
Stapft nebenher, pfeift wohlgemut
Und jagt mit leichtem Peitschenklopf
Die Fliegen von des Braunen Kopf . . .
Ich streck mich aus im Mittagsschein
Und fühl, wie süss es ist, zu sein
Ein lebend Wesen, dem im Licht
Die ganze Welt wird zum Gedicht.
Und ist mir so, als spänne hold
Für mich die Sonne all ihr Gold,
Dass ich als feinen Goldeinschlag
Durchs Rhythmenblau es weben mag.
Pieter de Josselin de Jong, Wassenaar.
Eisenwalzwerk. Pastell.
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