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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Editor]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 15.1908

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Heft 5
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https://doi.org/10.11588/diglit.26458#0177

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F

miss, der Tragödie erster Teil,
im Schauspielhause zu Düsseldorf.
Vom klassischen Weimar kam die Kunde einer Neu-
inszenierung mit neuer Einteilung und neuer Musik, und im
deutschen Blätterwalde rauschte es überall laut und vernehmlich,
wiewohl aus allen Berichten zu ersehen war, daß trotz der Auf-
wendung großer Mittel, trotz mancher erreichten Schöne auch dieses
Unterfangen noch „in bunten Bildern wenig Klarheit, viel Irrtum
und ein Fünkchen Wahrheit" gebracht halte. Zur gleichen Zeit
ging das Drama, in dem Jeder die Tragödie des eigenen Lebens
wiederfindet, am Rheine über die Bretter des Hauses, das der
Düsseldorfer im wunderlichen Mißverstehen noch immer als Ein-
griff in seinen wohlverbrieften Lokalpatriotismus betrachtet. Ein
Widerhall in der deutschen Presse blieb aus, was kann vom
jungen Jndustrieorl Gutes kommen? Und doch ist im „Faust"
hier etwas erreicht, das im gleichen Maßstabe bisher noch nicht
gelungen war.
Die Wiedergabe des in sechs Jahrzehnten gereiften Wunders
auf der Bühne wird immer Stückwerk, immer ein Problem
bleiben, dessen Lösung nur gelingen könnte, wenn der gesamte
Apparat der Dekoration und des Theatralischen sich zurückführen
ließe auf eine Vereinfachung in symbolischer und stilisierender
Linie, aus der das Gold Goethescher Sprache schimmernd und
klar hervorglänzte, unbeeinträchtigt von dem Beiwerk ablenkender
„Prospekte und Maschinen". Denn Vollkommenes kann hier nie
geleistet werden, ein Theater bleibt eben — Theater mit an-
gemaltcr Pappe. Anderseits aber wird diese Vereinfachung sich
nicht durchführen lassen. Würden wir die Bilder deutschen Mittel-
alters >m „Faust" entbehren können, wurzelt nicht hier so viel
deutsches Empfinden in Landschaft, Architektur und Tracht, daß
der Gewinn an einer Stelle zu großen Verlust an anderer be-
deuten würde? Wir können gerade hier das „Theater" nicht
missen, der „Faust" verlangt eine Reihe von Mittelchen, ohne die
eine Veranschaulichung nicht möglich wäre, ohne die das Drama
für uns fremdartige Form annehmen würde. So heißt cs Wege
finden, auf denen die widerstreitenden Richtungen nicht allzu hart
aufeinandertrcffcn. Und im Düsseldorfer Schauspielhause wurde
dieser Weg gefunden: Vereinfachungen schlichter und doch edelster
Art, mystische Anklänge in Farbe und Form, in Licht und Musik,
der unentbehrliche Staub mittelalterlichen Spuks, feinste Stim-
mung in szenisch entzückenden Bildern, derbe Komik am gehörigen
Platze, daneben Feucrzauber, Bühnentechnik, rascher Szenen-
wechsel — soweit eine Einigung möglich, schien sie erreicht.
Aber der Wert dieser Aufführung lag im wesentlichen in der
Art, wie Goethe zum Hörer und Beschauer sprack. Kein hohes
Pathos beim Deklamieren der gedankenschweren Verse, in denen
das Publikum mit begreifendem Behagen bei einem Zitat ver-
weilt — täuschen wir uns doch nicht, wer vermag denn in Wahr-
heit zu folgen, wenn tiefste Gedanken in beliebter Weise auf
der Bühne heruntergeschnurrt werden? Wohlklang mag es noch
geben, aber zu Schall und Rauch wird alles. Auf dieser Bühne
aber sprach man anders! Wundersam fein abgewogen war alles,
jeder Gedanke so herausgehoben, sein Zeitmaß ihm so vollendet
bemessen, daß man nicht nur Worte hörte, sondern dachte und
begriff, ehe eine neue Schönheit der Dichtung nahte. Die ganze
Herrlichkeit des Wunderbaues offenbarte sich, nur liebevolles Ver-
senken, die gewohnte ernste Arbeit, der unablässige Drang nach
vorwärts konnte solches schaffen. Und doch trat überall der Künstler
hinter dem Werke zurück — die beste Anerkennung, der Olympier
sprach und man lauschte froh und ergriffen seinen Worten.
Kurt Kami ah.
Wiesbaden
steht seit Jahren ein Museumsbau in Frage; er ist gleich-
falls durch einen Wettbewerb der Lösung näher gekommen; doch
fand hier keiner der Entwürfe eine so ausschlaggebende Aufnahme
wie in Zürich; den I. Preis erhielten Hummel S- Förster in
Stuttgart. Hoffentlich rückt der weitere Verlauf der Angelegenheit
nicht in die Nähe der tragikomischen Denkmalssache, da es sich
mit der Zeit um eine Notlage handelt; die bisherigen Räume
der Galerie sind so ungenügend, daß sie eigentlich geschloffen
werden sollte im Interesse der guten Bilder darin. Und der
Rathaussaal ist auch kein Ideal für wechselnde Ausstellungen,
wozu er fast fortgesetzt dienen muß.

Dctailperspektive zum Universitälsneubausin Zürich
von Curjel «: Moser.
Zürich
ist eine der wichtigsten Baufragen durch einen Wettbewerb
zur vorläufigen Erledigung gekommen: Curjel k Moser (also Karl
Moser), die den Neubau des Kunsthauses ausführen, erhielten
auch den ersten Preis für einen Entwurf zu den neuen Univcrsitäts-
bauten. Wie man weiß, ist das alte Polytechnikum von keinem
Geringeren als Gottfried Semper erbaut. Da seine exponierte
Lage für das Stadtbild sehr bestimmend ist, hat es schon bei
den Vorbereitungen zum Projekt einige Erregungen gegeben. Die
vornehme Nachbarschaft war nicht zu ignorieren, wie leider sonst
zumeist bei Neubauten; sie irgendwie nachzuahmen, ging auch
nicht; also hieß es, sich mit Takt und Bescheidenheit daneben zu
stellen. Soweit man aus den Zeichnungen urteilen kann, gelingt
das Moser gut, indem er die Annäherung durch einen niedrigen
Bau für das zoologische Institut gewinnt, dann mit dem zurück-
springenden Kollegiengebäude bei dem abschüssigen Terrain doch
zur respektablen Höhe kommt und die Verbindung der beiden
ungleich hohen Bauten am Treffpunkt durch einen breiten Turm-
bau gewinnt. Da die Dächer schlicht sind, der eigentliche
Schmuck außer der guten Gruppierung durch das gute Verhältnis
von Wand zu Fenster gewonnen wird ohne Aufdonnerung: so
kann man die Zürcher wohl beglückwünschen, zumal die Preis-
richter der Anlage praktische Vorzüge zuerkannten.
 
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