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Sethe, Kurt [Hrsg.]; Partsch, Josef [Bearb.]
Demotische Urkunden zum ägyptischen Bürgschaftsrechte vorzüglich der Ptolemäerzeit — Leipzig, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.44567#0532

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518 ’Sethe-Partsch, Demot. Bürgschaftsurkunden. [xxxn.
des Bedürfnis bestanden haben sollte. Endlich waren die Haftun-
gen mit dem Vermögen oder mit einzelnen Grundstücken prak-
tisch eingeschränkt, weil die Gemeinschaftsverhältnisse des ägyp-
tischen Familienrechtes die Belastung des Vermögens oder einzelner
Sachen an die Zustimmungserklärungen von Familienmitgliedern
knüpften. Die Bürgschaft war hier ein unabweisbares Bedürfnis.
Das Verdienst, zuerst das ägyptische Wort für Bürge und
Bürgen erkannt zu haben, gebührt Spiegelberg. In P. Kairo 30647
deutete er das sp dr-t richtig. Bei der Berichtigung von Spiegel-
bergs ersten Editionen der Ivairiner Papyri ergaben sich die Grund-
gedanken für diese Studie.
Es kann sich nicht darum handeln, daß wir das ägyptische
Bürgschaftsrecht in seiner Entwicklung durch die Jahrtausende
ägyptischer Kultur verfolgen. Zu einem solchen Unternehmen
fehlt heute noch das Material. Vor der Ptolemäerzeit liegt nur
eine Urkunde, der große Bericht des Peteese in dem Hibeh-Papyrus
der Rylands-Bibliothek, der aus dem 6. Jahrhundert stammt, vor.
So führt in die Urzeit nur der trügerische Weg, den die Rechtssprache
der jüngeren Zeit rückwärts verfolgen läßt. Es kann sich nur
darum handeln, den juristisch bedeutsamen Inhalt der demotischen
Urkunden der jüngeren Zeit vorzulegen, die uns sehr deutlich zeigen,
wie die Ägypter von Haus aus die Bürgschaft auffaßten. Dieses
Material muß in Beziehung zu den griechischen Urkunden Ägyptens
gesetzt werden. Dabei ergeben sich wesentliche Gleichheiten der
Grundgedanken, welche das altgriechische und das ägyptische
Bürgschaftsrecht beherrschen. Das ist interessant, weil es dadurch
wahrscheinlich wird, daß wir die griechischen Urkunden Ägyptens
als unveränderte Typen hellenistischer Geschäftsurkunden auffassen
dürfen. Die hellenistischen Rechtssätze über die Bürgschaft und
den Notariatsstil der griechischen Urkunde haben keinen Wider-
stand an eigenartigen Bildungen des ägyptischen Bürgschaftsrechtes
finden können. Um so wertvoller werden die griechischen Urkunden
Ägyptens für unsere rechtsgeschichtliche Forschung. Wir können
auf Grund der hellenistischen Urkunden Ägyptens, die in ununter-
brochener Folge bis in die byzantinische Zeit hineinreichen, fest-
stellen, wie die hellenistische Bürgschaft aussah, welche noch
den Gesetzgebern des corpus juris aus der Praxis ihrer Zeit be-
kannt war.
 
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