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Sethe, Kurt [Hrsg.]; Partsch, Josef [Bearb.]
Demotische Urkunden zum ägyptischen Bürgschaftsrechte vorzüglich der Ptolemäerzeit — Leipzig, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.44567#0612

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598

Sethe-Partsch, Demot. Bürgschaftsurkunden. [XXXH.

§ 8. Schuld und Haftung in der demotischen Bürgschaft
durch Handnehmen.
Die Bürgschaft durch Handriehmen trägt in den demotischen
Urkunden der Ptolemäerzeit noch Züge des archaischen Gepräges,
das zuerst von v. Amira und Puntschart für germanische Quellen-
kreise beobachtet worden ist und sich seither für die Geschichte
des Schuldrechtes in den verschiedensten Kulturen als ein wich-
tiges Stadium der Entwickelung dargestellt hat.1) Es sind die
gleichen Erscheinungen, die wir in den altgriechischen Rechten
beobachten konnten, und die ganz ähnlich für das babylonische
Recht nachweisbar sind.2) Über den Kreis hinaus, den man für
eine gemeinsame „indogermanische Vergangenheit“ in Anspruch
nehmen kann3), finden sich also dieselben grundlegenden An-
schauungen über das Verhältnis von Schuldversprechen und Sank-
tionsklausel über die Haftung.
Nicht wie im klassischen römischen Rechte aus einem Lei-
stungsversprechen, das der Bürge neben dem Schuldner erklärt,
folgt in dem demotischen Formulare eine Haftung, der Bürge
selbst verspricht im normalen Bürgschaftsformular nicht die Lei-
stung, zu welcher der Schuldner verpflichtet ist.4) Das Schuld-
versprechen bleibt dem Schuldner allein im normalen Schuld-
verträge überlassen, der in dem Schuldvertrage das Wort führt,
oder der bei der GestellungsVerpflichtung den Bürgen dem Gläu-
biger stellt, damit er selbst entlassen werde. Die Tätigkeit des
Bürgen bei dem Vertrage besteht nur darin, daß er sich durch
das Handnehmen für die Erfüllung einsetzt.5) Dabei erschien uns
als nächste Wirkung des Handnahmeaktes, daß der Bürge mit
seinem Leibe einsteht.6) Aber darüber hinaus finden sich auch
Klauseln, welche gleichzeitig das Vermögen des Bürgen einsetzen
1) v. Amira, Nordgei'm. Obligat.-Recht I (1882), II (1892); Puntschart,
Schuldvertrag und Treugelöbnis in den sächsischen Quellen des Mittelalters (1896).
Die neuere Literatur vgl. bei Gierke, Schuld und Haftung S. 1 ff., dazu noch
Koschaker, Babylon.-assyrisches Bürgschaftsrecht (1911), mit den Besprechungen
von Μ. Schorr und Partsch in GGA 19I3, 1 ü-
2) Für das altgriech. Recht vgl. Partsch, Bürgschaftsr. I, 23ff. I93ff Rbr
das babylonische Koschaker a. 0. 67ff.
3) Gierke, Schuld und Haftung S. 2 denkt noch an „indogermanisches Erbe“.
4) Oben S. 53lff. 5) Oben S. 526. 531. 6) Oben § 5.
 
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