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Sethe, Kurt [Hrsg.]; Partsch, Josef [Bearb.]
Demotische Urkunden zum ägyptischen Bürgschaftsrechte vorzüglich der Ptolemäerzeit — Leipzig, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.44567#0541

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xxxiL] JI. Jur. Teil. I § i. Das Handnehmen. 527
Ein tatsächliches Indiz für dieselbe Auffassung ergibt sich aus
einer Urkunde, die'Sethe schon in anderem Zusammenhänge1)
besprochen hat: Urk. 16 (P. Brit. Mus. 10242). Der Briefschreiber
in Oberägypten, der bei den Archiphylakiten des Anubieion in
Memphis anfragt, ob er einen dort gefangen sitzenden Schützling
durch Bürgschaft befreien könne, fragt, ob ein „Handnehmen
möglich sei“. Sowie er erfahre, daß Bürgschaft gestellt werden
könne, wolle er stromab, um das Handnehmen vorzunehmen.
Wenn hier die Notwendigkeit des persönlichen Erscheinens die
Bürgschaft, welche durch Handnehmen zu geschehen hat, motiviert
wird, so ist ganz wahrscheinlich, daß dieses „Handnehmen“ ein
Akt war, so körperlich wie seine Bezeichnung.2)
Die Hypothese darf gewagt werden, daß die ägyptische Bürg-
schaft die Notwendigkeit des Handschlags kannte. Aber damit
ist nicht gesagt, daß nach dem ägyptischen Recht, das die Griechen
im Niltal trafen, die mündliche Abgabe eines Versprechens ohne
Haftungswirkung gewesen sei. Mit Sicherheit können wir be-
haupten, daß auch ohne den Handschlag das Leistungsgarantie-
versprechen wirksam gewesen ist. Bei dem Friedensversprechen
des Patus im P. dem. Wiss. Ges. Straßb. i8s) gibt der Kläger, der
Frieden zu halten verspricht, keine Bürgschaft durch Handnehmen.
Die Urkunde ist auch nicht eine bloße „Abstandsurkunde“, d. h.
eine dem Prozeßvergleich oder dem Urteilserfüllungsgelöbnis nach-
gebildete Rezeßerklärung, sondern es handelt sich hier um ein
besonderes Verpflichtungsversprechen durch „rufen“, das in der
Verpflichtungswirkung der mündlichen Erklärung der Haftungs-
erklärung nahezustehen scheint, die der secundus auctor bei der
ägyptischen Kaufurkunde abgibt und das auch einer Garantie-
erklärung angemessene Wirkungen hervorbringt.4) Danach scheint
es, daß das ägyptische Recht, wenn es auch noch zahlreiche Spuren
dafür aufweist, daß die Haftung im Wege des Schuldvertrages
besonders begründet werden mußte, doch schon die selbständige
1) Sarapis und die sogenannten κάτοχοι, des Sarapeums. Abh. d. Gött. Gesellsch.
d. Wissensch. (Berlin 1913) S. 90.
2) Daß noch in der hellenistischen Zeit die Handreichung beim Vertrags-
schlüsse in Ägypten nachweisbar ist, bedarf keiner besonderen Beweisführung. Vgl.
die von Koschaker Z. Sa.v.-St. 30, 417 schon zitierten BGU 899, 11. Oxy. 533, 18.
3) Gradenwitz, Preisigke, Spiegelberg, Ptolem. Erbstreit S. 5of.
4) Vgl. oben S. 393f. zur Urk. 15 § 1 7b.
 
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