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Sethe, Kurt [Hrsg.]; Partsch, Josef [Bearb.]
Demotische Urkunden zum ägyptischen Bürgschaftsrechte vorzüglich der Ptolemäerzeit — Leipzig, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.44567#0555

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χχχιι.] II. Jur. Teil. I § 3. Die bes. Klauseln. Gesamtschuld. 541
zur Leistung vorschieben kann, wird oft vereinbart, daß der Gläu-
biger von dem Bürgen sofort die Erfüllung der Schuld erlangen
kann, ohne sich erst auf eine Leistung aus der Hand des Schuld-
ners einlassen zu müssen. Diese Klausel lautet stets in der Er-
klärung des Bürgen: „Du wirst sein oder du bist hinter dem von
dir Beliebten von uns, den zwei Personen, daß er dir tut gemäß
allen Worten, die oben sind ....“
So Urk. 1, 17. 3, 14. 4, 18. 5, 10. 9, 24. 10, 29. 14, 29 fr.
Es ist die Klausel, welche der griechischen entspricht: χραξις
έ'βτω ... t'b °v έαν αίρηται . . .
Diese Parallele ist nicht ohne Bedeutung. In den ägyptischen
Urkunden fehlt nämlich diejenige Klausel, welche meist neben der
eben genannten in den griechischen Papyri steht, indem sich
die mehreren nebeneinander haftenden Personen gleichzeitig als
„Bürgen für einander“ bezeichnen.1) Wenn der Bürge und der Schuld-
ner als nebeneinander haftend bezeichnet werden, heißt es in den
demotischen Urkunden nur, daß der Gläubiger jeden von beiden
in Anspruch nehmen darf. Diese Tatsache, daß die demotischen
Texte hier wohl die Gesamthaftungsklausel, aber nicht die αλ-
ληλεγγύη kennen, ist bedeutungsvoll: nicht als ob damit deutlich
wäre, daß den demotischen Verträgen die Klausel über die wechsel-
seitige Bürgschaft, die in den hellenistischen Papyri geläufig ist,
unbekannt war. Eine solche Feststellung ist nach dem heutigen
beschränkten Materiale gar nicht möglich, und sie scheint auch
dadurch ausgeschlossen zu sein, daß unsere Urk. 14 die Ergänzung
zuläßt, welche die gegenseitige Bürgschaft in dieser Urkunde für
das 2. Jahrhundert v. Chr. zeigen würde. Aber wenn die demoti-
schen Urkunden die Klausel über die solidarische Haftung allein
in der Form zeigen, welche wir eben beobachteten, taucht von
neuem die Frage auf, wie wir die griechischen Klauseln über die
gesamtschuldnerische Haftung zu behandeln haben.
Nach der Lehre, die Mitteis2) vorlängst begründet hat, und
die Collinet3) seitdem wieder zur Grundlage für eine Erklärung
der Nov. 99 Justinians gemacht hat, wäre die Klausel über die
1) Vgl. vorläufig die Quellensammlung bei Bortolucci, Bull, dell’ist, di
dir. rom. 17, 305 f.
2) Reichsr. u. Volksr. S. i82f. Grundzüge S. iißf.
3) Etudes historiques sur le droit de Justinien I, 1230'.
 
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