XXXII.] II. »Teil, ί § 3. Exaktionsklausel. Beweisklausel. 561
im letzten Jahrhundert der Ptolemäerherrschaft den von Gläubigern
betriebenen Königsbauern ausstellt1), damit sie in Ruhe ihren Be-
stellungspflichten nachgehen können, frei von Sorgen um die ihnen
drohende Exekution. Aber es ist doch wohl bedenklich anzunehmen,
daß man überhaupt daran gedacht haben sollte, durch Vertrag
einen solchen Schutz unwirksam zu machen, der im öffentlichen
Interesse gewährt wurde und unabhängig von dem Willen der
privaten Gläubiger wirken mußte. Außerdem ist aber der Plural
πίστεες Λάβαε bedenklich. Wahrscheinlicher möchte es mir scheinen,
daß das έΛιφέρειν der πίβτεες Ähnliches ist wie das έαιφέρεεν der
γράμματα in P. Oxy. 506. Dann würde der Schuldner in der Schuld-
urkunde dem Gläubiger für die Urkunde die entscheidende Beweis-
kraft zusprechen, so daß die Vorlegung der Urkunde die Frage,
ob die Forderung noch bestehe, abschneidet. Aber wir wissen
noch nichts Entscheidendes über diese Klausel. Dafür, daß sie in
den hier behaupteten Zusammenhang gehört, spricht meines Er-
achtens, daß auch diese Klausel ebenso wie die beiden vorher be-
sprochenen unmittelbar nach der Exekutivklausel steht, indem sie
deren Wirkung verschärfen sollte.
Die Klauseln über die erhöhte Beweiskraft der Urkunde sind
von Bedeutung für die Entwicklung der Urkunde zum Wertpapier.
Die germanistische und die mittelalterliche Rechtsgeschichte Italiens
haben sie längst beobachtet.2) Auch daß ein historischer Zusammen-
hang zwischen den antiken Klauseln und den mittelalterlichen be-
steht, wurde schon vermutet, vielleicht ohne rechten Grund.
Die Klausel über die Beweiskraft der Urkunden kann dabei
auch in dem demotischen Notariat für den Fall ausgeschaltet
werden, daß der Schuldner eine Quittungsurkunde des Gläubigers
vorlegt; wie in P. Oxy. 506 steht in P. Leid. 376 (Urk. 10): „Nicht
werde ich sagen können, ich habe Dir Korn, neues Geld oder
irgendetwas anderes in der Welt von ihnen zurückgegeben, ohne
eine Zahlungsurkunde, die auf den Füßen steht.“ Dazu vgl.
oben S. 559 f.
1) P. Rein. 18, 31 (a° 108 a.C·.) P. Leid. A. Z. 2gff. Teb. 41, Z. 12. 34—36.
2) Freundt, Wechselrecht der Postglossatoren II S. 5 f. Wertpapiere im
antiken und frühmittelalterlichen Rechte II p. i8gf.
Abhandl. <1. S. Akademie d. Wissensch., phil.-hist. Kl. XXXII.
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im letzten Jahrhundert der Ptolemäerherrschaft den von Gläubigern
betriebenen Königsbauern ausstellt1), damit sie in Ruhe ihren Be-
stellungspflichten nachgehen können, frei von Sorgen um die ihnen
drohende Exekution. Aber es ist doch wohl bedenklich anzunehmen,
daß man überhaupt daran gedacht haben sollte, durch Vertrag
einen solchen Schutz unwirksam zu machen, der im öffentlichen
Interesse gewährt wurde und unabhängig von dem Willen der
privaten Gläubiger wirken mußte. Außerdem ist aber der Plural
πίστεες Λάβαε bedenklich. Wahrscheinlicher möchte es mir scheinen,
daß das έΛιφέρειν der πίβτεες Ähnliches ist wie das έαιφέρεεν der
γράμματα in P. Oxy. 506. Dann würde der Schuldner in der Schuld-
urkunde dem Gläubiger für die Urkunde die entscheidende Beweis-
kraft zusprechen, so daß die Vorlegung der Urkunde die Frage,
ob die Forderung noch bestehe, abschneidet. Aber wir wissen
noch nichts Entscheidendes über diese Klausel. Dafür, daß sie in
den hier behaupteten Zusammenhang gehört, spricht meines Er-
achtens, daß auch diese Klausel ebenso wie die beiden vorher be-
sprochenen unmittelbar nach der Exekutivklausel steht, indem sie
deren Wirkung verschärfen sollte.
Die Klauseln über die erhöhte Beweiskraft der Urkunde sind
von Bedeutung für die Entwicklung der Urkunde zum Wertpapier.
Die germanistische und die mittelalterliche Rechtsgeschichte Italiens
haben sie längst beobachtet.2) Auch daß ein historischer Zusammen-
hang zwischen den antiken Klauseln und den mittelalterlichen be-
steht, wurde schon vermutet, vielleicht ohne rechten Grund.
Die Klausel über die Beweiskraft der Urkunden kann dabei
auch in dem demotischen Notariat für den Fall ausgeschaltet
werden, daß der Schuldner eine Quittungsurkunde des Gläubigers
vorlegt; wie in P. Oxy. 506 steht in P. Leid. 376 (Urk. 10): „Nicht
werde ich sagen können, ich habe Dir Korn, neues Geld oder
irgendetwas anderes in der Welt von ihnen zurückgegeben, ohne
eine Zahlungsurkunde, die auf den Füßen steht.“ Dazu vgl.
oben S. 559 f.
1) P. Rein. 18, 31 (a° 108 a.C·.) P. Leid. A. Z. 2gff. Teb. 41, Z. 12. 34—36.
2) Freundt, Wechselrecht der Postglossatoren II S. 5 f. Wertpapiere im
antiken und frühmittelalterlichen Rechte II p. i8gf.
Abhandl. <1. S. Akademie d. Wissensch., phil.-hist. Kl. XXXII.
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