Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 8.1934

DOI Heft:
Nr. 1 (7. Januar)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44614#0001
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

ILLUSTRIERTE WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST / BUCH / ALLE SAMMELGEBIETE UND IHREN MARKT ‘

OFFIZIELLES ORGAN DES DEUTSCHEN

Erscheint jeden Sonntag im Weltkunst-Verlag, G.m.b.H.,
Berlin W62, Kurfürstenstr. 76-77. Telegramm-Adresse: «Weltkunst Berlin».
Bankkonto: Deutsche Bank u. Disconto - Gesellschaft, Depositen - Kasse M,
Berlin W 62, Kurfürstenstr. 115. Postscheckkonti: Berlin 118054; Den
Haag 145512; Paris 1700 14; Prag 59283; Wien 114783; Zürich 8159

REICHSVERBANDES DES KUNST- UND


Redaktion, Verlag und Lesesaal:
Berlin W62, Kurfürstenstr.76-77 • Tel. B 5 Barbarossa 7228

ANTIQUITÄTEN HAN DE LS E. V. MÜNCHEN

_

Man abonniert beim Verlag, bei der Post oder bei den Buchhändlern.
Einzel-Nummer 50 Pfennig. Quartal für Deutschland inklusive Postzustellung
Mark 4,50; Lieferung durch den Verlag im Umschlag Mark 5,50; für das
Ausland (nur im Umschlag) Mk.5,50; oder: Tschechoslowakei Kc 45; Frank-
reich und Belgien fr. Frs. 35; Holland hfl. 3,25; Schweiz und die nicht ange-
führten Länder sfrs. 7; Übersee $ 1,50; Sammelmappen pro Jahrgang Mk. 4,50

Rückblick auf das Jahr 1933

Die Maßstäbe für die Bewertung der Er-
eignisse auf dem Auktionsmarkt haben sich
seit Jahren dauernd verschoben, ohne daß es
ganz leicht gewesen wäre, die klare Linie die-
ser Entwicklung festzustellen. Das Jahr 1933
hat nunmehr endgültig, nicht nur in dem durch
die politische Umgestaltung eine eigene'Stellung
einnehmenden Deutschland, gezeigt, daß eine
Epoche des Überangebots und der Über-
bewertung in den Nachkriegsjahren, die auf-
fallenderweise selbst bis in die Zeit schwerster
Weltwirtschaftskrise und Deflation auf dem
Kunstmarkt anhielt und die in den Jahren 1931
und 1932 endlich in einen abrupten Preissturz
mündete, endgültig ihr Ende gefunden hat.
Damit ist der Weg zu einer besinnlichen, dem
inneren Werte des größeren wie auch wieder
des kleineren Kunstwerkes angemessenen Be-
wertung, die sich, von Modeströmungen abge-
sehen, etwa auf dem Niveau der Vorkriegszeit
bewegt, geebnet. Wie hier bereits kürzlich in
unserem Aufsatz „Tendenzen am Kunstmarkt“
(Nr. 49, Jg. VII) übereinstimmend von den
verschiedensten europäischen Kunstzentren be-
richtet wurde, scheiden heute geschmäcklerische
und snobistische Gesichtspunkte, die in den
letzten zehn Jahren vielfach zu einer völligen
Verwirrung der Bewertungsbegriffe geführt
haben, kunsthändlerisch völlig aus.
Allerdings haben die letzten Jahre auch zu
einer soziologischen Veränderung der Samm-
lerschichten, insbesondere in Deutschland, ge-
führt. An die Stelle des intellektuellen, mit
beharrlichem Ziel auf eine gewisse Vollstän-
digkeit gerichteten Spezial-Sammlers, der auf
Grund enormer finanzieller Möglichkeiten auf
Spitzenstücke abzielte, ist mehr und mehr eine
breitere Schicht anonymer Kunstfreunde ge-
treten, deren Bestreben weder von ausschließ-
lichen Repräsentationsabsichten noch abso-
luter „sammlerischer“ Leidenschaft bestimmt
ist, sondern getragen von der Liebe zum Ein-
zelwerk, von der Freude an der Schaffung
einer künstlerisch betonten Umgebung, die
wieder eine reibungslose Verbindung von alter
und moderner Kunst zuläßt.
Die Folgen sind auf allen. Märkten spür-
bar. Kaum je sind in einem Jahre so wenig
Spezialsammlungen auf den Markt gekommen,
da selbst in kaufkräftigen Kunstmetropolen die
Absatzmöglichkeiten gefehlt hätten, kaum je
so wenig Spitzenstücke, deren Vertrieb vom
Auktionsmarkt an den individuellen Spezial-
händler abgetreten wurde. Dafür ist das, was
in den letzten Jahren mitleidig und ungerecht-
fertigt als „Mittelware“ abgetan wurde, wie-
der zu neuer Geltung gebracht worden: man
braucht, außer gute dekorative Einrichtungs-
gegenstände, die, von der Fayence, dem Porzel-
lan, dem antiken Möbel bis zu den den inter-
nationalen Geschmack noch immer bestimmen-
den Dixhuitieme-Arbeiten — Qualität voraus-
gesetzt — eine glatte Absatzmöglichkeit
haben, nur an die Neubewertung der holländi-
schen Kleinmeister des 17. Jahrhunderts zu
erinnern, die heute einer Großzahl von Ver-
steigerungen das Gepräge geben. Gewiß er-
scheinen auf diesem Gebiete ■— man beachte
nur die kürzlich hier veröffentlichten Ergeb-
nisse der Amsterdamer Herbstauktionen —,
verglichen mit einzelnen Preisnotierungen der
Vorkriegszeit, die Zahlen nicht mehr so hoch:
aber der Vergleich hinkt, weil er mit einer
Zeit modischer Hochkonjunktur geführt wird,
die nicht zuletzt durch die Entdeckerfreude
Bodes und die riesigen Museumsankäufe her-
aufgeführt worden war.
Von den einzelnen Märkten war natur-
gemäß D eutschland am ruhigsten. Die
Hauptauktion des Jahres, die der Sammlung
Goldschmidt-Rothschild am 14. März, die ein

Gesamtergebnis von etwa 300 000 Mark
brachte, blieb unerreicht, trotzdem sich seit
dem Herbst eine ganz starke und gesunde Be-
lebung, gerade in Hinsicht der oben gekenn-
zeichneten Zielrichtungen, bemerkbar machte
und neben einer starken Absatzmöglichkeit für
„mittleres“ Kunstgut eine Verfestigung und
vielfach Erhöhung des allgemeinen Preis-
niveaus einsetzte.
Wenig aktiv erwies sich London. Die
ganz großen Ereignisse fehlten, und auch
Auktionen von stärkerer Bedeutung wurde mit
einer gewissen Skepsis entgegengetreten, die
sich allerdings nicht immer bestätigte. So
waren die Christie-Auktionen vom 24. Mai
(Ditchley-Park), 23. Juni (Gemälde) und
7. Dezember (Earl Howe) oder die Versteige-
rungen der Sammlung Lord Barrymore (Ru-
bens-Skizzen: 9200 £) und der Slg. Sir Thomas
Eden bei Sothebys immerhin als starke Er-
folge zu buchen, abgesehen von den Auktionen
englischen. Silbers, Mobiliars und Kunstgewer-

bes, die hier noch immer die bedeutendste
lokale Rolle spielen.
Am stabilsten erwies sich der Pariser
Markt. Gerade die letzten Versteigerungen
dieses Jahres, deren Berichte wir in dieser und
den folgenden Nummern veröffentlichen, be-
deuten einen außerordentlichen Auftrieb. Aber
auch im ganzen Verlaufe des Auktionsjahrs
waren Ereignisse zu verzeichnen, die nicht
einmal von New York Überboten wurden: die
Versteigerungen der China-Sammlung Louis
Sheid (20. bis 25. März), von Schloß Ermenon-
ville (8. März), Slg. Mme Lederlin (22. bis
23. März), Mrs. Bayer (Bildnis von Barto-
lommeo Veneto: 420 000 ffr.), Slg. H. de M . . .
(Zwei Roberts: 380 000 ffr.) oder der. Auktio-
nen am 3. März (Corot: 211 000 ffr.), der Slg.
Mme Danthon und M. E. Vautheret, die Mil-

lionen für impressionistische Bilder er-
brachten.
Besonders rührig war in diesem Jahre die
Schweiz, die außer den überragenden Buch-
auktionen von Hoepli-Mailand und Gilhofer
& Ranschburg-Luzern, die erfolgreichen Ver-
steigerungen der Slg. P. S. van Gelder durch
die Galerie Moos in Genf und die großen Anti-
quitäten- und Waffenversteigerungen der Ga-
lerie Fischer in Luzern erlebte.
Ein Gebiet muß hier besonders gestreift
werden: das der Handschriften, Inkunabeln und
der Graphik. Hier hat sich, besonders für die

Für die antike Kunst ist das Museum von
Neapel fraglos das weitaus bedeutendste
Italiens. Nun war aber eine Neuordnung der
ungeheuren und nur zu einem kleinen Teil
nnch aufstellbaren Schätze seit Jahren drin-

gend notwendig gewesen und dürfte wohl auch
schon lange durchgeführt worden sein, wenn
eben nicht das Erdbeben von 1930 das ganze
Museum in Gefahr gebracht hätte und die 20
Säle der „Bibliothek“ ganz einfach hätten ge-
räumt werden müssen. Jetzt sind die ersten
Säle der neugeordneten Sammlung der
Öffentlichkeit übergeben und der General-
direktor Prof. M a j u r i versichert, es werde

großen Stücke, ein fester Sammlerkreis erhal-
ten — und die Preise. Gerade dieses Jahr hat
eine Reihe altrenommierter Sammlungen auf
den Markt gebracht: den zweiten Teil der
Handschriften-Sammlung Chester Beatty
(Sotheby, 9. Mai), die Bibliothek Markus Fug-
ger (Karl & Faber, München, 3. Mai, 6./7. No-
vember), die Slg. Earl of Roseberry (Sotheby
& Co., London) und die des Fürsten Dietrich-
stein (Gilhofer & Ranschburg, Luzern, 21. bis
22. November), daneben die Bestände, die
Hoepli in Zürich, Rom und Luzern, die Holl-
stein & Puppel in Berlin und vor allem Boer-
ner in Leipzig angeboten haben.

nunmehr binnen kurzem die gesamte Samm-
lung eine neue' Aufstellung finden können;
Majuri ist von dem Grundsatz ausgegangen,
mit den Schätzen des Museums ein Bild von
dem antiken Leben so gut wie irgend möglich
zu vermitteln. Damit wird der bloße Kunst-
wert der Skulpturen etwas zurückgedrängt
und das reiche Material der antiken Hausein-
richtung, über das Neapel wie kein anderes
Museum gebietet, tritt stärker in den Vorder-
grund. Schon im großen Erdgeschoß, dem
Teil, der die Skulpturen und auch die Samm-
lung Farnese birgt, hat man wichtige Ände-
rungen getroffen, das düstere Rot der Wände
ist verschwunden, es tötet den antiken Marmor
und wird durch einen sehr hellen Ton ersetzt.
Das Zwischengeschoß mit seinen niedrigen
Sälen, in denen bisher die Fresken unter
schlimmster Ausnutzung jeden Quadratzenti-
meters Wand aufgehängt waren, wird den
Kleinskulpturen gewidmet. Diese Sammlung
soll aber erst im Frühjahr fertig aufgestellt
sein. Die Fresken aus Pompeji und Herkulaneum
dagegen sind in die neuen Säle der Bibliothek,
also in das Hauptgeschoß gekommen und der
große Salon mit den Wandteppichen der
Schlacht von Pavia teilt so eine große „Ge-
mäldegalerie“, die der antiken Kunst und die
der abendländischen Malerei. Aber in den
Sälen der Bibliothek, welche nicht durch die
Fresken völlig in Anspruch genommen werden,
hat man gleich am Anfang eine Schau des
pompejanischen Hauses aufgestellt, und zwar
in Modellen der Häuser, begleitet von Betten,
Bädern, Hausgerät, Handwerkserzeugnissen,
Stoffresten, Getreideproben, Zeugnissen, kurz-
um, des alten pompejanischen Lebens. Der Be-
schauer empfängt so die Grundlage für alle
jene Utensilien, Schmuckgegenstände und
Kunstwerke, die einmal — bislang aus dem
Museumsbesuch nicht klar werdende — Haus-
typen gefüllt hatten. Eine andere Schau vom
täglichen Leben Pompejis, die der industriellen
Einrichtungen jener Städte, ist etwas entfernt,
unglücklich entfernt, im Erdgeschoß unterge-
bracht. Ein Zusammenhang wäre besser ge-
wesen; ließ sich aber räumlich nicht ermög-
lichen. Von der Hausausstellung der „Biblio-
thek“ kommt man in die in diesen Stock ge-
brachte neu geordnete Goldschmiedesammlung,
Glassammlung und die Kleinkunstabteilung;
hier findet sich jetzt die Tazza Farnese, der
Silberschatz des Hauses des Menander, die
Goldkränze und die sehr reiche Steinsamm-
lung. Weitere Säle des gleichen Geschosses

Antike Rahmen PALL T1ECKE Rahmen-Kopien
Restaurierungen aller Art
Berlin W62, Lützowplatz 11 Tel.: Kurfürst'B l 1762


Philips Wouwerman, Soldaten auf dem Marsch
Holz, 51,5: 65 cm. Monogr. — de Groot Nr. 824 — Slg. Dr. Alsberg, Berlin — Kat. Nr. 217
Versteigerung: Paul Graupe, Berlin. 28.—29. Januar 1934

Die Neuordnung des
Neapolitaner Nationalmuseums

«IJSTAV CRAMER
ANTIQUITÄTEN

Berlin W 9, Lennestr. 8

GEMÄLDE
 
Annotationen