39. AUGUST 1934
ARTo/rtrWORLD
D 1 E
ILLUSTRIERTE WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST / EUCH / ALLE SAMMELGEBIETE UND IHREN MARKT
OFFIZIELLES ORGAN DES BUNDES DER DEUTSCHEN KUNST- UND ANTIQUITÄTENHÄNDLER E. V. MÜNCHEN
Erscheint jeden Sonntag im Weltkunst-Verlag, G. m. b. H.,
Berlin W62, Kurfürstenstr. 76-77. Telegramm-Adresse: «Weltkunst Berlin».
Bankkonto: Deutsche Bank u. Disconto-Gesellschaft, Depositen - Kasse M,
Berlin W 62, Kurfürstenstr. 115. Postscheckkonti: Berlin 118054; Den
Haag 145512; Paris 1700 14; Prag 59283; Wien 114783; Zürich 8159
früher:
Redaktion, Verlag und Lesesaal:
Berlin W62, Kurfürstenstr. 76-77 • Tel. B 5 Barbarossa 7228
Man abonniert beim Verlag, bei der Post oder bei den Buchhändlem.
Einzel-Nummer 50 Pfennig. Quartal für Deutschland inklusive Postzustellung
Mark 4,50; Lieferung durch den Verlag im Umschlag Mark 5,50; für das
Ausland (nur im Umschlag) Mk.5,50; oder: Tschechoslowakei Kc 45; Frank-
reich und Belgien fr. Frs. 35; Holland hfl. 3,25; Schweiz und die nicht ange-
führten Länder sfrs. 7; Übersee § 1,50; Sammelmappen pro Jahrgang Mk. 4,50
Die Sammlung
Niessen
im Kölner W a llraf-Richartz-
Museum
Im Januar erwarb die Stadt Köln die
Sammlung des Konsuls Dr. h. c. Niessen, etwa
12 000 Einzelstücke, hauptsächlich römisch-
kölnischen Kunsthandwerks. Jetzt sind die
wesentlichsten und kostbarsten Zeugnisse aus
einer frühen Blütezeit Kölns in drei Erd-
geschoßräume des Wallraf-Richärtz-Museums
zur Schau gestellt. Die bedeutende Sammlung
antiker Gläser aus der Zeit von Christi Geburt
bis' zum Ende des vierten Jahrhunderts' in der
Büste eines jugendlichen Römers
Aus einem Stück Lapislazuli geschnitten
Frühes 3. Jahrhundert
Sammlung Niessen im Wallraf-Richartz-
Museum, Köln
Römischen Abteilung des Wallraf-Richartz-
Museums hat durch den Zuwachs aus der
Sammlung Niessen ihren Bestand verdoppeln
können. Der wissenschaftlichen Arbeit wird
dieses einzigartige Material jetzt die Möglich-
keit geben, Rückschlüsse auf einzelne Künst-
ler, Werkstätten und Entwicklungslinien vor-
zunehmen. In Köln, am Rande des römischen
Reichs, in der reichsten Stadt nördlich der
Alpen, war der Sitz der größten und fähigsten
Glasindustrie der Spätantike. Köstliche und
bewundernswerte Beispiele aus der Frühzeit
der Glasmacherkunst sind zu sehen.
Neben Buntgläsern aus Ägypten, Ober-
italien und Gallien nehmen die blaugrünen
Gebrauchsgläser des 1. und 2. Jahrhunderts
und die wasserhell entfärbten Arbeiten vom
Ende des 2. bis zum 4. Jahrhundert einen
breiten Raum ein.- Ein Bravourstück des
handwerklichen Könnens ist eine kleine Kanne,
um die eine größere herumgeblasen ist. Be-
zeichnend für die Kölner Manufaktur sind die
mehrfarbigen Henkelkännchen. Von anmuti-
ger Zierlichkeit die Schlangenfadengläser,
hochwertige Erzeugnisse einer Kölner Werk-
statt. Bruchstücke von Millefiori- und Über-
fanggläsern blühen im Spiel leuchtender Far-
ben auf. Durch Schnitt und Schliff reich und
kunstvoll gezierte Gläser tragen Darstellun-
gen einer Hirschjagd und von Soldaten. Be-
merkenswert als frühes Zeugnis des Christen-
tums am Rhein ist eine Schale mit dem Sün-
denfall von der Wende des 3. zum 4. Jahr-
hundert. Nuppengläser und Humpen, Vor-
läufer der fränkischen Rüsselbecher, Muschel-
gläser, Traubenflaschen, Doppengesichts-
gläser, ein schwimmender Fisch und ein rund-
liches Schweinchen aus Glas sind zu sehen.
Außerdem Salbflaschen, Merkurflaschen, ele-
gante Amphorisken und bunte alexandrinische
Schmuckanhänger. Die Einwirkung des Erd-
reichs hat die meisten Stücke ein wenig milchig
und irisierend gemacht, dem Glas die würdige
Patina einer ruhmvollen Geschichte verliehen.
Spruchbecher, rote Sigillategefäße, Tonlampen
und Kölner Terrakotten werden ergänzt durch
einige griechische Vasen und eine gelbglasierte
Venusterrakotta aus Troja. Mit großer Kunst-
fertigkeit ist oft der Zierrat aus Schlamm-
malerei aufgesetzt.
Ein heller Schein gleißt auf von dem Gold-
schatz. Über hundert Fingerringe mit Inschrif-
ten, Siegelsteinen und Kameen, Armreifen, Fi-
beln, Stirnbinden, Totenkränze und das reizende
Goldköpfchen von Gereon wetteifern mit dem
silbertauschierten Tintenfaß, der reizvollen
Dreikopfvase, der kleinen Lapislazulibüste und
der goldenen Brakteatenfibel von Andernach
um den ersten Platz vor den Augen des Be-
trachters. Arbeiten aus Gagat, Elfenbein und
Bernstein, eine reiche
Folge von Münzen, in
Köln gefundene Prä-
gungen griechischer
Städte und stempel¬
frische Goldstücke aus
dem Schatzfund in der
Gertrudenstraße von
1909, Medaillen, Figuren
des Merkurs und der
Venus und gewichtige
Geräte aus Bronze seien
aus der Fülle des Neuen
und Ueberraschenden
noch erwähnt. Jedes
Stück sei dem aufmerk-
samen Auge des Betrach¬
ters empfohlen, denn die
Dinge sind über den
Wert, den ihnenihr Alter,
die handwerkliche Voll-
kommenheit und die be¬
sondere Leistung geben,
belangvoll als Sprache
einer sonst fast ur¬
kundenlosen Zeit vater-
städtischer Geschichte.
Diese Zeit ist nicht
nur von der fremden
römischen Anschauung
bestimmt gewesen. Es
lebten auch noch die Kräfte des heimischen
Bodens gestaltend und mitwirkend. Auf den
ersten Blick ist der germanische Anteil oft
nicht sogleich erkennbar, aber das spürende
Auge erfährt manches, das im ersten Augen-
blick überrascht. So steht z. B. in einer
Vitrine des dritten Raumes eine grünglasierte
Terrakottavase, eine Kölner Arbeit, die in
einem Grab an der Luxemburger Straße ge-
funden worden ist. Diese urnenförmige Vase
nimmt um 200 eine ältere Form wieder auf
und auch das Schmuckmittel der Strichelung
in die weiche Tonschicht. Um die Mitte der
Vase läuft als breiter bandartiger Fries eine
ineinander verschlungene Darstellung von
Tieren, Hunden, vielleicht eine Jagdszene. Da-
zwischen wächst sich verflechtend ein Ranken-
werk. Man denkt an altes germanisches Erbe,
an das Flechtornament und an die verschlun-
genen Bänder der Romantik. Die Tiere sind
in erregten Bewegungen lebendig dargestellt,
und doch sind sie in die Ganzheit des Schmuck-
bandes streng ornamental eingebunden. Man
erinnert sich auch an den Gerätegriff aus
Gagat in Gestalt eines Löwen, der in seiner
strengen dekorativen Durchformung an die
romanische Zeit vorausdenken läßt.
K. H. B o d e n s i e k
Die Isolierung des
Augusteums in Rom
Das größte Ausgrabungsvorhaben, sofern
man nicht eine bloß räumliche Ausdehnung vor
Augen hat, gilt in Rom dem Augustus-, besser
dem Juliermausoleum. Die räumlich ausgedehn-
teste, im vollen Gang befindliche Ausgrabung
gilt dem Circus Maximus, den Aventin- und
Palatinabhängen. Aber wenn man bei diesem
zweiten Vorhaben vor einem riesigen, beinahe
unbebauten Tale steht, so verlangt eine Aus-
grabung und Restaurierung des Augusteums
die Niederlegung eines Großteiles des zentralen
Roms. Es handelt sich um jenes ganze Viertel,
das zwischen dem unteren Teil des Corso und
dem Tiber gelegen ist, das also die Viertel der
Via della Freccia, der Via Ripeta, der Otto Can-
torn usw. einfaßt. Baulich stellt dieses Viertel
Kan t h ar o s mit Facettenschliff-Mustern
Kölner Erzeugnis des 3. Jahrhunderts
Sammlung Niessen im Wallraf-Richartz-Museum, Köln
Pokal auf Stengelfuß
Köln, 2. Jahrh. n. Chr.
Sammlung Niessen im Wallraf-Richartz
Museum, Köln
eines der alten dichten Wohnviertel, bebaut
meist mit sechsstöckigen Häusern aus dem
17. Jahrhundert, wahrscheinlich auf älteren
Fundamenten, dar. Was sich unter diesen Fun-
damenten befindet, ist unbekannt. Doch sind
sonderlich wichtige Funde kaum zu erwarten,
denn es handelt sich um Zonen des alten Mars-
feldes, das erst in mittlerer und späterer Kai-
serzeit bebaut, dann allerdings das vornehmste
Viertel von Rom geworden war. In den mittel-
alterlichen Zeiten ist diese Zone das eigent-
liche Rom gewesen. Das Augustusgrab liegt
mitten in diesem Gebäudegewirr gassenähn-
licher Straßen. Seine Überbauungen, die es zum
Konzertsaale Roms umwandelten, werden ab-
getragen. Abgerissen werden die gesamten
umliegenden Viertel. Der Abbruch des Viertels
resp. der Neubau von notwendig werdenden
Häusern in Außenquartieren werden innerhalb
von vier Jahren durchgeführt werden. Damit
wird das Augustusmausoleum zur 2000-Jahr-
Feier des Kaisers wiederhergestellt sein.
Soweit die Untersuchungen am Mausoleum
bisher Klarheit über die antiken erhaltenen
Reste gegeben haben —- die Untersuchungen
leitet Dr. Munoz, der römische Stadt-
archäologe, dessen Arbeiten schon bei der Frei-
legung des Marcell-Theaters und des Kapitols
ausschlaggebend gewesen sind — stehen die
Rundmauem in einer Höhe von 10 Metern über
dem gegenwärtigen Bodenniveau. Die alte
Bodenoberfläche liegt vier bis fünf Meter tiefer.
Die Crypta ist bekanntlich bereits ausgegraben
und man hat Klarheit über das, was von den
Julierresten noch vorhanden ist. 10 Meter Höhe
ARTo/rtrWORLD
D 1 E
ILLUSTRIERTE WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST / EUCH / ALLE SAMMELGEBIETE UND IHREN MARKT
OFFIZIELLES ORGAN DES BUNDES DER DEUTSCHEN KUNST- UND ANTIQUITÄTENHÄNDLER E. V. MÜNCHEN
Erscheint jeden Sonntag im Weltkunst-Verlag, G. m. b. H.,
Berlin W62, Kurfürstenstr. 76-77. Telegramm-Adresse: «Weltkunst Berlin».
Bankkonto: Deutsche Bank u. Disconto-Gesellschaft, Depositen - Kasse M,
Berlin W 62, Kurfürstenstr. 115. Postscheckkonti: Berlin 118054; Den
Haag 145512; Paris 1700 14; Prag 59283; Wien 114783; Zürich 8159
früher:
Redaktion, Verlag und Lesesaal:
Berlin W62, Kurfürstenstr. 76-77 • Tel. B 5 Barbarossa 7228
Man abonniert beim Verlag, bei der Post oder bei den Buchhändlem.
Einzel-Nummer 50 Pfennig. Quartal für Deutschland inklusive Postzustellung
Mark 4,50; Lieferung durch den Verlag im Umschlag Mark 5,50; für das
Ausland (nur im Umschlag) Mk.5,50; oder: Tschechoslowakei Kc 45; Frank-
reich und Belgien fr. Frs. 35; Holland hfl. 3,25; Schweiz und die nicht ange-
führten Länder sfrs. 7; Übersee § 1,50; Sammelmappen pro Jahrgang Mk. 4,50
Die Sammlung
Niessen
im Kölner W a llraf-Richartz-
Museum
Im Januar erwarb die Stadt Köln die
Sammlung des Konsuls Dr. h. c. Niessen, etwa
12 000 Einzelstücke, hauptsächlich römisch-
kölnischen Kunsthandwerks. Jetzt sind die
wesentlichsten und kostbarsten Zeugnisse aus
einer frühen Blütezeit Kölns in drei Erd-
geschoßräume des Wallraf-Richärtz-Museums
zur Schau gestellt. Die bedeutende Sammlung
antiker Gläser aus der Zeit von Christi Geburt
bis' zum Ende des vierten Jahrhunderts' in der
Büste eines jugendlichen Römers
Aus einem Stück Lapislazuli geschnitten
Frühes 3. Jahrhundert
Sammlung Niessen im Wallraf-Richartz-
Museum, Köln
Römischen Abteilung des Wallraf-Richartz-
Museums hat durch den Zuwachs aus der
Sammlung Niessen ihren Bestand verdoppeln
können. Der wissenschaftlichen Arbeit wird
dieses einzigartige Material jetzt die Möglich-
keit geben, Rückschlüsse auf einzelne Künst-
ler, Werkstätten und Entwicklungslinien vor-
zunehmen. In Köln, am Rande des römischen
Reichs, in der reichsten Stadt nördlich der
Alpen, war der Sitz der größten und fähigsten
Glasindustrie der Spätantike. Köstliche und
bewundernswerte Beispiele aus der Frühzeit
der Glasmacherkunst sind zu sehen.
Neben Buntgläsern aus Ägypten, Ober-
italien und Gallien nehmen die blaugrünen
Gebrauchsgläser des 1. und 2. Jahrhunderts
und die wasserhell entfärbten Arbeiten vom
Ende des 2. bis zum 4. Jahrhundert einen
breiten Raum ein.- Ein Bravourstück des
handwerklichen Könnens ist eine kleine Kanne,
um die eine größere herumgeblasen ist. Be-
zeichnend für die Kölner Manufaktur sind die
mehrfarbigen Henkelkännchen. Von anmuti-
ger Zierlichkeit die Schlangenfadengläser,
hochwertige Erzeugnisse einer Kölner Werk-
statt. Bruchstücke von Millefiori- und Über-
fanggläsern blühen im Spiel leuchtender Far-
ben auf. Durch Schnitt und Schliff reich und
kunstvoll gezierte Gläser tragen Darstellun-
gen einer Hirschjagd und von Soldaten. Be-
merkenswert als frühes Zeugnis des Christen-
tums am Rhein ist eine Schale mit dem Sün-
denfall von der Wende des 3. zum 4. Jahr-
hundert. Nuppengläser und Humpen, Vor-
läufer der fränkischen Rüsselbecher, Muschel-
gläser, Traubenflaschen, Doppengesichts-
gläser, ein schwimmender Fisch und ein rund-
liches Schweinchen aus Glas sind zu sehen.
Außerdem Salbflaschen, Merkurflaschen, ele-
gante Amphorisken und bunte alexandrinische
Schmuckanhänger. Die Einwirkung des Erd-
reichs hat die meisten Stücke ein wenig milchig
und irisierend gemacht, dem Glas die würdige
Patina einer ruhmvollen Geschichte verliehen.
Spruchbecher, rote Sigillategefäße, Tonlampen
und Kölner Terrakotten werden ergänzt durch
einige griechische Vasen und eine gelbglasierte
Venusterrakotta aus Troja. Mit großer Kunst-
fertigkeit ist oft der Zierrat aus Schlamm-
malerei aufgesetzt.
Ein heller Schein gleißt auf von dem Gold-
schatz. Über hundert Fingerringe mit Inschrif-
ten, Siegelsteinen und Kameen, Armreifen, Fi-
beln, Stirnbinden, Totenkränze und das reizende
Goldköpfchen von Gereon wetteifern mit dem
silbertauschierten Tintenfaß, der reizvollen
Dreikopfvase, der kleinen Lapislazulibüste und
der goldenen Brakteatenfibel von Andernach
um den ersten Platz vor den Augen des Be-
trachters. Arbeiten aus Gagat, Elfenbein und
Bernstein, eine reiche
Folge von Münzen, in
Köln gefundene Prä-
gungen griechischer
Städte und stempel¬
frische Goldstücke aus
dem Schatzfund in der
Gertrudenstraße von
1909, Medaillen, Figuren
des Merkurs und der
Venus und gewichtige
Geräte aus Bronze seien
aus der Fülle des Neuen
und Ueberraschenden
noch erwähnt. Jedes
Stück sei dem aufmerk-
samen Auge des Betrach¬
ters empfohlen, denn die
Dinge sind über den
Wert, den ihnenihr Alter,
die handwerkliche Voll-
kommenheit und die be¬
sondere Leistung geben,
belangvoll als Sprache
einer sonst fast ur¬
kundenlosen Zeit vater-
städtischer Geschichte.
Diese Zeit ist nicht
nur von der fremden
römischen Anschauung
bestimmt gewesen. Es
lebten auch noch die Kräfte des heimischen
Bodens gestaltend und mitwirkend. Auf den
ersten Blick ist der germanische Anteil oft
nicht sogleich erkennbar, aber das spürende
Auge erfährt manches, das im ersten Augen-
blick überrascht. So steht z. B. in einer
Vitrine des dritten Raumes eine grünglasierte
Terrakottavase, eine Kölner Arbeit, die in
einem Grab an der Luxemburger Straße ge-
funden worden ist. Diese urnenförmige Vase
nimmt um 200 eine ältere Form wieder auf
und auch das Schmuckmittel der Strichelung
in die weiche Tonschicht. Um die Mitte der
Vase läuft als breiter bandartiger Fries eine
ineinander verschlungene Darstellung von
Tieren, Hunden, vielleicht eine Jagdszene. Da-
zwischen wächst sich verflechtend ein Ranken-
werk. Man denkt an altes germanisches Erbe,
an das Flechtornament und an die verschlun-
genen Bänder der Romantik. Die Tiere sind
in erregten Bewegungen lebendig dargestellt,
und doch sind sie in die Ganzheit des Schmuck-
bandes streng ornamental eingebunden. Man
erinnert sich auch an den Gerätegriff aus
Gagat in Gestalt eines Löwen, der in seiner
strengen dekorativen Durchformung an die
romanische Zeit vorausdenken läßt.
K. H. B o d e n s i e k
Die Isolierung des
Augusteums in Rom
Das größte Ausgrabungsvorhaben, sofern
man nicht eine bloß räumliche Ausdehnung vor
Augen hat, gilt in Rom dem Augustus-, besser
dem Juliermausoleum. Die räumlich ausgedehn-
teste, im vollen Gang befindliche Ausgrabung
gilt dem Circus Maximus, den Aventin- und
Palatinabhängen. Aber wenn man bei diesem
zweiten Vorhaben vor einem riesigen, beinahe
unbebauten Tale steht, so verlangt eine Aus-
grabung und Restaurierung des Augusteums
die Niederlegung eines Großteiles des zentralen
Roms. Es handelt sich um jenes ganze Viertel,
das zwischen dem unteren Teil des Corso und
dem Tiber gelegen ist, das also die Viertel der
Via della Freccia, der Via Ripeta, der Otto Can-
torn usw. einfaßt. Baulich stellt dieses Viertel
Kan t h ar o s mit Facettenschliff-Mustern
Kölner Erzeugnis des 3. Jahrhunderts
Sammlung Niessen im Wallraf-Richartz-Museum, Köln
Pokal auf Stengelfuß
Köln, 2. Jahrh. n. Chr.
Sammlung Niessen im Wallraf-Richartz
Museum, Köln
eines der alten dichten Wohnviertel, bebaut
meist mit sechsstöckigen Häusern aus dem
17. Jahrhundert, wahrscheinlich auf älteren
Fundamenten, dar. Was sich unter diesen Fun-
damenten befindet, ist unbekannt. Doch sind
sonderlich wichtige Funde kaum zu erwarten,
denn es handelt sich um Zonen des alten Mars-
feldes, das erst in mittlerer und späterer Kai-
serzeit bebaut, dann allerdings das vornehmste
Viertel von Rom geworden war. In den mittel-
alterlichen Zeiten ist diese Zone das eigent-
liche Rom gewesen. Das Augustusgrab liegt
mitten in diesem Gebäudegewirr gassenähn-
licher Straßen. Seine Überbauungen, die es zum
Konzertsaale Roms umwandelten, werden ab-
getragen. Abgerissen werden die gesamten
umliegenden Viertel. Der Abbruch des Viertels
resp. der Neubau von notwendig werdenden
Häusern in Außenquartieren werden innerhalb
von vier Jahren durchgeführt werden. Damit
wird das Augustusmausoleum zur 2000-Jahr-
Feier des Kaisers wiederhergestellt sein.
Soweit die Untersuchungen am Mausoleum
bisher Klarheit über die antiken erhaltenen
Reste gegeben haben —- die Untersuchungen
leitet Dr. Munoz, der römische Stadt-
archäologe, dessen Arbeiten schon bei der Frei-
legung des Marcell-Theaters und des Kapitols
ausschlaggebend gewesen sind — stehen die
Rundmauem in einer Höhe von 10 Metern über
dem gegenwärtigen Bodenniveau. Die alte
Bodenoberfläche liegt vier bis fünf Meter tiefer.
Die Crypta ist bekanntlich bereits ausgegraben
und man hat Klarheit über das, was von den
Julierresten noch vorhanden ist. 10 Meter Höhe