VIIL JAHRGANG, Nr. 30
JNST
LMONDEiAKß
ILLUSTRIERTE WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST / EUCH / ALLE SAMMELGEEIETE UND IHREN MARKT
OFFIZIELLES ORGAN DES RUNDES DER DEUTSCHEN KUNST- UND ANTIQUITÄTENHÄNDLER E. V. MÜNCHEN
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führten Länder sfrs. 7; Übersee $ 1,50; Sammelmappen pro Jahrgang Mk. 4,50
Neues aus dem
Stettiner Museum
Ankäufe und Erwerbungen
Das Kunstleben von Pommerns Haupt- und
Hafenstadt empfängt durch die Tätigkeit ver-
einzelter Künstler, Bestrebungen des rührigen
Museumsvereins und einer sonderlich auf dem
Gebiet der Weberei verdienstvollen Hand-
werkerschule glückliche Anregungen, besitzt
aber auch in dem sehr weiträumigen Museums-
gebäude an der Hakenterrasse einen von der
Bevölkerung als solchen allgemein anerkannten
Mittelpunkt. Steigt doch die Besuchsziffer,
die, neben der schiffsbaugeschichtlichen, natur-
wissenschaftlichen, völkerkundlichen Abteilung,
einer heimatlichen Altertums- und vorbild-
lichen kleinen kunstgewerblichen Sammlung,
vor allem der ziemlich umfangreichen Ge-
mäldegalerie zugute kommt, an Sonntagen oft
auf achthundert bis tausend. Wie bekannt ent-
hält sie außer wenig Älterem mit zwei
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Frans Hals, sonst durchweg in instruktiver
und besonnener Auswahl, in der nicht allein ein
köstlicher früher van Gogh auffällt, Erzeug-
nisse der neueren Kunst etwa vom Beginn des
vorigen Jahrhunderts an. Die Sammlung wird
durch vielfältiges Umhängen lebendig erhalten
und ständig vermehrt.
Der Besitz an Bildern der romantischen
Schule, die von der pommerschen Flachland-
schaft ihren Ausgang nahm, wurde mit dem
zuletzt hinzugekommenen, in seiner grauen
Stimmung sehr delikaten C a r u s , „Baum im
Herbstwalde“, und einer Sepiazeichnung von
Caspar David Friedrich ergänzt.
Dessen große, reich orchestrierte Land-
schaft, wozu einiges an Studien, Porträts und
Zeichnungen kommt, bildet mit dem bewegten,
farbig sehr eindrucksvoll akzentuierten Mäd-
chenbildnis von Philipp Otto Runge, das
als Hauptwerk sein eindringliches Mohnike-
Porträt überragt, während ein „Schlafendes
Kind“ außergewöhnlichen Beleg für seine
zeichnerische Kunst abgibt, die entscheidende
Betonung des Romantikerkabinetts. Zu den
bisher dort hängenden Bildern des wenig be-
kannten und sonst wohl nur noch in der Ham-
burger Kunsthalle vertretenen Greifswalders
Wilhelm Titel, kam durch Neuerwerbung
nun noch eine, etwas an Fueßli erinnernde
mythologische Darstellung. Titel, in seiner
Jugend von starker, später versickernder Be-
gabung, war in Florenz Schüler von
H a c k e r t, der aus Prenzlau stammt und viel
auf der Insel Rügen und in Stralsund gemalt
hat. Auch dessen Beziehung zu Pommern wird
jetzt in Stettin durch die Einrichtung eines ihm
gewidmeten Raumes, der noch andere deutsch-
römische Künstler aufnimmt, unterstrichen. Zu
dem bereits vorhandenen Bild und den beiden
außergewöhnlich reizvollen Aquarellen
Hackerts kam jetzt als Zuwachs eine „Brücke
bei Pisa“, 1799 gemalt. Außerdem erwarb der
sehr rührige Museumsleiter Dr. 0. H o 11 z e ,
der vor einigen Jahren von der Oldenburger
Galerie kam, von Koch eine um 1830 ent-
standene römische Landschaft und von
W e i t s c h ein sehr schönes Galeriestück, den
„Eichenwald“, von Reinhart, dem Koch-
Schüler, die „Wasserfälle von Tivoli“ und eine
„Sturmlandschaft mit zwei Reitern“. Er hat
sonst an dem von seinem Vorgänger, Dr.
Walther Riezler, geschaffenen Gemäldebestand
der impressionistischen und nachimpressionisti-
schen Zeit nicht allzu viel zu ändern gehabt,
jedoch auf dem Gebiet der jungen deutschen
Malerei (hier besonders Bilder des Oldenburgers
R a d z i w i 11, des Ostpreußen B u r m a n n ,
von Schrimpf, Lenk, Peine r, Mey-
boden, Hasso von Hugo usw.) eine sehr
glückliche Hand gehabt. Die künstlerische Ent-
wicklungslinie vom Expressionismus bis in das
Schaffen unserer Tage hinein drückt sich in der
Stettiner Galerie recht einprägsam und in ihren
Übergängen auch zwanglos und überzeugend
aus. Da alle diese Werke auf den vom Kunst-
die Mitte des vorigen Jahrhunderts blühenden
Porträtmalerei zeigen, mit zu den Zeugnissen
einer bodenständigen Kunst, die im Stettiner
Museum eine bevorzugte Pflege erhält. Auch
in dem großen Raum, der dem modernen
Kunstgewerbe gewidmet ist, wird nicht nur der
Sinn für das Vorbildliche, für gute, klare und
edle Gebrauchsformen geweckt, sondern wieder-
um auf heimatliches Schaffen zurückgegangen.
Die Wirkung der Stettiner Handwerkerschule
kommt in den geschmackvollen handgewebten
Wandbehängungen von Else Mögelin, be-
sonders aber in der künstlerisch sehr selb-
ständigen Plastik eines anderen Lehrers der
Anstalt, Kurt Schwert feger, zur
Das Bildiverk des Monats
Beweinung Christi. Süddeutsch, um 1680—90
Berlin, Deutsches Museum
verein veranstalteten winterlichen Aus-
stellungen erworben werden, trägt diese An-
kaufspolitik zur Förderung des städtischen
Ausstellungswesens bei.
Sie gibt auch den heimischen Künstlern eine
Förderung, die vorbildlich erscheint. Einiges
hiervon, z. B. die Steinplastik des Belgarders
U t e c h , der sich hier auch als Holzbildhauer
bewährt, ist schon mehrmals auf Berlinei' Aus-
stellungen gezeigt worden. Sehr vieles jedoch,
wie die Zeichnungen Walter Georg Stock-
manns, die stillen, durchgefühlten und reifen
Malschöpfungen von Gustav Wimmer
oder die manchmal wohl etwas dekorativ, aber
doch sehr persönlich wirkenden Bilder des An-
klamers Konrad A. Lattner sind im Reich
nahezu unbekannt. Wimmers großes Bild einer
„Windmühle“ und die Fischer- und Küstendar-
stellungen von Lattner zählen mit einer
malerisch sehr kultivierten Ansicht der Ost-
seestadt von 1840 und zwei Bildnissen von Lud-
wig Most, die das tüchtige Niveau einer um
Geltung, eines Kösliners, der sich in seinen
ausgestellten Werken als ein Bildhauer von
hohen Graden ausweist. Z e e c k
Der Kommissionär
im Auktionsgewerbe
Von Fritz Reh bei n
Wir geben dem Beitrag des Herrn
F. Rehbein, der sich mit den Verhält-
nissen des Kommissionär-Gewerbes be-
faßt, gerne Raum, da es den weiteren
Rahmen eines Fragenkomplexes berührt, der
in der „Weltkunst“ bereits öfters zur Dis-
kussion gestellt wurde. Die Red.
Von vielen Seiten sind Anregungen zu einer
Reform des Auktionswesens ergangen und so
möchte ich heute einmal auf einen Mißstand
Zur Ernennung
Otto Kümmels
Prof. Dr. Otto Kümmel, der im Juli 1933
nach der Beurlaubung Geh. Rat. Waetzoldts
mit der kommissarischen Leitung der Staat-
lichen Museen in Berlin betraut wurde, ist nun-
mehr als Generaldirektor bestätigt worden. Da-
mit gelangt eine Persönlichkeit endgültig an
die Spitze dieser Institute, die mit kurzen
Unterbrechungen bereits seit 1903 mit den
Berliner Museen eng und führend verbunden
ist. Der einer Stadthannoveraner Familie ent-
stammende Gelehrte wurde am 22. August 1874
in Blankenese geboren, promovierte in Frei-
burg i. B., war seit 1901 Volontär am Museum
für Kunst und Gewerbe in Hamburg, seit 1903
Hilfsarbeiter an den Berliner Museen, 1905
Konservator der Kunstsammlungen in Frei-
burg, um dann seit 1906 endgültig im Verband
der Berliner Museen zu bleiben. Als Direk-
torialassistent am Museum für Völkerkunde
(1906) wurde er engster Mitarbeiter von Bode,
der ihn mit der Sammlung und Einrichtung der
Ostasiatischen Abteilung betraute, deren
Leitung seit 1909 in seinen Händen ruht. Eine
Reihe vpn, Publikationen hat. seinen Rn-f, Ms
Kenner der ostasiatischen Kunst begründet:
wir nennen die Arbeiten „Kunstgewerbe in
Japan“ (1909), die „Kunst Ostasiens“ (1921),
das „Ostasiatische Gerät“ (1923), ferner
Spezialpublikationen über ostasiatische Bron-
zen. Eine Tat, die ihn weit über die Grenzen
Deutschlands bekannt machte, war die große
Ausstellung chinesischer Kunst des Jahres
1928.
Wie bereits während seiner kommissarischen
Tätigkeit, wird Prof. Kümmel durch eine
immer umfassendere und aktivere Aus-
stellungspolitik und ein ausgebautes, den Be-
dürfnissen weitester Volkskreise entsprechen-
des Führungswesen einen engeren Kontakt,
zwischen Museum und Publikum schaffen. Ein
weiterer Programmpunkt ist die fachliche Aus-
bildung eines tüchtig geschulten Nachwuchses
an Museumsbeamten: diesem Zwecke soll die
unter Benutzung der Erfahrungen der besten
deutschen Museumsleute aufgebaute Museums-
schule dienen, die wahrscheinlich bereits im
Herbst ihre Tätigkeit aufnehmen wird. Gegen
jede Verbindung zwischen Museum und Kunst-
handel, vor allem gegen die Expertisenwirt-
schaft, hat sich der neue Generaldirektor be-
reits kurz nach der kommissarischen Über-
nahme, seines Amtes schärfstens gewandt. Es
sind jedenfalls von der Tatkraft dieses Ge-
lehrten und Organisators in der nächsten Zeit
mancherlei neue Richtlinien für das Berliner
Museumsleben zu erwarten. D.
zu sprechen kommen, der von vielen Seiten
als lästig empfunden und gerügt wird.
Vor kurzer Zeit wurden in dem Fachver-
band „Bund deutscher Kunst-und Antiquitäten-
händler“ auf Grund von § 4 und 15 der ersten
Verordnung zur Durchführung des Reichs-
kulturkammergesetzes vom 1. 11. 33 alle die-
jenigen Personen zusammengefaßt, die in
irgendeiner Form mit dem Kunst- und Antiqui-
tätenhandel zu tun haben und somit werden
von diesem Fachverband auch die Kommis-
sionäre erfaßt, welche auf den Auktionen tätig
sind.
In diese Tätigkeit etwas hineinzuleuchten,
ist der Zweck meiner heutigen Besprechung.
Seit Jahrhunderten ist es in Deutschland
Brauch, daß ein Handwerker, ob Schneider,