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2. SEPTEMBER 1934<2£>delbe^
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VIIL JAHRGANG, Nr. 35
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ILLUSTRIERTE WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST / BUCH / ALLE SAMMELGEBIETE UND IHREN MARKT
OFFIZIELLES ORGAN DES BUNDES DER DEUTSCHEN KUNST- UND ANTIQUITÄTENHÄNDLER E. V. MÜNCHEN
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führten Länder sfrs. 7; Übersee $ 1,50; Sammelmappen pro Jahrgang Mk. 4,50
Zur Eröffnung
der neuen Barockgalerie des Germanischen
National-Museums in Nürnberg
Es ist nicht allzu lange her, daß wir,
noch unter dem Einfluß des Klassizismus,
mit den Namen Barock und Rokoko etwas
negatives verbanden. Erst allmählich ist uns
diese glanzvolle Zeit deutschen Kunstschaffens
Jan Liss, Raufende Bauern
1635) und Langmair (ca. 1630) mit ihren Probe-
studien für die Aufnahme in die Malerzunft.
Den engen Rahmen der lokalen Schulung
und Tätigkeit durchbricht J. Liss (1590—1629)
(siehe Abb.). Gebürtig in Oldenburg (Holstein)
lernte er in Haarlem
und geht dann nach
Italien, wo er in Venedig
jung an der Pest stirbt.
Er ist der Vertreter
des freizügigen und
freischaffenden Künst-
lertums; mit ihm be-
treten wir die Welt des
Hochbarock. Neben die-
sem übersprudelnden
Temperament haben
Sandrart (1606—88),
Schönfeld (1609—82),
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die Vertreter der Aka-
demien — einen schwe-
ren Stand. Von dem
leicht konventionellen
Tiermaler J. H. Roos
(1631—85), dem Vater
der Künstlerfamilie, ist
ein überraschend leben-
diges Porträt ausge-
stellt. In Farbe und
Technik gleich frisch
ist das große Tierstück
seines Sohnes Ph. P.
wieder lebendig geworden. Die Architektur
fand am ersten Anerkennung, dann die
Plastik, während die Malerei bis heute fast
unbeachtet blieb. In den Sammlungen ist sie
so gut wie nicht vertreten. Das Wiener
Barockmuseum beschränkt sich nur auf das
österreichische Stammesgebiet, die Münchener
Abteilung ist eine Zusammenstellung alten
zufälligen Besitzes. So begrüßt man es dank-
bar, wenn jetzt das Germanische National-
museum es unternommen hat, die Malerei
dieser Zeit in einer künstlerisch und entwick-
lungsgeschichtlich gleich bedeutsamen Schau zu
zeigen. Die Nürnberger Barockgalerie ist jung,
und der aufmerksame Leser des Kataloges ist
überrascht, in wie kurzer Zeit systemati-
schen Sammelns diese Galerie zusammen-
gekommen ist.
Das Schicksal hat die deutsche Barock-
malerei in ihren Anfängen wenig begünstigt.
Die Sammlung begrenzen zeitlich die Daten
1600—1800. Dazu kommen noch einige Bilder
des frühen 19. Jahrhunderts, in denen die
Überlieferung des 18. Jahrhunderts weiterlebt.
Am Anfang stehen die beiden Porträts des
Ehepaares Rohling aus Schneeberg von M.
Krodel d. J. (1615 dat.). In der soliden klaren
Technik und Zeichnung lebt in ihnen noch die
Überlieferung der Cranachwerkstatt, doch die
lebensvoll, unmittelbare Auffassung, die
Frische und Kraft der Dargestellten verbindet
die Bilder mit dem beginnenden Barock. Die
gleiche Sinnenfreude vereint mit einer alt-
meisterlichen Technik zeigt das festliche Still-
leben G. Flegels (1563—1638). Diese etwas
konservative Art vertreten auch die beiden bis-
her unbekannten Nürnberger Hertz (1599 bis
Roos (1651—1705). Zu etwas Eigenem und
Selbständigem ist aber keiner von dieser Gene-
ration gekommen. Nur zu deutlich spürt man
die fremden Vorbilder.
Mit dem beginnenden 18. Jahrhundert ändert
sich die Lage. Zwar sind Ausländer v. Meytens,
Desmarees (Schweden), Ziesenis (Kopen-
J. F. A. Tischbein,
Bildnis der Frau von Raumer
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hagen), Pesne (Paris), Kupetzky (Preßburg)
die Vertreter deutscher Barockmalerei, doch
können sie als deutsche Künstler gelten. Denn
im Gegensatz zu anderen — wie Vivien oder
Goudreaux —, sind sie heimisch geworden und
haben ihre fremde Schulung, soweit sie aus-
geprägt war, abgelegt. Neben ihnen und sie
später überwindend steht eine große Zahl ein-
heimischer Künstler.
Der Wandel des 18. Jahrhunderts läßt sich
am deutlichsten an der stattlichen Reihe der
Porträts ablesen, die nicht nur zeigen, was der
Maler sah, sondern auch wie die Dargestellten
gesehen sein wollten. Den Anfang bilden die
Arbeiten Kupetzkys (1667—1740). Es sind
bürgerliche Bildnisse in kontrastreicher Hell-
dunkel-Wirkung mit betonten Wendungen und
Gesten. Das pompöse, festliche Fürstenpor-
trät ist durch M. v. Meytens d. J. (1695—1770)
vertreten (s. Abb.). Die Repräsentation, das
üppige Decor, die Haltung entscheidet in
seinem Bild des Fürsten Waldeck, und vergeb-
lich sucht man nach individueller Schilderung
des Menschen. Der Typus in dreiviertel An-
sicht, mit der pathetischen Wendung des
Kopfes über die Schulter und dem Blick nach
vorne bleibt auch in der folgenden Zeit, doch
beginnt eine Wandlung zu einer leichteren
differentiierteren Auffassung des Dargestell-
damit .eiLunduii eine AuHreaung der rar-
ben. Die Bildnisse von Pesne (1683—1757),
Ziesenis (1716—76), Desmarees (1697—1776)
sind dafür Beispiele. Eine Überraschung unter
diesen Bildern ist das Porträt des Grafen
Giech von dem so gut wie unbekannten J. Val.
Tischbein d. Ält. (1715—68), in seinem freudig
hingesetzten Rot, Weiß, Blau und seiner Ur-
sprünglichkeit. Eine wesentliche Änderung
tritt erst in der Zweiten Jahrhunderthälfte ein.
Äußerlich läßt sie sich an der Tracht ablesen;
das Galakostüm, das als Steigerung des Darge-
stellten gedacht war,
wird aufgegeben zu¬
gunsten der einfachen
Kleidung. Vor allem
tritt das Bürgerporträt
immer mehr in den Vor¬
dergrund. Kunsthisto¬
risch gesehen ist es die
Überwindung des fran¬
zösischen Vorbildes ein-
mal durch den Einfluß
der englischen Porträt¬
malerei, zum anderen
erreicht man wie Graff
(1730—1813) durch die
unmittelbare Natur¬
anschauung sein Ziel.
Am Anfang dieser Ent-
wicklung steht das A.
Graff zugeschriebene
Damenporträt (um 1760)
und am Ende J. F. A.
Tischbeins (1750—1812)
Bildnis der Fr. von
Raumer (s. Abb.). Be¬
schlossen wird diese
Porträtreihe durch die
Brand (1722—1795). Faistenberger gehört noch
ganz der idealistischen Art des 17. Jahrhunderts
mit seinen Landschaftskonstruktionen an (siehe
Abb.), während Brand in seinem Bilde „Die
Sandgrube“ (1774) die dekorativen Clischees
abgestoßen hat und in der stimmungsvollen
weiten Fernsicht zur reinen Landschaft über-
gegangen ist. Das Stilleben ist vertreten durch
W aldlandschaft
Faistenberger,
barmherzigen Samariter als Staffage
Arbeiten von Edlinger
(1741 bis 1819), Abel (1764—1818), Krüger
(1797 bis 1857) und Amerling (1803—1887). Die
Grenze des 18. Jahrhunderts ist überschritten
und die Zeit des Biedermeier beginnt.
Ein Vorwurf, den man Ausstellungen der
Malerei des 17. und 18. Jahrhunderts öfters
macht, sie seien geschickt kaschierte Porträt-
ausstellungen, trifft für diese Sammlung
nicht zu.
Für die Landschaftsmalerei sind die beiden
Pole A. Faistenberger (1663—1708) und J. Chr.
Tamm (1658—1724), Horemans (1700—76),
Wink (2. Hälfte 18. Jahrh.), das Interieur
durch Chr. W. E. Dietrich (1712—74). Für das
Gesellschaftsstück sei J. G. Platzer (1704—61)
genannt. Sein Werk „Konzert“ ist ein typisches
Beispiel für die Grazie und den Charme des
Rokoko.
Ein ganzer Raum ist Entwürfen für Wand-
malerei und Altarbildern gewidmet. An der
Spitze stehen die beiden Oesterreicher Maul-
bertsch (1724—96) (s. Abb.), und Kremser-
CHINA-BOHLKEN
Sammlerobjekte:
Broncen, Frühkeramik, Jades
Porzellane, Plastiken
Einrichtungsgegenstände:
Möbel, Teppiche, Bilder
BERLIN WS. POTSDAMER STRASSE 16 Stoffe
Ständige Ausstellung ostasiatischer Kunstwerke aus persönlichen Einkäufen in China und Japan