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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 8.1934

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Nr. 4 (28. Januar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44614#0013
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VIII. JAHRGANG, Nr. 4
NST
LMONDEfcAKß

ILLUSTRIERTE WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST / BUCH / ALLE SAMMELGEBIETE UND IHREN MARKT
OFFIZIELLES ORGAN DES DEUTSCHEN REICHSVERBANDES DES KUNST- UND ANTIQUITÄTEN HAN DE LS E. V. MÜNCHEN

Erscheint jeden Sonntag im Weltkunst-Verlag, G. m. b. H.,
Berlin W62, Kurfürstenstr. 76-77. Telegramm-Adresse: «Weltkunst Berlin».
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Man abonniert beim Verlag, bei der Post oder bei den Buchhändlern.
Einzel-Nummer 50 Pfennig. Quartal für Deutschland inklusive Postzustellung
Mark 4,50; Lieferung durch den Verlag im Umschlag Mark 5,50; für das
Ausland (nur im Umschlag) Mk.5,50; oder: Tschechoslowakei Kc 45; Frank-
reich und Belgien fr. Frs. 35; Holland hfl. 3,25; Schweiz und die nicht ange-
führten Länder sfrs. 7; Übersee $ 1,50; Sammelmappen pro Jahrgang Mk. 4,50

Ein
Stammbuchblatt
förnaiveSammler
Was der Hauser-Prozeß lehrt
Von Karl Haberstock, Berlin
Aus gewissen. Bezirken des Kunsthandels
haben Skandalprozesse in den letzten Jahren
in Berlin, Frankfurt und Hamburg allgemeines
Aufsehen erregt. Es ist notwendig, das nicht
eingeweihte Publikum mit Nachdruck darauf
hinzuweisen, daß die sogenannten Kunst-
händler, die in diesen
Prozessen bloßgestellt
worden sind, nichts
mit dem eigentlichen
reellen Kunsthandel zu
tun haben. Alle diese
Skandale gehen von
Außenseitern aus, von
fremden Elementen, die
in den Kunsthandel
eingedrungen sind, z. B.
sogenannte Teppich¬
händler, also Leute,
die toinen Wert auf
die Reinheit ihres Fir¬
menschildes zu legen
brauchen, weil sie kei-
nes haben. Während
die Mitglieder des
Hauserkonsortiums zu
größeren Freiheitsstra¬
fen verurteilt worden
sind, haben ihre Kun¬
den die Erfahrung, die
sie mit dieser Art von
Kunsthändlern gemacht
haben, leider mit recht
erheblichen Summen be¬
zahlen müssen.
Aber sehen wir einmal im folgenden von den
in den Hauserprozeß verwickelten Personen
ganz ab, so gibt er doch Veranlassung, prin-
zipiell auf gewisse Mißstände in den Außen-
bezirken des Kunsthandels hinzuweisen.
Immer wieder gibt es naive Sammler, die
sich einbilden, unter Umgehung des reellen
Kunsthandels Werke großer Meister für bil-
liges Geld erwerben zu können. Sammler
solcher Art sind es letzten Endes, die die dunk-
len Elemente heranzüchten, von denen ihnen
minderwertiges Material zu ungerechtfertigten
Preisen angedreht wird. Die Zahl dieser Art
Sammler ist leider nicht gering. Je mehr sol-
cher Art es gibt, desto größer die entsprechende
Kunsthändler-Unterwelt.
Der Geschäftstrick dieser „Kunsthändler“
besteht darin, solchen naiven Sammlern einzu-
reden, daß es sich aus bestimmten Gründen
um eine ganz besonders günstige Gelegenheit
handelt. Wenn ihnen das gelingt, haben sie
gewonnenes Spiel.
Jeder Eingeweihte weiß, wie erfinderisch
diese Leute in immer neuen Geschäftsmethoden
sind. Vor dem Kriege haben in Rom und
Florenz gewisse Antiquitätenhändler vor allem
solche Paläste gemietet, deren Besitzer seiner-
zeit im Zusammenhang mit einer großen Kunst-
epoche früherer Jahrhunderte in die Kunst-
geschichte mit ihrem Namen eingegangen sind.
Sie wurden vollkommen eingerichtet und die
Antiquitätenhändler machten nun jahrelang
ausgezeichnete Geschäfte, indem sie die Ein-
richtungen dieser alten Adelsgeschlechter aus
dem 15. und 16. Jahrhundert verkauften.

Andere sind inzwischen auf die Idee ge-
kommen, sich mit Grafen oder Prinzen aus be-
rühmten Geschlechtern, deren Namen mit der
Kunstgeschichte eng verknüpft sind, zusam-
menzutun, um mit diesen gemeinsam die Kunst-
schätze aus deren „Fideikommiß“ an Privatleute
zu verkaufen. Das „Fideikommiß“ ist vielfach
so umfangreich, daß sie jahrelang damit zu
tun haben, und daß sie von Zeit zu Zeit ihre
Tätigkeit in ein anderes Land verlegen müssen,
weil ein Land nicht fähig ist, diese großen
Kunstschätze allein aufzunehmen. Manchem
Kunstkäufer scheint der Kauf eines Kunst-
werkes besonders reizvoll zu sein, wenn damit
eine romantische Geschichte verbunden ist.

g englischer Malerei in London
Dieselben Leute, die mit Recht annehmen
würden, daß eine Perlenschnur, die ihnen zu
einem ungewöhnlichen Preis von Unbekannten
angeboten würde, gestohlen oder gefälscht ist,
geben sich bei Bildern der naiven Auffassung
hin, daß jemand, der z. B. einen echten Rem-
brandt hat, genötigt wäre, mit demselben hau-
sieren zu gehen und ihn für einen Bruchteil
seines wirklichen Wertes zu verkaufen.
Manche Leute, die in ihren Spezialgebieten,
sei es nun als Fabrikanten oder Ärzte usw.,
durch ihre hervorragenden Leistungen sich
einen Namen gemacht haben, glauben nun,
ebensogut wie Fachkundige über die Echtheit
eines Tizian urteilen zu können. Dabei würde
sicher ein Arzt z. B. die Zumutung, sieh von
einem Kunsthistoriker den Blinddarm heraus-
schneiden zu lassen, mit Entschiedenheit zu-
rückweisen. Muß er sich dann aber nicht auch
sagen, daß er bei Bilderkäufen sein Geld
riskiert, wenn er sich dabei nicht an ernste
Fachleute wendet? Die so in den Außenbe-
zirken des Kunsthandels zusammengetragenen
Sammlungen enthalten dann meistens Bilder,
die bestenfalls so aussehen, „als ob“ sie von
Rubens, „als ob“ sie von Ruisdael gemalt wären.
Die alte Sammlergeneration der Huld-
schinski und James Simon usw. hat ihre Samm-
lungen durch bekannte und angesehene Kunst-
handelsfirmen erworben. In der Zeit der Krise
hat sich gezeigt, daß dies der einzige Ver-
mögenswert war, der durch alle Stürme der
Zeit seinen Wert behalten hatte. Die Samm-
lungen haben zum Teil das Mehrfache von dem
gebracht, was die Herren dafür angelegt hatten.


William Hogarth, Studie zu einem Maskenball
Lwd., 63 :76 cm. — South London Art Gallery
Ausstellun

Antike Rahmen PAUE TIECKE
Restaurierungen aller Art

Rahmen-Kopien

Berlin W 68, Iiützowplatz 11

Tel.; Kurfürst B 1 1363

Wenn auch die richtigen Kunstfreunde ihre
Sammlungen nicht unter dem Gesichtspunkt
der Kapitalsanlage erwerben, so ist es doch
interessant, gerade aus der Geschichte der gro-
ßen Bankiersfamilien der Medici, Fugger,
Jabach zu ersehen, wie vergänglich das Geld
ist, wie dessen Wert wechselt, während der
Wert wirklicher Meisterwerke sich über alle
Zeiten gehalten hat. Die Riesenvermögen
dieser Bankiersfamilien zerflossen in ein Nichts,
was übrig blieb war schließlich nur mehr der
Wert ihrer Kunstschätze.

Nach meiner Erfahrung sieht man jeder
Kunstsammlung an, aus welcher Kategorie
Kunsthandlungen sie zusammengetragen wor-
den ist. Geheimrat Friedländer gibt in seiner
kleinen Schrift „Echt oder Unecht“ den Samm-
lern den einzig richtigen und guten Rat, „Geht
zu den Händlern, betrachtet, was sie haben,
wartet nicht auf Angebote, wendet euch an
kenntnisreiche Händler, an solche, die auf ihre
geschäftliche Ehre bedacht sind.“

Zur englischen Ausstellung
in London

II.*)
Das Bild der Ausstellung ist so einheitlich,
wie es von den früheren nur das der holländi-
schen war. Der zeitliche Rahmen ist ein ent-
sprechend enger: ein knappes Jahrhundert.
Was vor dem 18. Jahrhundert liegt, wird, wie
schon angedeutet, nicht sehr umfassend ge-
zeigt. Die wesentlichste Aeußerunv englischer
mittelalterlicher Kunst von der Architektur
abgesehen — die Buchmalerei — wird in einer
Sonderschau des British Museum eingehend
behandelt. Eine große
Zahl der im Burlington
House versammelten
Stücke war bereits
1930 in der Ausstellung
im Victoria Albert Mu¬
seum zu sehen, die für
den Kenner sehr viel
mehr brachte als diese
Auswahl. Als eines
der wichtigsten 1930
nicht gezeigten Ob¬
jekte ist das gemalte
Retabel aus der Thorn-
ham Parva Kirche in
Suffolk zu erwähnen,
im Anfang des 14. Jahr¬
hunderts entstanden.
Ergänzend zu diesem
Raum treten die Vitri¬
nen in der Rundhalle
mit den Goldschmiede¬
arbeiten, den Elfenbei¬
nen, den Alabaster¬
reliefs usw. In der Mitte
steht die wichtigste
Leihgabe, die das Aus-
land sandte, die be¬
rühmte Rüstung des
Earl of Cumberland, des
Freundes der großen
Elisabeth. Die Rüstung
ist erst kürzlich durch
das Vermächtnis Cla-
rence Mackays ans Me¬
tropolitan Museum ge-
kommen.
Die Malerei des 16. und 17. Jahrhunderts
ist in ihrer geringen Bodenständigkeit ent-
sprechend ebenfalls etwas stiefmütterlich be-
handelt. Vielleicht hätten einige bessere Bei-
spiele aus dem zumeist anonymen Oeuvre der
Cinquecentisten und von den Meistern aus der
Gefolgschaft des van Dyck gewählt werden
können, der Eindruck von ihnen wäre dadurch
jedoch auch nicht wesentlich verbessert
worden.
Die großen Porträtisten des 18. Jahr-
hunderts sind alle umfassend repräsentiert;
es sind vor allem die vielen Ganzfiguren-Bilder
von Gainsborough, die dem Hauptsaal,
in dem sie größtenteils versammelt sind, sein
festliches Gepräge geben. Aus des Meisters
früherer Epoche sind vier seiner reizenden
*) vgl. „Weltkunst“ Nr. 3.

klemfigurigen genrehaften Porträtdarstellun-
gen in Landschaft zu sehen. Aufschlußreich
ist die Auswahl von Hogarth, die von der
Skizze bis zum lebensgroßen Porträt reicht.
Sehr sympathisch berührt die lange Reihe der
R o m n e y s, des Überlegtesten, am wenigsten
virtuos Schaffenden aus jenem Kreise, seine
crcnwaao Tvneb-pn})in jüpjrnr TTmo-plyiuno-
häufig recht drholsam. Von den Späteren
wird von Lawrence mehr gezeigt als von
Höppner; von den wichtigsten kleineren

Meistern wie Beechey, Opie, Abbott
usw. sind je eine oder wenige Arbeiten vor-
handen, genug, um einen Einblick in die Aus-
dehnung der zeitgenössischen Tradition zu ge-
winnen. Besonders muß noch Z o f f a n y er-
wähnt werden — der übrigens aus Frankfurt
gebürtig —, er ist besonders gut repräsentiert.
Ein meisterhaftes Frauenbildnis aus der Coll.
Lord Lee ist ein überraschendes Zeugnis seines
Könnens als Porträtist und Landschafter. Mit
seinen übrigen Bildern gehört er in den Kreis
der „Conversation-piece-painters“, der „Maler
des genrehaften Porträts“. Es ist eine in Eng-
land besonders gepflegte Bildgattung, die ihren
Ausgang von Hogarth nimmt. Zoffany ist
ihr fruchtbarster Anhänger; durch ihre an
Liotard gemahnende Klarheit und Helle der
Farben fallen seine Bilder unter den anderen


- i
» W

RI STAV CRAMER

ANTIQUITÄTEN

Berlin IV 9, Lennestr. 8

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