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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 8.1934

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Nr. 25 (24. Juni)
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D I E

ART^AVORLD

24. JUNI 1934


VIII. JAHRGANG, Nr. 25


LMONDE^AKTS

ILLUSTRIERTE WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST / EUCH / ALLE SAMMELGEEIETE UND IHREN MARKT
OFFIZIELLES ORGAN DES RUNDES DER DEUTSCHEN KUNST- UND ANTIQUITÄTENHÄNDLER E. V. MÜNCHEN

Erscheint jeden Sonntag im Weltkunst-Verlag, G. m. b. II.,
Berlin W62, Kurfürstenstr. 76-77. Telegramm-Adresse: «Weltkunst Berlin».
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führten Länder sfrs. 7; Übersee $ 1,50; Sammelmappen pro Jahrgang Mk. 4,50

Der Kunsthandel
im neuen Staate
Von Adolph Weinmüller
1. Vorsitzenden des Bundes der deutschen Kunst- und
Antiquitätenhändler E. VMünchen
Referat zur 1. Tagung des Verwai-
tungsbeirats der Reichskammer
derbildendenKünsteamö. Juni 1934
im Künstlerhaus, München
Das Kunstwerk ist die Schöpfung eines
Einzelindividuums, das, seiner Zeit meist vor-
auseilend, die tiefsten Empfindungen seiner
Volksgemeinschaft ausdrücken soll und des-
halb von der breiten Masse meist nicht ver-
standen wird. Die Masse, die in ihrem Kampf
ums Dasein nicht die Muße und Sammlung auf-
bringen kann, sich so zu vertiefen, um den
Künstler in seinen Äußerungen ganz ver-
stehen zu können, bedarf eines Mittlers. Als
solche gelten heute die Museen, der Kunsthan-
del und die Presse.
Dem Kunsthandel kann mancher berechtigte
Vorwurf nicht erspart werden: wurde doch
auch er von dem Demoralisationsprozeß der
Kriegs- und Nachkriegszeit ergriffen. Art-
fremde und von Wissen und Erfahrung nicht
beschwerte Elemente machten sich die Mög-
lichkeiten, die der Kunsthandel bot, hem-
mungslos zunutze. Und es war ihnen seit Er-
findung der Expertise so leicht gemacht. Ein
kleines Kapital, ein williger Sachverständiger
und der Weg zum Millionär war offen. Nie-
mand litt mehr darunter, als die Kunsthändler,
die auf Grund eines reellen Wissens, einer
langjährigen Erfahrung und aus Liebe zur
Sache ihren Beruf ausübten. Auch die Samm-
lerweit wurde durch die vielfachen Ent-
täuschungen, die ihnen das hemmungslose Spe-
kulantentum bereitete, abgeschreckt und da-
mit der Kunst und Künstlerschaft ein wichti-
ges Absatzgebiet zerstört. Das ist mit ein
Grund für den wirtschaftlichen Niedergang
des Kunsthandels.
Der unwissende Laie konnte mit Hilfe der
Expertise dem erfahrensten und solidesten
Kunsthändler Konkurrenz machen, wenn er nur
den richtigen Begutachter zur Hand hatte.
Wer in diesem Falle der Gewissenlosere war,
der sogenannte Kunsthändler oder der soge-
nannte Kunstsachverständige, wollen wir da-
hingestellt sein lassen. Jedenfalls brachte die
Institution der Expertise in den ehedem so
reellen Kunsthandel eine gewisse Unsicher-
heit und Unsolidität. Diese wurden allerdings
auch zwangsläufig wieder bedingt durch einen
Sammlertyp, der während der Kriegs- und
Nachkriegszeit entstanden war und der weni-
ger aus Liebe zur Kunst sammelte, als viel-
mehr, um sein Kapital möglichst nutzbringend
anzulegen. Die Kunst wurde zum Spekula-
tionsobjekt gemacht. Der solide Kunsthändler,
der in erster Linie Liebhaber und Kenner war,
wurde zum Börsenmakler degradiert und es

war ihm auf die Dauer nicht möglich, der
Rücksichtslosigkeit der Kunsthyänen des
Ostens, die die Möglichkeiten des Kunsthandels
aufs unverschämsteste ausnützten, standzu-
halten.
Die Expertise ermöglichte es jedermann,
auch ohne viel Geld, in den Zeiten der Kon-

junktur große Summen zu verdienen. Sie war
auch die Ursache, daß sich ein neuer Stand
neben dem auf guter Tradition fußenden und
mit hohen Spesen belasteten Kunst- und Anti-
quitätenhandel bilden konnte, der, weder mit
Wissen noch Moral beschwert, aus allen Stän-
den sich rekrutierte, nämlich der Schwarzhan-

Albrecht Altdorfer, Tempelgang Mariae
Holz, 111,5:74,5 cm
Ausstellung „Altdeutsche Kunst“ bei Julius Böhler, München


del. Sein Ruf wurde in der Presse identifiziert
mit dem des zünftigen Handels, zu dessen
größtem wirtschaftlichen und moralischen
Schaden. Dies war ungefähr die Situation vor
der Machtergreifung durch unseren Führer.
Gegen diesen Übelstand vorzugehen, bot das
Gesetz keine Handhabe. Erst mit dem Wer-
den des neuen Staates ergaben sich neue Hoff-
nungen und erst der neue Staat mit seinem
berufsständischen Aufbau der Kulturkammem
gibt dem Kunsthandel die Möglichkeit, sich in
Besinnung auf seine eigentlichsten Aufgaben
eine Berufsorganisation zu schaffen, in der
er seiner Verantwortung gerecht werden kann.
Als Vermittler der idealsten Werte eines Vol-
kes ist sich der Kunsthändler voll der Verant-
wortung gegenüber der Volksgemeinschaft be-
wußt. Ist er doch nicht nur Vermittler, indem
er dem Sammler, der ohnedies Beziehungen zur
Kunst hat, den Weg dazu ebnet, er verbreitert
vielmehr durch seine Propaganda auch diesen
Kreis und das Verständnis für die Kunst im
allgemeinen.
Überzeugender für den Laien als die schö-
nen Worte der Kunstjournalisten über die
Kunst sollte das Urteil des soliden Händlers
sein, der seine Ueberzeugung mit seinem Geld
und seinem guten Ruf bezahlt.
Der Kunst- und Antiquitätenhändler ist
abor auch in. großem Maßstab ein. Eawah-vcx'
der Kunst. Unendlich viel wertvollstes Kunst-
gut wäre ohne ihn verschollen, zerstört, ver-
gessen. Dies ist eine oft übersehene und vor
allem auch von der zünftigen Kunstwissen-
schaft meist sehr unterschätzte Tatsache.

Altdeutsche Kunst bei “Böhler:
Ein FrühwerkAltdorfers
Die Ausstellung „Altdeutsche Kunst“, die die
Firma Julius Böhler in München haupt-
sächlich aus eigenen Beständen, unterstützt von
einigen wichtigen Leihgaben, in den Monaten
Juni—August veranstaltet, ist das wichtigste
Ereignis der Münchner Saison, eine der bedeu-
tendsten Veranstaltungen der letzten Jahre
überhaupt. Unter den etwa 90 Werken deut-
scher Malerei und Plastik des 14.—16. Jahrhun-
derts, die eine ganze Anzahl kunstgeschicht-
lich wertvoller Neuentdeckungen umfassen,
ragt besonders Altdorfers „Tempelgang
Mariae“ hervor, eines der farbig und formal ex-
pressivsten Frühwerke des Donaumeisters, das
wir hier abbilden. Das Werk, bisher unbe-
kannt, wird von Friedländer um 1512, von
Winkler sogar bereits um 1508, also in die in
der Entwicklung des Künstlers noch etwas
unsicher belegte Epoche zwischen der Berliner
Satyrfamilie und der Bremer Geburt Christi
einerseits (1507), der Landschaft mit dem hlg.
Georg in München und der Ruhe auf der Flucht
in Berlin (1510) andererseits, datiert.
*
Über diese Veranstaltung wie über die weite-
ren Ausstellungen in München sowie das Kunst-
handelswesen wird Anfang Juli in einer Mün-
chen er Sondernummer der „Weltkunst“
ausführlich berichtet. Im Anschluß an unseren
Bericht über die Tagung der Reichskunstkammer
werden wir außer dem hier veröffentlichten Vor-
trag von Adolph Weinmüller auch noch das Re-
ferat von Prof. A. Ziegler zum Abdruck
bringen.


Julius 33öblcr
$?ündjenz 33rienn erfinde 12
3lu§l1ellung Slltbcutfcbc
Juni — Juli — ^luguft 1934

CHINABOHLKEN

Sammlerobjekte:

Broncen, Frühkeramik, Jades J| L . .
Porzellane, Plastiken Berlin ws . Potsdamer strasseis Stoffe
Ständige Ausstellung ostasiatischer Kunstwerke aus persönlichen Einkäufen in China und Japan

Einriohtungsgegenstände:
Möbel, Teppiche, Bilder
 
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