Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 8.1934

DOI Heft:
Nr. 47 (25. November)
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.44614#0203
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

ARL/th eWORLD

25. NOVEMBER 1934

VIII. JAHRGANG, Nr. 47


LMONDEfoAKß

ILLUSTRIERTE WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST / BUCH / ALLE SAMMELGEBIETE UND IHREN MARKT

OFFIZIELLES ORGAN DES BUNDES DER DEUTSCHEN KUNST- UND ANTIQUITÄTENHÄNDLER E. V. MÜNCHEN

Erscheint jeden Sonntag im Weltkunst-Verlag, G.m.b.H.,
Berlin W62, Kurfürstenstr. 76-77. Telegramm-Adresse: «Weltkunst Berlin».
Bankkonto: Deutsche Bank u. Disconto - Gesellschaft, Depositen - Kasse M,
Berlin W 62, Kurfürstenstr. 115. Postscheckkonti: Berlin 1180 54; Den
Haag 145512; Paris 1700 14; Prag 59283; Wien 114783; Zürich 8159


Redaktion, Verlag und Lesesaal:
Berlin W62, Kurfürstenstr.76-77 • Tel. B 5 Barbarossa 7228

Man abonniert beim Verlag, bei der Post oder bei den Buchhändlern;
Einzel-Nummer 50 Pfennig. Quartal für Deutschland inklusive Postzustellung
Mark 4,50; Lieferung durch den Verlag im Umschlag Mark 5,50; für das
Ausland (nur im Umschlag) Mk. 5,50; oder: Tschechoslowakei Kc 45; Franko
reich und Belgien fr. Frs. 35; Holland hfl. 3,25; Schweiz und die nicht ange-
führten Länder sfrs. 7; Übersee $ 1,50; Sammelmappen pro Jahrgang Mk. 4,50

Ausstellung Eurasiatischer Kunst
im Wiener Kunsthistorischen Museum

Die Veranstalter der Ausstellung, die den
Untertitel „Nomadenkunst und Tierstil“ führt,
sind der „Verein der Freunde asiatischer Kunst
und Kultur in Wien“ und das Kunsthistorische
Museum. Der illustrierte Katalog nennt eine
große Reihe von Privatsammlungen aus Stock-
holm, London, Paris und Budapest mit
S. Kgl. H. dem Kronprinzen von Schweden an
der Spitze, die das interessante Material der
Wiener Sammlungen durch wertvolle Leih-
gaben vervollständigten.
Die Schau beginnt mit der Gruppe der sky-
thischen Denkmäler. Die berühmten Gold-
schätze der südrussischen Königsgräber konn-
ten natürlich nur in Photographien vorgeführt
werden. Dafür sind wichtige Funde aus den
Randgebieten des skythischen Bereiches zu er-
wähnen. So eine bisher unpublizierte, überaus
problemreiche Silbervase aus dem unteren
Donaugebiet, in der sich Skythisches mit an-
deren Elementen in seltsamer Weise mischt,

oder eine Gürtelplatte aus Zeliezovce (C.S.R.),
die durch mitgefundene La Tene-Keramik ins
4. Jahrhundert v. Chr. datiert wird und in man-
cher Hinsicht an die berühmte Gürtelplatte
von Olbia erinnert.
Die Gruppe der sibirischen Funde, an und
für sich außerhalb Rußlands selten vertreten,
war für die Ausstellung durch die Sammlung
des verstorbenen Marquis de Baye, Paris, ge-
sichert, die im letzten Augenblick wegen
Schwierigkeiten in den Verlassenschaftsver-
handlungen zurückgezogen wurde. Die be-
dauerliche Lücke wurde durch Photos einiger-
maßen geschlossen.
Um so vollständiger ist das Bild, das sich
aus den vielen Vitrinen mit Ordos-Funden von
dieser Gruppe gewinnen läßt. Die Gliederung
des sehr reichen Materials erfolgte nach dem
mutmaßlichen Gebrauchszweck. Jede der Ab-
teilungen ist in vielen, zumeist sehr qualität-
vollen Beispielen vertreten. Die aus der Lite-
ratur bereits bekannten sehr engen Beziehun-
gen zu den skythischen und sibirischen Denk-
mälern wird hier an den Originalen besonders
deutlich. Zugleich zeigt sich eindringlich, daß

der Begriff Ordos-Stil oder Ordos-Funde, der
in der anfänglich engen lokalen Fassung ja
bereits fallen gelassen ist, ein überaus kom-
plexes Gebilde deckt, dessen Auflösung in sti-
listische Untergruppen eine unabweisbare Auf-
gabe der nächsten Zeit ist.
Eng an diese Gruppen angeschlossen er-
scheinen dann die Einflußgebiete des Tier-
stiles. In drei Abteilungen ist China vertreten.
Knochen- und Jadeschnitzereien zeigen die
eigentümliche, stark geometrisierte Aus-
prägung, die die Tiergestalt in der Chou-Zeit
gefunden hat, die auch durch wundervolle
große Bronzen: Wagenbeschläge, Deichsel-
enden, Waffen und Riemenzierate vertreten
ist (s. Abb.).
Zwei Vitrinen sind Objekten aus Bronze
und Jade gewidmet, die jener stilistischen
Gruppe zugehören, die man heute unter dem
Begriff Huai-Stil zusammenfaßt und zeitlich
in das 7. bis 3. Jahrhundert setzt. Auch hier
droht mit der wachsen-
den Zahl der bekannten
Objekte die kaum ge-
w vmiöiSte Einheit des
Stilbegriffes bereits wie -
der zu zerfallen, da sich
Differenzierungen auf-
drängen, denen erst
jüngst 0. Janse (Revue
des arts asiatiques,
VIII., 3, S. 159 ff.) mit
der Einführung von Be-
zeichnungen, wie „ver-
wandt dem Huai-Stil“,
gerecht zu werden ver-
suchte. Die Ausstellung
zeigt Beispiele des
eigentlichen Huai-Stiles
wie der verwandten Er-
scheinungen (s. Abb.).
Ausgezeichnete W erke
der Han-Zeit zeigen
den überaus engen sti-
listischen Anschluß an
die Kunst der nördlichen
Nomadenvölker, den
diese Periode, im Gegen-
satz zu den beiden vor-
hergehenden mit ihrer eigenwilligen Prägung,
gefunden hat (s. Abb.).
In reicher Fülle sind dann Zeugen für die
Ausbreitung des Tierstiles nach dem Westen
zu sehen. Zunächst unmittelbar mit dem asia-
tischen Kerngebiet zusammenhängende Funde,
wie die Gürtelgarnituren der Awaren, die un-
garische aber auch österreichische Sammlungen
zur Verfügung gestellt haben, oder der welt-
berühmte Schatz von Nagy Szent Miklos, aus
dem Besitz der Antiken-Sammlung des Kunst-
historischen Museums. Dann aber auch im
eigentlichen Sinn westliche Gruppen, wie spät-
römische Tierfibeln, mit deutlichen Form-
motiven aus dem Tierstilkreis, germanische
Fibeln, Köttlacher Emails, die nach ihrer jüngst
von E. Beninger (Germanenzeit in Niederöster-
reich, Wien 1934, S. 150 ff.) vorgelegten späten
Datierung, 11. Jahrhundert n. Chr., einen der
letzten Ausläufer darstellen, und endlich ein
neues Beispiel jener seltsamen Eisenäxte mit
Gold- und Silbertauschierung (Fabeltiere), von
denen bisher nur zwei Exemplare (Guben in
der Lausitz und Schauenburg in Oberöster-
reich) bekannt waren.


Z erem oni al axt. Bronze
China, Huai-Zeit —• Smlg. Eumorfopoulos, London
Ausstellung: Wien, Kunst historisch es Museum

Der letzte Raum der
Ausstellung zeigt Funde
von Luristan, Kaukasus
und Hallstatt. Die
Sammlung vonLuristan-
bronzen zeigt die be-
kannten Typen mit ihrer
reichen Verwendung von
Jagd- und Raubtier-
motiven. Weit abwechs-
lungsvoller ist das Bild,
das die beiden kau-
kasischen Kulturen, die
Koban-Kultur (1200 bis
1000 v. Chr.) und die
Nordkaukasische Eisen-
kultur (1000—500 v.
Chr.) zeigen. Die mit
Tiermotiven verzierten
Äxte, Gürtelschließen,
Nadeln usw.konnten den
großen Sammlungen des
Naturhistorischen Mu-
seums (Prähist. Abt.)
und des Museums für
Völkerkunde, beide in
Wien, entnommen wer-
den. Die Zusammen-

Zeremonialaxt. Jade
China, Han-Zeit — Smlg. Eumorfopoulos, London
Ausstellung: Wien, Kunsthistorisches Museum


Stellung dieser in sich geschlossenen Gruppen
mit den andern, die ihre starke Verwandtschaft
deutlich macht, läßt von einer Untersuchung
über Wesen und Ablauf dieser Beziehungen
wertvollste Aufschlüsse über die Frage der
Herkunft des Tierstiles überhaupt erwarten.
Die Hallstatt-Kultur, deren Beziehungen zum
Osten heute im Vordergrund des Interesses
stehen, ist in Wien naturgemäß besonders gut
vertreten. Die Ausstellung zeigt denn auch in
vier Vitrinen an Hand eines in diesem Zusam-
menhang zum guten Teil neuen Materials, wie
groß der Einfluß des Tierstiles auch in diesem
Gebiet war. Einige keltische Objekte, dar¬

unter interessante Goldmünzen mit Tierstil-
motiven (Rolltier) schließen sich hier an.
Die Ausstellung, die als erster auf so brei-
ter Basis unternommener Versuch einer Vor-
führung dieses großen und entscheidenden
Forschungsgebietes künstlerisch und wissen-
schaftlich gleich interessant ist, wird ihre
wissenschaftliche Ergänzung in einer Publika-
tion (Wiener Beiträge zur Kunst- und Kultur-
geschichte Asiens, IX. Bd.) finden, in der
Wiener Gelehrte Fragenkomplexe, die die Aus-
stellung deutlich gemacht hat, behandeln
werden. Dr. V. Griessmaier


Klinge einer Z e r e m o n i a 1 h e 11 e b ar d e
Bronze
China, Chou-Zeit — Bes.: Wannieck, Paris
Ausstellung: Wien, Kunsthistorisches
Museum

in München:
„Süddeutsche Kunst"
In der sommerlichen Jahresausstellung in
der Neuen Pinakothek, die bekanntlich den
Künstlerverbänden für ihre Ausstellungen bis
zur Vollendung des „Hauses der deutschen
Kunst“ zur Verfügung gestellt worden ist,
waren die Münchner Künstler unter sich. Da
die Räume in der Pinakothek kaum ein Dritt.el
so viel Kunstwerke aufnehmen können als der
frühere Glaspalast und die Räume im Biblio-
theksbau des Deutschen Museums als zu wenig
repräsentativ abgelehnt wurden — sie nahmen
bekanntlich die Bestände der Neuen Staats-
galerie auf —, konnten keine Gäste aus dem
Reich eingeladen werden. Daher sind bis zum
Frühjahr in der Neuen Pinakothek drei Aus-
stellungen süddeutscher, nord- und westdeut-
scher Kunst geplant. Die süddeutsche Ausstel-
lung, dje Württemberg, Baden, Hessen, die
Pfalz mit dem Saargebiet und Bayern außer
München umfaßt, wird bis Ende Dezember ge-
öffnet bleiben.
Württemberg, Baden und Nordbayern hatten
eigene Juroren, die Auswahl der übrigen Ab-
teilungen wurde von der Münchner Ausstel-
lungsleitung besorgt. Die Ausstellung weist
beträchtliche Unterschiede zwischen den Län-
dern auf, die jedoch nicht auf landschaftlich be-
dingten verschiedenen Kunstauffassungen be-
ruhen, sondern auf den verschiedenen Gesichts-
punkten, nach denen die Juroren ihres Amtes
walteten. So haben die Karlsruher Akademie-
 
Annotationen