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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 8.1934

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Nr. 9 (4. März)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44614#0033
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4. MÄRZ 1934


ART»/rfeWORLD

L> I E

VIII. JAHRGANG, Nr. 9

LMONDE^AKß

ILLUSTRIERTE WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST / BUCH / ALLE SAMMELGEBIETE UND IHREN MARKT
OFFIZIELLES ORGAN DES BUNDES DER DEUTSCHEN KUNST- UND ANTIQUITÄTENHÄNDLER E. V. MÜNCHEN

Erscheint jeden Sonntag im Weltkunst-Verlag, G.m.b.H.,
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reich und Belgien fr. Frs. 35; Holland hfl. 3,25; Schweiz und die nicht ange-
führten Länder sfrs. 7; Übersee $ 1,50; Sammelmappen pro Jahrgang Mk. 4,50

Ausstellung
mittelalterlicher Plastik in Basel

Mit der Ausstellung mittelalterlicher deut-
scher Bildnerkunst eröffnet der neue Konser-
vator der Kunsthalle in Basel, Dr. Lichten-
h a n , seine Tätigkeit. Die Ausstellungsleitung
hatte ursprünglich die Absicht, sich auf ober-
rheinische Kunst zu beschränken: dieser Plan
konnte nicht gelingen, da gerade von den Nach-
barmuseen, die im Besitze der wichtigsten ober-
rheinischen Bildwerke sind, einige ihre Mit-
wirkung versagten. In freundlichster Weise


Verkündigungsmaria aus Großlob ming
Böhmen um 1410
Kalkstein, H. 97 cm — Wiesbaden, Slg. Henkell
Ausstellung mittelalterlicher Plastik:
Basel, Kunsthalle

haben Augustiner-Museum und Erzbischöf-
liches Museum von Freiburg einen großen Teil
ihrer wertvollsten Bestände zur Verfügung ge-
stellt; ihnen, sowie der Hilfsbereitschaft des
Historischen Museums in Basel und des Straß-
burger Frauenhaus-Museums, sowie einiger
privater Sammler, ist es zu danken, daß der
oberrheinische Grundzug der Ausstellung doch
gewahrt blieb. Im übrigen aber ist zumal auch
die bayerische und österreichische Kunst mit
vortrefflichen Stücken vertreten. Sind auch
die meisten Bildwerke dem Fachmann nicht
fremd, so freut man sich doch über die unge-
wohnte Zusammenstellung. Es geht eine starke
Wirkung von dieser alten deutschen Kunst aus;
gerade in Basel, das sonst gern seine Lage an
internationalen Straßen betont, ist diese
Schau doppelt erfreulich.
Die romanische Plastik ist in Deutschland
stets ein Schmerzenskind der Ausstellungen.
Auch was in Basel zusammengebracht wurde,
sind ein paar Einzelstücke, die untereinander
ksinsn Dom 4
steht die Mutter Gottes aus Adelwil im Züri-
cher Landesmuseum an der- Spitze (Abb. S. 2).
Sie vertritt, mit ihrer großen Scheibenfibel auf
der Brust, ihrer senkrecht erhobenen rechten
Hand, die ursprünglich einen Gegenstand hielt,
und dem auf dem linken Knie frontal sitzen-
den Kinde mit der Buchrolle einen altertüm-
lichen, in die Frühzeit des Mittelalters zurück-
greifenden Typus; sie selbst stammt aus dem
12. Jahrhundert; aber es dürfte ihr ein älteres
Vorbild vorausgehen. Die Sammlung Müh-
sam enthielt eine castilische Madonna des
14. Jahrhunderts mit derselben Haltung der
rechten Hand und einer ähnlich großen
Agraffe. Es wird noch langer Studien über
die Gnadenbilder bedürfen, bis die Originale
so ungewöhnlicher Stücke wie des Adelwiler
Bildwerkes ermittelt sind. Aus dem Schwei-
zerischen Landesmuseum ist auch die beson-
ders altertümlich wirkende Mutter Gottes aus
dem Dome zu Chur zur Verfügung gestellt;
in dem plastischen Zickzacksaume mag man
immerhin einen Hinweis dafür erblicken, daß
die Statue nicht so früh datiert werden darf,
wie es der Verfasser in seinem Aufsatz über
die schweizerischen Marienbilder (Anzeiger
f. Schweiz. Altertumskunde, 1925) vorge-
schlagen hatte. Aus dem Siechenhause in
Koblenz hat die Städt. Sammlung in Frank-
furt a. M. eine kleine thronende Nikopia dar-
geliehen, deren Entstehung vom Katalog der
Ausstellung in das 11. Jahrhundert gerückt
wird. Eine Vergleichung mit der motivisch
verwandten Imadmadonna in Paderborn lehrt,
daß zur ottonischen Kunst keinerlei Be-
ziehungen bestehen und daß das Bildwerk
nicht vor dem 12. Jahrhundert entstanden sein
kann. Zwei schwäbische Kruzifixe des Ger-
manischen Museums zeigen den normalen
Typus des 13. Jahrhunderts, während ein
Kruzifixus aus Uznach aus dem Züricher
Landesmuseum den bekleideten Typus gibt.

Berlin W35 Wederik Rozendaal Bendlerstr. 8
GUTE ANTIQUITÄTEN

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Von Schöpfungen der Frühgotik sieht man
die bekannte Maria aus der Gegend von
Aachen aus dem Kölner Schnütgenmuseum,
die mit zum Teil älteren Marienbildern in
Utrecht, Bonn, Lüttich, Brüssel und S.-Omer
eng verwandt ist und deren Urbild gleichfalls
noch festgestellt werden müßte. Sie zeigt
etwa die Formgebung um 1220. Als einen
Nachzügler der Frühgotik mag die durch spä-
tere Fassung entstellte Maria Magdalena aus
Adelhausen im Freiburger Augustinermuseum
gelten. Drei kleine heilige Frauen, aus einem
Schreine in der Art des Oberweseler Altares
aus Filsen bei Boppard stammend, jetzt im
Kölner Schnütgenmuseum, zeigen den Aus-
klang dieses Stiles am Mittelrhein, während
der prachtvolle Frauenkopf aus rotem Sand-
stein, wohl vom Basler Münster stammend,
jetzt im Historischen Museum in Basel, eine
Vorstellung von dei- Hochwertigkeit der aus
der Straßburger Münsterhütte abzuleitenden
Basler Hochgotik ermöglicht.
Wie die oberrheinische Bevölkerung durch
Tauler und Seuse für die dominikanische
Mystik besonders empfänglich gemacht
wurde, so ist auch die oberrheinische Kunst
des frühen 14. Jahrhunderts, wie die Kunst
keines anderen deutschen Gebietes, vom
■rIc,r My^t^’k erfiilH Daß dips in Hasel
deutlich nachgewiesen werden kann, wird vor
allem Freiburger Leihgaben verdankt. Das
unsagbar- zarte Vesperbild aus Radolfzell mit
dem fast wagrecht gesenkten Haupte Mariä
aus dem Erzbischöflichen Museum zu Frei-
burg (s. Abb.), vielleicht das älteste aller be-
kannten Vesperbilder, gibt in seiner wieder-
gewonnenen alten Fassung mit den blutigen
Tränen der im Ausdruck des Schmerzes sonst
so zurückhaltenden Gestalt der jugendlichen
Mutter eine starke Vorstellung der tiefen Be-
seeltheit dieser Kunst. Eine Anzahl weiterer
Vesperbilder, eine (kleine Christus-Johannes-
gruppe aus Adelhausen, ein elsässischer Bi-
schof schließen sich dem Radolfzeller Bild-
werk an. Ein Ausläufer dieser mystisch be-
rührten oberrheinischen Kunst ist die riesen-
hafte, fast drei Meter hohe Statue des Hei-
landes aus Pfullendorf aus dem Erzbischöf-
lichen Museum in Freiburg. Von weltlicher
gestimmten Werken seien die schöne Mutter
Gottes aus dem Entlebuch, Leihgabe des
Schweiz. Landesmuseums und die kölnische
Mutter Gottes aus der Mitte des 14. Jahr-
hunderts erwähnt.
Das ausklingende 14. Jahrhundert zeigt
eine Auflösung der reinen Formen der vor-
ausgehenden Gotik. Das Breiter- und Müder-
werden der Gestaltung läßt die aus dem
Schwarzwald stammende Mutter Gottes des
Historischen Museums in Basel erkennen, den
Zug ins Barocke die salzburgische Mutter Got-
tes auf dem Löwen aus dem Bayerischen Na-
tional-Museum in München.
Im Beginn des 15. Jahrhunderts wird die
weiche Formgebung plastischer und bestimm-
ter; man ist versucht, von einer Renaissance
der Hochgotik zu sprechen. Zwei prächtige
steierische Denkmale verkörpern diesen Stil
am reinsten. Das Germanische Museum
stellte seine stillende Mutter Gottes aus der
Sigmundskapelle bei Mariazell zur Verfügung,
die Sammlung Henkell in Wiesbaden die un-
vergleichlich anmutige Kalksteinmaria aus
Großlobming, deren Gegenstück, der Verkün-
digungsengel, sich in der Wiener Staatsgalerie
befindet (s. Abb.). Ein weiteres durch große
Anmut ausgezeichnetes steierisches Werk ist
eine Krönung Mariä aus der Nähe von Graz,
die den heiligen Geist ungewöhnlicherweise


Vesperbild aus Radolfzell. Um 1330
Linde, H. 94 em
Freiburg, Erzbischöfl. Diözesanmuseum
Ausstellung mittelalterlicher Plastik:
Basel, Kunst h alle
als eine Frauengestalt darstellt. Die ober-
rheinische Kunst dieser Zeit wird durch
eine große stehende Heilige mit vier
Zöpfen aus dem Freiburger Augustiner-
museum repräsentiert, die Bodenseekunst
durch eine hl. Katharina aus dem Pfärricher
Schrein, Leihgabe des Bayerischen National-
Museums, die bayerische durch eine Mutter
Gottes vom Meister der Seeoner Maria aus
dem Germanischen Museum.
Die eigentliche Spätgotik setzt am Ober-
rhein mit den Werken des Niclaus v. Leyen
ein. Die Basler Ausstellung erhielt als Straß-
burger Leihgabe die bekannte Büste des Jakob
von Lichtenberg, die Niclaus 1463 für das
Straßburger Kanzleiportal herstellte. In sei-

GUSTAV CRAMER
Antiquitäten Berlin W9, Lennesfr. 8 Gemälde
 
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