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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 8.1934

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Nr. 37 (16. September)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44614#0159
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VIII. JAHRGANG, Nr. 37

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LMONDEfcARIS

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ARTo/ifeWORLD

ILLUSTRIERTE WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST / EUCH / ALLE SAMMELGEBIETE UND IHREN MARKT
OFFIZIELLES ORGAN DES BUNDES DER DEUTSCHEN KUNST- UND ANTIQUITÄTENHÄNDLER E. V. MÜNCHEN

Erscheint jeden Sonntag im Weltkunst-Verlag, G. m. b. H.,
Berlin W62, Kurfürstenstr. 76-77. Telegramm-Adresse: «Weltkunst Berlin».
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Ausland (nur im Umschlag) Mk.5,50; oder: Tschechoslowakei Kc 45; Frank-
reich und Belgien fr.Frs. 35; Holland hfl. 3,25; Schweiz und die nicht ange-
führten Länder sfrs. 7; Übersee § 1,50; Sammelmappen pro Jahrgang Mk. 4,50

Uber sensationelle
Preise im Kunsthandel

Die Preise für Kunstwerke sind von den
verschiedensten Umständen abhängig. Mode
und Zeitgeschmack, der augenblickliche Stand
des Kunstmarktes sowie die Qualität und die
Seltenheit eines Künstlers spielen jeweils eine
nicht geringe Rolle. Bilder aus bekannten
Sammlungen sind immer teurer als solche aus
weniger bekannten Sammlungen. Berühmte Bil-
der erzielen stets einen höheren Preis als bis-
her weniger beachtete Bilder. Allgemeine Ge-
sichtspunkte, nach denen sich der genaue Wert
eines Bildes oder einer bestimmten Kategorie
von Bildern bestimmen ließe, gibt es nicht.
Kunst ist keine Ware, die gewogen oder nach
Metern gemessen werden kann. Werte von
Kunstwerken sind und bleiben eine Gefühls-

gen, welche Kopfschütteln und Erstaunen er-
regen. So sind Überbewertungen keine Selten-
heit. Auch variieren und schwanken Urteile
und Ansichten auf keinem Gebiet so sehr wie
auf dem der Kunst. El Greco ist als der größte
alte Meister bezeichnet worden, während Ve-
lasquez nicht mehr sei als ein Photograph vor
Erfindung der Photographie. Und wie gering-
schätzig ist zum Beispiel über Böcklin geur-
teilt worden! In der alten Kunst hat man zu-
dem mit Fälschungen, Verfälschungen und Ko-
pien zu rechnen. Die Bilder der älteren Münch-
ner Schule sind zu gewissen Zeiten hoch be-
zahlt worden. Flüchtige Zeichnungen und Stu-
dien von Vincent van Gogh brachten es im
2. Jahrzehnt dieses Jahrhunderts auf 30 000 bis
40 000 M. Im Jahre 1884


und Ermessungsangelegenheit derer, die sich
dafür interessieren. Kommen aber auf einer
Auktion scharfe Konkurrenten mit eisernem
Willen, die noch dazu in der Lage sind, diesem
entsprechenden Ausdruck zu verleihen, zusam-
men, dann erlebt man oft genug Überraschun-

Tizian, Heiliger Hieronymus. Um 1560
Lwd., 137,5:97 cm
Ausstellung: Kunsthaus Luzern

erwarb das Berliner
Museum das herrliche
Bildnis des Hieronymus
Holzschuher v. J. 1526,
eines der Hauptwerke
von Albrecht Dürer, von
den Erben des Dar-
gestellten für 350 000 M.
Heute dürfte es zu
diesem Preis kaum noch
zu haben sein! Vor etwa
20 Jahren hat man
Franzosen vierten Ran-
ges über Menzel ge-
stellt. Rembrandts Bild-
nis seiner Schwester
Liesbeth (um 1632) er-
zielte 1912 365 000 Fr.,
das Bildnis seines Vaters
um 1631 (Privatbesitz
Chicago) auf der Ver-
steigerung Nemes 1913
516 000 Fr., das Gemälde
„Bathseba im Bade“ von
1643 (New York Me-
tropolitan-Museum) auf
der Versteigerung der
Sammlung Steengracht
1913 1 000 000 Fr. Das
Bild „Die Mühle“ ging
für den enormen Preis
von 100 000 Pfund Ster-
ling, d. h. für etwa
2 000 000 M., nach Phila-
delphia. Bei der Ab-
nahme der dicken Firnis-
schicht fand man den
Namen des Herkules
Seghers. Demgegenüber
klingt es eigenartig, daß
Rembrandt von den
Herren der Arkebusier-
gilde in Amsterdam i. J.
1642 für die sogenannte
„Nachtwache“ nur 1600
Gulden erhielt, ja daß
es bei den zumeist Be-
teiligten allgemeine Un-
zufriedenheit erregte
und seine ganze Malerei in der Gunst des Am-
sterdamer Publikums in Mißkredit brachte.
Heute gilt das Gemälde als eine der höchsten
Offenbarungen des malerischen Genies. Im
Jahre 1859 erhielt Jean Francois Millet (1814
bis 1875) für sein später so berühmt geworde-

nes Bild „Angelus“ bare
1000 Fr. Nach seinem
Tode wurde es für
553 000 Fr. nach Amerika
verkauft, um dann
später für 750 000 Fr. in
den Besitz des Louvre zu
gelangen. Das Bild „Er-
mordung des Erzbischof s
von Lüttich“ von
Eugene Delacroix (1799
bis 1862) brachte auf der
Auktion der Herzogin
von Orleans 6000 Fr.,
bei der Versteigerung
der Sammlung Villot
55 000 Fr., bei einer
Auktion im Jahre 1868
46 000 Fr., dann aber
bei einer Auktion i. J.
1912 205 000 Fr. Das
Bild „Tanzstunde“, für
das Eduard Degas (1834
bis 1917) 100 Fr. bekom-
men hatte, erzielte 1913
bei einer Versteigerung
in Paris 455 000 Fr. Als
man dies dem greisen
Künstler mitteilte und
ihm das Bild zeigte,
strich er liebkosend dar-
über und sprach dann
die historischen Worte:
„uer Mann, der das ge-
malt hat, ist kein Esel,
aber der es gekauft
hat, ist ein Rindvieh“.
Henry Regnault (1843
bis 1871) hatte für sein
Bild „Salome“ 13 000 Fr.
erhalten. Auf einer Auk-
tion im Frühjahr 1912
aber erzielte es den
wahnsinnigen Preis von
528 000 Fr. — wahn-


Paolo. Veronese, Damenbildnis
121:85,5 cm
Ausstellung: Kunsthaus Luzern

sinnig, weil sein einziger
Vorzug in der Sorgfalt
seiner peinlichen Durch¬
führung besteht. Fügen
wir noch hinzu, daß
für das Bild „Erschießung Maximilians“ von
Manet 90 000 M. und für die Dame in grün-
schwarzem Kleid von Monet, für welches Bild
der Künstler selbst nur 700 Fr. bekommen

Berliner Hinterlassenschaft einen echten Leibi
entdeckt und auf die Frage, wie hoch das Bild
taxiert sei, die Antwort erhalten: „Drei Mark
ist die Taxe.“ Wir wollen uns mit dieser kur-

hatte, 50 000 M. bezahlt worden sind, dann
klingt es fast wie ein Hohn, wenn erzählt wird,
ein Berliner Sammler habe eines Tages in einer

zen Zusammenstellung von Sammelnotizen be-
gnügen. Sie ließe sich leicht noch weiter aus-
bauen. Sz.

Venezianische Meister
im Kunstbaus Luzern

Das Kunsthaus in Luzern und sein rühriger
Leiter, Dr. Hugelshofer, bieten in diesen
Sommermonaten eine Ausstellung dar, deren
künstlerisches Gesetz allein von der Qualität
und dem Bestreben, einen möglichst starken
und eng geschlossenen Eindruck zu hinter-
lassen, diktiert ist. Man hat sich daher auf
die ganz kurze Spanne der eigentlichen vene-
zianischen Hochrenaissance, also etwa die
Jahre 1540—80, beschränkt, zahlenmäßig
kaum mehr als zwanzig auserlesene Werke
gezeigt und, unter Weglassung von Meistern
wie Palma Vecchio oder Lorenzo Lotto, allein
das große Dreigestirn Tizian-Tintoretto-Vero-
nese zu Worte kommen lassen. Die künstle-
rische Bedeutung jedes einzelnen Stücks recht¬

fertigt diese Beschränkung vollauf: Der
Schweizer Privatbesitz und Kunsthandel, aus-
schließlich Leihgeber, dürfen das Zeugnis
einer im Niveau kaum zu überbietenden Sam-
meltätigkeit in Anspruch nehmen.
Die Mehrzahl der ausgestellten Werke sind
Bildnisse. Doch auch einige Altarbilder von
Rang unterbrechen diese Serie. Da ist vor
allem zu nennen Tizians „Ruhe auf der
Flucht“, ein um 1530 entstandenes Werk aus
den ehern. Sammlungen Orleans und Holford,
im Louvre in Paris in einer zweiten, wenig
veränderten Fassung bekannt. Berenson hat
beide Bilder einst für Polidoro Lanzani in An-
spruch genommen, eine Zuschreibung, die sich
heute kaum mehr aufrechterhalten lassen
 
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