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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 8.1934

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Nr. 20 (20. Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44614#0085
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VIII. JAHRGANG, Nr. 20



LMONDEfcARTS

ILLUSTRIERTE WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST / BUCH / ALLE SAMMELGEBIETE UND IHREN MARKT
OFFIZIELLES ORGAN DES BUNDES DER DEUTSCHEN KUNST- UND ANTIQUITÄTENHÄNDLER E. V. MÜNCHEN

Erscheint jeden Sonntag im Weltkunst-Verlag, G.m.b. II.,
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Ausstellung N. V. Kunsthandel van Gebr. Douwes, Amsterdam

Der Erfolg der Boernerschen Versteigerungen

— standen sich ja der allgemeine Geldmangel
und ein unverkennbares Interesse gerade für
die deutsche Kunst des vergangenen Jahrhun-
derts eigentlich völlig entgegen! Daß es mög-
lich gewesen ist, unter heutigen Verhältnissen
die Handzeichnungen flott und zu oft recht
vorzüglichen Preisen zu verkaufen, mag vor
allem daran liegen, daß die Gelegenheiten für

Klassische holländische Malerei

Die meisten der bisher Genannten sind
große Namen im großen Reiche der holländi-
schen Kunst. Will man kleinere Namen und
doch gute Leistungen, dann betrachte man
das beinahe einem Pieter de Hoogh würdige,
von Valentiner sehr gelobte Interieur von
Hendrik van der Burch. Von Pieter de Hoogh

Sehr groß ist der Gedankensprung vom
Hühnerhof zum Bauerngut nicht. Und an
Genrestücken, für die das Heim des
Bauern den Rahmen abgibt, fehlt es nicht.
Adriaen van Ostade bringt ein kleines Inneres
eines Bauernhauses und ein gutes, größeres
bewegtes Keglerbild. Ein Marktbild von Cor-
nelis Dusart gehört augenscheinlich zu den
ihm von seinem Meister Ostade hinterlassenen
Werken, die er nun, als sein treuester Schü-
ler, fertigstellte und signierte, doch scheinen
auch Spuren einer Ostade-Signatur noch fest-
stellbar.
Bruder Isaack findet man hier eine große
Sommerlandschaft.

hat auch in diesem
Generalprobe gut be-
für die Versteigerung
auf Grund der Erfah-

Der Graphikmarkt
Jahre wiederum seine
standen. Hatte man
der alten Kupferstiche
rungen des letzten Jahres mit einer gewissen
Stabilität des Preisniveaus rechnen dürfen, so
war der Erfolg der Handzeichnungsauktion
doch in keiner Weise irgendwie vorauszusehen

weißem Tuch, irdenem Krug, Zinnteller,
Römer und Flötenglas) den ersten Platz be-
anspruchen darf. Pieter Claesz fehlt selbst-
verständlich nicht. Abraham Calraets „Pfir-
siche“ (Nr. 9) gehören zu dem Naturwahrsten
und zugleich technisch Vollendetsten, ja, Raf-
finiertesten, das der Pinsel dieses Meisters
der Wiedergabe des Stofflichen geschaffen hat,
der mit diesem Bilde ein Fantin-Latour
„avant la lettre“ ist. Ein gutes, in seiner An-
spruchslosigkeit besonders feines, kleines Bild
von Jan van Huysum mag dem heutigen Ge-
schmack mehr zusagen als andere, prunk-
vollere Werke des Meisters. Eine solche, an-
spruchs-, doch auch qualitätsvolle Leistung ist
die des „Raphaels des Hühnerhofes“, Melchior
d’Hondecoeters, mit dem prächtigen Pfau als
Mittelpunkt der großdimensionalen Schöp-
fung.

Aert de Gelder, Verurteilung Hamans durch Ahasver
Leinwand, 80 : 96 cm — Signiert
Ausstellung: Gebr. Douwes, Amsterdam

Landschaft ist das Stilleben, in dem hol-
ländischer Sinn für genaue Wahrnehmung
und peinlich saubere, doch keineswegs inspira-
tionslose Widergabe besonders zu seinem
Rechte kommt. Auf dieser Schau ist es nun
Willem Claesz Heda, der mit seiner aus ver-
schiedenen früheren Ausstellungen her be-
kannten stillen Symphonie in Silber, Grün,
gedämpftem Rot (Tisch mit grüner Decke,

Der Begriff des Klassischen mag nicht
ganz geklärt sein, nicht ganz einheitlich fest-
stehen. Ist er aber als das In-sich-Vollendete,
als die vorbildliche Ausdrucksform einer dem
Wesen eines Volkes gemäßen Kunstform auf-
zufassen, dann wird man der holländischen
Malerei des 17. Jahrhunderts diesen Ehren-
namen nicht verweigern dürfen. Wie sehr die-
ser Begriff auf sie zutrifft, zeigt die Ausstel-
lung bei Gebr. Douwes, die aus deren reichen
Beständen, unter sorgfältiger Vermeidung des
Allzuvielen und darum Ermüdenden, etwa
sechzig Gemälde und einige Zeichnungen vor-
führt, die alle ein schönes Ebenmaß verraten
und — bedürfte es überhaupt noch dieser Be-
stätigung — erneut unter Beweis stellen, wie
hoch der Durchschnitt der Leistungen jener
Malergenerationen war. Man sieht dies hier
an allem, was die Ausstellung bietet: Land-
schaft, Stilleben, Genrestücken, biblischen
Darstellungen, auch Porträts; die malerischen
Vorzüge der Werke kommen durch vortreff-
liche Erhaltung erst recht zur Geltung.
1 Eines der eindringlichsten zum Betrachter
sprechenden Stücke ist der „Sturm auf hoher
See“ von Jacob Ruisdael. Man spricht fast
gewohnheitsmäßig von Ruisdaels Melancholie,
meint sie selbst in Stücken zu entdecken, die
sie nicht verraten — hier aber spricht in der
Tat tiefe Schwermut und Erfassen des Pathe-
tischen eines Sturmtages an der See. Wüßte
man es nicht, so würde man vor diesem Bilde
nie auf den Gedanken kommen können, daß
es, wie alle Landschaften des 17. Jahrhunderts,
im Atelier, nicht unter freiem Himmel ent-
stand. Eher kann man sich letzteres bei den
beiden Werken seines tüchtigen Neffen, Salo-
mon van Ruisdael, vorstellen, einer — in
gutem Sinne — höchst effektvoll gemalten
Fähre aus seiner mittleren Zeit und einer Eis-
landschaft. Salomons Zeitgenosse und Jahre
hindurch Gleichstrebender, Jan van Goyen,
ist mit einem besonders schönen „Schloß von
Montfort“ und einem guten Strandbild sowie
einigen Zeichnungen vertreten. Mit mehreren
Werken stellt sich auch der dritte Seemaler
der Zeit, Simon de Vlieger, ein, dessen klein-
formatige Werke die im Größtformat quali-
tativ zu übertreffen pflegen. Daß Aert van
der Neer mit typischen Mondlandschaften so-
wie einer kräftigen Winterlandschaft nicht
fehlen würde, durfte man erwarten. Land-
schaften im engeren Sinne bringt noch
Adriaen van de Velde, dessen „Spätnach-
mittag“ der Berliner „Farm“ nicht nur im
Motiv, sondern auch in der Qualität nahe ver-
wandt, doch größeren Formates ist und eine
besondere Stille atmende, sanftes Licht
meisterhaft wiedergebende Probe des Kön-
nens des Meisters bietet (Abb. S. 2). Auch die
kleine Landschaft mit Vieh ist ein an-
sprechendes, seine Qualität als Tiermaler zei-
gendes Stückchen. Das Stadtbild ist mit je
einem Werke der beiden Berckheyde ver-
treten, wobei Gerrits „Großer Markt in
Haarlem“ wohl über Jobs „Dam in Amster-
dam“ steht, und das Kirchenbild in besonders
glücklicher Weise durch ein Werk des Groß-
meisters auf diesem Gebiete, Emanuel de
Witte; es zeigt schönste Lichtwirkungen.
Nicht weniger typisch für den hollän-
dischen Geist des 17. Jahrhunderts als die

, linke Hälfte des
Radierungen und
im Original ver-
zu sehen, und von
Literatur bekannte
.“ (etwa

selbst ist eine einfache Küche mit Durchblick
zu sehen. Ein vor allem als Porträtist des
Stadtbildes bekannter kleinerer Meister, Corn.
Beelt, ist hier mit einem ungewöhnlichen
Interieur vertreten, bei dem er wohl Erinne-
rungen an Meister einer etwas früheren
Generation wachrief. Erschöpft ruht der
„Schläfer“ Hendrick Maertensz Sorghs mit
dem müden Haupt auf dem Tisch, vor ihm ein
kleines Stilleben; das Ganze ein Bildchen, das
in der Feinheit der Ausführung irgendwie ein
_ wenig an die Metsu zugeschriebene „Keller-
Von Adriaens früh verstorbenem ecke“ im Rijksmuseum erinnert. Dieses Kabi-
nettstückchen mag manchem mehr zusagen,
als der etwas steife „Antrag“ Sorghs aus der
früheren Sammlung Huldschinsky. Des tüch-
' tigen Brekelenkam „Junge Frau beim Fisch-
reinigen“ steht wohl über dem „Glase Wein“
und ist eines der besten Bilder des Meisters.
Eine Überraschung für den, der durch die
Urteile mancher Kritiker an der Genialität
Aert de Gelders irre wurde, mögen die
beiden ausgezeichneten Arbeiten sein, die zu
dem Besten gehören, das die Ausstellung
bietet. Von der „Verurteilung Hamans
durch König Ahasver“ (s. Abb.) und der
„Heimkehr des jungen Tobias mit seiner
Braut“, aus der späteren Zeit des Meisters,
dnuF mo'n vtiFio; holronnon r zxxctia iixccexx
in seinen besten Werken kaum nach Gebühr
geschätzten Maler eine Schwäche hat und ihn
als große Persönlichkeit sieht; so gut sind sie.
Neben diesem treuesten und letzten Schüler
Rembrandts ist noch Salomon Köninck mit
einem sympathischen Gelehrtenbild zu nennen
und schließlich der Meister Rembrandt selbst;
dieser mit einem skizzenhaften Bildchen eines
alten Mannes von ungefähr 1630/31.
Die vorhandenen Porträts stammen von
der Hand kleinerer Meister; beachtlich ein
solches von der Hand des seltenen Jacobus
Leveck.
Auch die V1 a m e n fehlen nicht. Von
ihrem Größten, Rubens, ist eine gute Zeich-
nung, die „Heirat Marias“
Entwurfes eines durch
Kopien bekannten, doch
lorengegangenen Werkes,
van Dyck der ' aus der
frühe „Christus mit der Weltkugel'
von 1620/21), für diese Zeit ungewöhnlich far-
big. Ein Modello des Porträts in voller Figur
des Don Diego Felipe Mexia de Guzman, Mar-
ques de Leganes, läßt die solchem Namen ent-
sprechende Würde ahnen; von Glück authen-
tifiziert, ist diese Skizze bisher noch nicht
veröffentlicht. Bonaventura Peeters (Seebild),
Peeter Snayers, Lucas van Uden — letztere
vor allem durch den rubensartigen hellen
Himmel auffallend — repräsentieren mit
einem großen typischen, doch in Einzelpartien
etwas akademischen Siberechts die vlämischen
Landschafter; ein „Trinker“ des jüngeren Te-
niers diesen vielseitigen Meister. Dr. W. M.
 
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