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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 8.1934

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Nr. 28 (15. Juli)
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15. JULI 1934

VIII. JAHRGANG, Nr. 28

ILLUSTRIERTE WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST / BUCH / ALLE SAMMELGEBIETE UND IHREN MARKT
OFFIZIELLES ORGAN DES BUNDES DER DEUTSCHEN KUNST- UND ANTIQUITÄTENHÄNDLER E. V. MÜNCHEN


Erscheint jeden Sonntag im Weltkunst-Verlag, G. m. b. H.,
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führten Länder sfrs. 7; Übersee $ 1,50; Sammelmappen pro Jahrgang Mk. 4,50

Frankfurter Kunst und Kultur

Hermann Steen wyck. Die neueren Gemälde
stammen, außer zwei kleinen Arbeiten des Wie-
ners von Ramberg, von Frankfurter Künstlern.
Carl von Stralendorffs Bildnis der Frau von

des 15.—17. Jahrhunderts

Steinle (1846), ein Damenbildnis des Angilbert
Göbel (1866) und das malerisch besonders
fesselnde „eingestürzte Haus“ von Peter Bur-

„Stadtgeschichtliches zu den Römerberg-
festspielen. Frankfurter Kultur und Kunst
des 15. bis 17. Jahrhunderts“ nennt sich eine
Ausstellung, die in den Monaten Juli bis Sep-
tember in den Räumen des Stadtgeschicht-
lichen Museums in Frankfurt veranstaltet
wird. Durch zahlreiche Leihgaben, die teils
wenig bekannt sind, teils hier im Zusammen-
hang erst ihre wahre Bedeutung gewinnen, ist
es gelungen, ein fesselndes Gesamtbild darzu-
stellen.
Einen großen Raum nehmen die Gemälde
ein. Zunächst sind Werke vereinigt, die für
Frankfurter Kirchen gearbeitet wurden. Die
alte Kopie des Dürer sch en Heller altars mit den
von seiner Schule gemalten Flügeln und den
beiden zugehörigen Heiligenbildern Grüne-
walds, auch Hans Baldungs Johannesaltar
weist nach Süddeutschland; ein großes Altar-
werk wurde 1494 von einem Nachfolger des
Rogier van der Weyden in Brüssel geschaffen,
ein anderes entstand gleichzeitig in Antwer-
pen. und gab seinem Maler den Namen
„Meister von Frankfurt“. Als einheimische
Arbeiten sind zwei große Darstellungen der An-
betung und der Darbringung im Tempel von
Martin Heß-Caldenbach zu nennen und ein
Altar, der 1599 von Philipp Uffenbach voll-
endet wurde. Die profane Malerei hat sich
hauptsächlich mit Bildnis und Stilleben befaßt.
Nur Adam Elsheimer hat sich weit über alles
Spezialistentum erhoben; er erscheint mit zwei
kleinen Bildern aus Kassel. In Frankfurt
selbst haben vornehmlich einige zugewanderte
Niederländer Schule gemacht. Die Frucht-
und Blumenstilleben von Peter Binoit und
Jakob Marrel zeigen dies ebenso deutlich, wie
Joachim von Sandrarts Darstellung Abrahams
mit den Engeln, dessen Bildnisse oder die von
der Hand des jüngeren Merian und Johann
Heinrich Roos. Ein Damenbildnis des letzteren
prägt sich ein. Als der selbständigste unter
den Frankfurter Malern des ausgehenden
16. Jahrhunderts erscheint jedoch Georg Flegel
in einer Reihe seiner eindringlich und klar ge-
schilderten Stilleben.
Unter den Goldschmiedearbeiten verdienen
besondere Beachtung einige Stücke aus dem
Domschatz: ein Altarkreuz mit Grubenschmelz
von 1380, eine große Monstranz von 1498 und
besonders drei einander verwandte Kelche mit
reicher Treibarbeit und Ziselierung von etwa
1520. Unter den weltlichen Stücken fesseln
die des Nikolaus Birkenholtz. Vier große Po-
kale aus Silber mit reichem aufgelegtem und
vergoldetem Zierat sind hier vereinigt, sie
gehörten einer Serie an, die im Auftrage des
Landgrafen Georg II. von Hessen entstand, der
sie an die Marburger Universität und an die
Höfe Berlin, München und Kassel schenkte.
Vom gleichen Meister stammt ein kleinerer
Pokal mit bekrönender Büste Gustav Adolfs
sowie drei Einhorn-(Narwal-) Becher, deren
einer sich durch besondere Schönheit der Ar-
beit und des Entwurfs auszeichnet. Daß auch
andere Höfe von Frankfurt aus beliefert wur-
den, zeigen zwei Feldherrenstatuetten aus far-
bigen Steinen von Bernhard Schwarzenberger
und ein reich mit Silber montiertes Winzer-
paar aus dem Dresdner Grünen Gewölbe.
Dies ist nur das Wichtigste. Es mögen dann
noch zwei Frankfurter Brauttruhen von 1530
und 1604 genannt werden, auch einige Gemälde

und Elfenbeiriarbeiten, die zu der ersten
Städtischen Kunstsammlung gehört haben. Da-
zu kommen Fayencen, Gläser, Zinngegen-
stände, auch Bucheinbände, Münzen und die
alten Musikinstrumente der Stadtkapelle. Den
Rahmen des Ganzen gleichsam bildet eine
Fülle von Stichen und Urkunden, die das da-
malige Leben der Stadt, ihr Aussehen und die
Männer veranschaulichen, die damals in ihr
gewirkt und in ihre Geschichte eingegriffen
haben. E.
Neuerwerbungen des
Städelschen Instituts
Im Städelschen Institut in Frankfurt
am Main wurden die »Neuerwerbungen der

nitz verdienen hervorgehoben zu werden. Wei-
terhin sind mit guten Werken Eysen, Her-
mann Juncker, Pose, Winter und Schreyer
vertreten. Die lebende Kunst veranschaulicht
je ein Bild von Gudden, Lippmann, Werner und
Wucherer. Eine Bereicherung besonderer Art
erfährt die Sammlung durch die Stiftung
einer Reihe von fünf Fresken Wilhelm Stein-
hausens zum „Sommernachtstraum“. Sie stam-
men aus dem Hause des Architekten Raven-
stein, der einer der frühesten Gönner Hans
Thomas war.
Unter den Erwerbungen des Kupferstich-
kabinetts nehmen die Deutschen den breite-
sten Raum ein. Ein gotisches Leinentuch, wohl
eine Prozessionsfahne, mit Darstellungen des
Judaskusses und Christus vor Pilatus über-
einander, sowie die Altarentwürfe von Straub


Jan van Eyck, Verkündigung. 39:24 cm
England, Privatbesitz

Galerie und der graphischen Sammlung in
drei Räumen zu einer Ausstellung vereinigt.
Es handelt sich fast ausnahmslos um private
Stiftungen und Erwerbungen aus Mitteln der
städtischen Künstlerförderung.
Drei alte Gemälde sind darunter. Die kul-
turgeschichtlich wie künstlerisch gleich wert-
volle Darstellung eines Weinkellers von 1537,
erst als florentinisch, neuerdings als franzö-
sisch angesehen. Dann eine Winterlandschaft
mit Antwerpen im Hintergrund bei Schneefall,
mit dem Monogramm des Lucas van Valken-
borch und der Jahreszahl 1575. Außerdem ein
voll bezeichnetes Früchtestilleben des Delfters

und Zimmermann gehören mehr in das Gebiet
der dekorativen Kunst. Albrecht Altdorfer ist
mit einer sitzenden Madonna aus der Eremi-
tage, Peter Vischer durch eine kleine Innen-
raumszene, Jörg Breu durch ein schönes Rund-
blatt vertreten, schöne Studien von Rotten-
hammer und Elsheimer schließen sich an. Der
alten Überlieferung der Sammlung ent-
sprechend sind auch die fremden Schulen um
wesentliche Stücke bereichert worden. Unter
den Niederländern sind Pieter Koek van Aelst,
Erasmus Quellinus, Goltzius und van Dyck zu
nennen. Eine Zeichnung des Barmherzigen Sa-
mariters stammt wohl eher aus der nächsten

Umgebung Rembrandts als von diesem selbst.
Schließlich müssen noch zwei Landschafts-
studien des Claude Lorrain, ein Rötelblatt von
Watteau und ein „Seesturm“ von Guardi er-
wähnt werden. Einige Werke der Druck-
graphik reihen sich den Originalzeichnungen
ein.
Montecassino wird
ausgegraben
Kaum irgend ein antiker Ort hat in gleicher
Weise über die dunkelsten Jahrhunderte der
italienischen Geschichte, die Jahrhunderte von
dem Einbruch der Westgoten bis zum Ausklang
der Langobardenherrschaft die Antike zum
Mittelalter unversehrt hinübergeführt wie
Montecassino. Freilich glaubte man bislang,
lediglich das Benediktinerkloster sei die Stätte
dieser Erhaltung, dieses Konstantinopel auf
italienischem Boden gewesen und die Reste, die
der Boden von Montecassino barg, blieben recht
unbeachtet. Aber es finden sich dort die große
etruskische Grabstätte, die Villa des Varro, das
Amphitheater und das römische Theater, um
nur die Ruinen und Reste zu nennen, die man
zur Stunde kennt. Die Schwierigkeiten, die
sich den Ausgrabungen entgegenstellten, waren
vornehmlich finanzieller Art. Sie sind, jetzt ge-
löst: das Erziehungsministerium und die Ge-
meinde von Cassino tragen gemeinsam die
Kosten. Ausgrabungsleiter wird Prof. M a j u r i
werden, der eben die Ausgrabungen der Villa
Tiberio in Capri abgeschlossen hat. Der Aus-
grabungsplan umfaßt die Isolierung des
Theaters, des Amphitheaters und des pelas-
gischen Hyppogäums. Die Villa Varros wird
von den Aufbauten befreit, die sie gegenwärtig
unansehnlich, ja unerkennbar machen. Das
Amphitheater ist durch Ummidia Quadratilla
in dem ersten christlichen Jahrhundert gebaut
worden und stellt ein Gebäude ganz aus dem
typischen Netzmauerwerk ohne Säulen- oder
sonstige Dekorationselemente dar. Fünf Bogen-
eingänge bilden den einzigen architektonischen
Schmuck. Die Villa des Terentius Varro
(116 bis 28 vor Chr.) ist eine der bekanntesten
und schönsten Villen des Altertums mit ihrem
ungeheuren Vogelhaus, den fürstlichen Dekora-
tionen, den Fischteichen und den riesigen Ther-
men gewesen. Sie ging nach dem Tode Caesars
und der Konfiskation an Marc Anton über.
Doch hat später Varro wieder seine Villa in
Besitz nehmen können und verbrachte hier die
letzten Lebensjahre. Die Reste der Villa, die
erhalten blieben, sind umfangreicher als man
annehmen könnte und es ist bei Freilegung
mit der Entdeckung anderer Teile zu rechnen.
Das sogenannte etruskische Grab ist die
heutige Chiesa del Crocifisso.
Ein neuentdeckter
Jan van Eyck
Seit dem Jahre 1902, da Durrieu das Turiner
Stundenbuch, zwei Jahre später durch Feuer
zerstört, publizierte, ist das Werk Jan van Eycks
durch keinerlei Neuentdeckung bereichert wor-
den. Jetzt kann M. J. Friedländer im „Bur-
lington Magazin“ auf ein Werk in ungenann-
tem englischen Privatbesitz hinweisen. Es
handelt sich um die beiden Grisaillen einer Ver-
kündigung, die wir hier abbilden und die nach
der Meinung des Entdeckers in die Zeit der
Entstehung des Dresdener Triptychons, d. h.
in die Jahre gegen 1439, fallen. Die beiden
Täfelchen messen je 34 : 29 cm.
 
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